Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Das lange Warten aufs Gesundheitsamt
Dirk Buse und seine Familie warteten lange auf wichtige Infos vom Gesundheitsamt des Rheinisch-Bergischen Kreises. Das ist offenbar teilweise stark belastet und kommt mit der Kontaktnachverfolgung nicht immer hinterher.
WERMELSKIRCHEN Vor gut zwei Wochen ging es los. Dirk Buses Schwiegermutter war nicht gut zurecht, sie hatte Fieber, war müde und musste das Bett hüten. Symptome für eine mögliche Corona-Infektion. Ein Schnelltest des Pflegedienstes am 22. März bestätigte die Vermutung: Corona-Positiv. Einen Tag später wird auch Buses Schwiegervater positiv auf das Coronavirus getestet. Und obwohl die Infos laut Pflegedienst jeweils unmittelbar dem Gesundheitsamt mitgeteilt wurden, wartete die Familie drei Tage auf einen Anruf zum weiteren Vorgehen, erzählt Buse. In dem Gespräch kündigte das Gesundheitsamt einen PCR-Test am 30. März an. Danach habe es aber keinen Kontakt mehr gegeben. „Eigentlich vertraue ich den Behörden, aber in diesem Fall fühlte ich mich einfach verloren, alleine gelassen“, erklärt Dirk Buse.
Grundsätzlich ist die Regelung in diesem Fall klar: Nach einem positiven Test müssen Betroffene eigenverantwortlich in Quarantäne bleiben. Das besagt die Quarantäneverordnung des Landes NRW. Daran hätten sich seine Schwiegereltern auch gehalten – und sie hätten Anspruch auf einen PCR-Test gehabt, der wichtig ist, um Rückschlüsse auf das Infektionsgeschehen zu ziehen.
Im Falle einer symptomatischen Erkrankung sollte dieser Test vom Hausarzt durchgeführt werden. Buses Schwiegervater bekam im Krankenhaus einen PCR-Test, nachdem sich sein Zustand verschlechterte. Ergebnis: B 1.1.7, die britische Variante. Das wurde am 1. April auch dem Gesundheitsamt des Rheinisch-Bergischen Kreises gemeldet.
Am gleichen Tag erhielt die Familie ein Schreiben des Ordnungsamtes der Stadt Wermelskirchen, in dem die Quarantäne für die Schwiegermutter bis zum 31. März bescheinigt wird. „Dabei war sie zu diesem Zeitpunkt noch immer erkrankt“, sagt Dirk Buse. „Wie berechnet das Gesundheitsamt diesen Zeitraum, ohne ein Gespräch mit ihr oder uns zu führen?“, fragt er. Der Kreis ist zuständig für die Kontaktnachverfolgung. Eine automatische Quarantänepflicht für Personen, die nicht dem eigenen Haushalt angehören, gibt es nicht. „Darüber entscheidet das zuständige Gesundheitsamt“, heißt es in der Verordnung des Landes. Ein Gespräch über mögliche Kontaktpersonen des betroffenen Ehepaares gab es laut Dirk Buse aber erst am 7. April. Das Gesundheitsamt kann das auf Anfrage dieser Redaktion weder bestätigen noch abstreiten.
Zu diesem Zeitpunkt waren bereits zwei Wochen seit dem ersten, positiven Schnelltest vergangen. Kontaktpersonen des infizierten Ehepaares hätten sich in der Zeit weiter unwissend in der Öffentlichkeit bewegen können, wenn die Familie nicht selbst aktiv geworden wäre. „Es sollte eigentlich in jedem Fall ein Gespräch stattfinden. In der Regel dauert das dann etwa 20 Minuten und behandelt die Quarantäne, die Testung und die Kontakte“, sagt Kreissprecherin Birgit Bär auf Nachfrage. Was im Fall von Dirk Buses Familie schief gelaufen ist, sei im Nachhinein schwer zurückzuverfolgen, heißt es. Eine erste Kontaktaufnahme nach drei Tagen, wie im geschilderten Fall, sei nicht die Regel,
könne aber durchaus vorkommen. „Die Belastungsgrenze bei den Mitarbeitenden des Gesundheitsamtes ist erreicht“, sagt Birgit Bär. Zu Beginn der Pandemie hätte die Quarantäne noch täglich kontrolliert werden können, das Gesundheitsamt habe regelmäßig bei den Betroffenen angerufen. Heute versuche man während der gesamten Quarantäne zwei Anrufe pro infizierter Person zu schaffen. Nicht immer mit Erfolg. Erschwerend
komme offenbar hinzu, dass das Personal beim Gesundheitsamt regelmäßig alle zwei Monate teilweise ausgetauscht werde, so die Info aus dem Kreis. Aushelfen würden Soldaten der Bundeswehr, die Aufgaben der Kontaktnachverfolgung übernehmen. Doch die müssten alle neu eingearbeitet werden. Die Teams würden von medizinischem Fachpersonal geleitet, die Gespräche selbst würden dann aber auch Mitarbeitende führen, die keine medizinische Ausbildung haben. Das geschehe auch anhand eines Merkblattes, auf dem die wichtigsten Fragen vermerkt sind. Es sei nicht auszuschließen, dass es in Einzelfällen zu Versäumnissen kommt, teilt der Kreis mit.
„Wir gehen unserer Aufgabe mit größter Sorgfalt und sehr gewissenhaft nach“, erklärt Birgit Bär. Seltene Fehler könnten aber passieren. Dirk Buse hat dafür eigentlich Verständnis. „Das Gesundheitsamt hat viel zu tun und ist teilweise überlastet“, sagt er. Für sich und seine Familie hätte er sich aber eine bessere Kommunikation gewünscht. Denn gerade weil das Gesundheitsamt so viel zu tun habe, sei es umso wichtiger, dass die Verbreitung des Coronavirus verhindert werde. Sein Schwiegervater, der schon längere Zeit krank gewesen sei, ist inzwischen mit Covid-19 verstorben. Dirk Buse appelliert deshalb, bei Corona-Symptomen zu Hause zu bleiben, einen Test zu machen und die zuständigen Stellen zu informieren. Auch wenn das etwas länger dauern kann.