Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Mann droht Sicherungsverwahrung
Prozess am Landgericht wegen sexueller Nötigung und Körperverletzung.
REMSCHEID/WUPPERTAL Sex gegen Geld: So war es offenbar verabredet. Am Ende gab es einen Mann, der selbst sagt, aus Frust zugeschlagen zu haben. Auch dass er die Escort-Dame gefesselt hat, streitet der 54-Jährige nicht ab. Er habe gleich Sex gewollt, sie wollte ihn erstmal kennenlernen und reden – so hatte es die Frau geschildert. Das scheint der Moment gewesen zu sein, von dem der psychiatrische Gutachter sagt, dass beim Angeklagten „das Fass übergelaufen“sei. Und dennoch: Sexuelle Übergriffe hat es wohl nicht gegeben. Am Ende habe man im Badezimmer gesessen und eine Zigarette geraucht.
Unstrittig ist dennoch: Die Escort-Dame
wurde zum Opfer. Auf Fotos sind Hämatome und Hautverletzungen zu sehen. Aber handelt es sich bei der Tat in der leerstehenden Villa auch um die angeklagte sexuelle Nötigung? Und wenn ja: Wie hoch ist das Risiko, dass der Angeklagte eine solche Tat nochmal begeht?
Fest steht, dass der 54-Jährige mehr als drei Jahrzehnte seines Lebens in Haft saß. Schon als 15-Jährigem war ihm eine dissoziale Persönlichkeitsstörung attestiert worden. Es folgten Straftaten, die ihn in Jugendarreste und kurzzeitig in Haftanstalten gebracht hatten. Dann die sexuelle Nötigung einer Frau und ein Urteil, dass ihn für 18 Jahre hinter Schloss und Riegel brachte. Davon zehn Jahre in Sicherungsverwahrungt.
Nach der Entlassung scheiterte die Beziehung zu einer Frau. Der Angeklagte hatte sie über seine Vergangenheit im Unklaren gelassen, sie soll das Urteil schließlich gefunden und sich daraufhin getrennt haben. Auch deshalb, weil der 54-Jährige auf Chat-Portalen unterwegs gewesen sei.
Wäre es anders gelaufen, wenn er von Anfang an die Wahrheit gesagt hätte? Hat jemand mit der Lebensgeschichte des Angeklagten eine realistische Chance auf einen Job, eine Wohnung und eine harmonische Beziehung? All das sind aus Sicht eines psychiatrischen Gutachters die Voraussetzungen für ein gelingendes Leben. Hat der Angeklagte all das nicht, komme er ins Straucheln. Die Gefahr hierfür sei groß, das Risiko einer Wiederholungstat ebenso.
Es ist dem Vorsitzenden Richter Norbert Müller hoch anzurechnen, das er inmitten einer akribischen Beweisaufnahme dennoch genau nachhakt. So war dem Gutachter zu entlocken, dass es sich hier nicht um den klassischen, triebgesteuerten Sexualstraftäter handelt. Unstrittig sei jedoch, dass es beim Angeklagten darum gehe, Frauen zu beherrschen. Dass er für seinen Gewaltausbruch bestraft werden muss, steht außer Frage. Ob aber dann auch die erneute Sicherungsverwahrung erfolgen muss, weil von ihm eine Gefahr für die Allgemeinheit ausgeht?
Dass will das Wuppertaler Landgericht in der kommenden Woche entscheiden.