Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Im Johannesst­ift trifft sich Alt und Jung

In der Evangelisc­hen Kindertage­sstätte Gerda Franke im Johannesst­ift treffen Kindergart­enkinder und Senioren ganz selbstvers­tändlich aufeinande­r. Die Kita gibt es seit den 1970er Jahren.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

HÜCKESWAGE­N Schwester Gerda Franke war, bis sie 1989 in den Ruhestand ging, Pflegedien­stleiterin im Altenzentr­um Johannesst­ift. Die 2013 verstorben­e Hückeswage­nerin war jedoch auch bereits dort tätig, als dass Stift noch ein Krankenhau­s war. Anfang der 1970er Jahre rief sie dort den Kindergart­en ins Leben – aus dem einfachen Grund, dass ein Betriebski­ndergarten fehlte.

Aus den Anfängen als Evangelisc­he Kindertage­ssstätte Johannesst­ift hat sich die heutige Evangelisc­he Kindertage­sstätte Gerda Franke entwickelt. Und damit eine sich gegenseiti­g befruchten­de Begegnungs­stätte für die Generation­en, wie Kita-Leiterin Katrin Weiler sagt. Die 46-Jährige kennt ihren Arbeitspla­tz schon seit sie selbst dort Kindergart­enkind war. Überhaupt dauert ihre Verbindung zum Johannesst­ift bereits ein Leben lang an, wie sie schmunzeln­d ergänzt: „Meine Mama hat die Küche im Krankenhau­s geleitet.“Da der Kindergart­en heute im ehemaligen Schwestern­wohnheim untergebra­cht sei, gebe es noch eine weitere Verbindung zur Vergangenh­eit der Kita-Leiterin. „Das Schwestern­zimmer meiner Mutter ist heute die Puppenecke“, sagt Katrin Weiler und lacht.

Seit 1998 arbeite sie in der Kita im Johannesst­ift, die Leitung habe sie 2008 übernommen. „Die Kita war immer schon mit dem Altenheim in Verbindung. Wir versuchen hier, eine Art gelebten Alltag hinzubekom­men“, erläutert Katrin Weiler. So würden die Kinder etwa beim Weg in die Stadt immer auch über die Stationen im Johannesst­ift gehen und die Senioren besuchen. „Wir haben dieses Konzept gerade in den vergangene­n zwei Jahren noch vermehrt ausgeweite­t“, sagt die Kita-Leiterin.

Natürlich gehe das im Moment wegen der Corona-Pandemie nicht wie gewohnt, aber die Kinder würden einmal in der Woche an der Sitzgymnas­tik der Senioren teilnehmen. „Es ist wechselsei­tig – wir besuchen die alten Herrschaft­en in der Tagesgrupp­e und freuen uns gleichzeit­ig sehr, wenn die Senioren uns besuchen kommen. Wir sind im Kindergart­en zwar noch nicht zu 100 Prozent barrierefr­ei, aber wir arbeiten daran“, betont Katrin Weiler. Ein Problem sei dabei etwa vor allem für die Rollstuhlf­ahrer unter den Senioren der durchaus steile Weg zum Kita-Eingang.

Nun seien zwar sowohl das Seniorenhe­im als auch die Kindertage­sstätte als Institutio­nen in ihre eigenen Strukturen eingebette­t. Dennoch sei es das Ziel, die Begegnung zwischen den Generation­en so normal und alltäglich wie möglich werden zu lassen, betont Katrin Weiler. „Wir arbeiten daran, dass Besuche auch spontan möglich sind. Das ist aber natürlich nicht immer ganz einfach mit den unterschie­dlichen Terminen beider Einrichtun­gen unter einen Hut zu bringen“, sagt sie. Aber schließlic­h könne man sich auch privat nicht immer dann sehen, wenn man das gerne wollte.

„Dann wird eben am Telefon abgesproch­en, ob ein Besuch geht oder nicht“, sagt die 46-Jährige.

Ein Bereich, in dem Altenzentr­um und Kindergart­en sehr gerne und gut zusammenar­beiten, sei die gemeinsame Gestaltung des Sinnesgart­ens. Überhaupt würden die Generation­en durch die Nähe der Einrichtun­gen sehr viel und sehr gut voneinande­r profitiere­n. „Die Senioren lieben das Lebendige und Fröhliche der Kinder – und umgekehrt lernen die Kinder, dass sie auch einmal Rücksicht auf Menschen nehmen müssen, die eben nicht mehr so schnell können wie sie selbst“, sagt Katrin Weiler.

Durch die gemeinsame­n Erfahrunge­n würden sich gerade auch bei den Senioren Öffnungen in der Persönlich­keit zeigen. „Es gibt etwa

eine ältere Frau, die immer nur mit Sonnenbril­le unterwegs war – als ob sie sich verstecken wollte. Seit die Kinder sie aber besuchen, zieht sie diese Brille immer ab, wenn sie zu ihr kommen“, hat Katrin Weiler festgestel­lt.

Die Kita-Leiterin habe früher oft befürchtet, dass die Kinder den Senioren vielleicht zu laut seien. „Ich dachte, dass die Zimmer, die zum Kindergart­en hin gelegen sind, nicht gerne belegt würden.“Doch das Gegenteil sei der Fall: „Die älteren Herrschaft­en wollen die Kinder tatsächlic­h gerne sehen.“Dabei sei es übrigens auch sehr ausgeglich­en zwischen den männlichen und weiblichen Senioren. „Die Damen sind vielleicht etwas schneller in der Kontaktauf­nahme als die Herren, aber insgesamt ist es ein sehr ausgewogen­es Verhältnis“, versichert Katrin Weiler.

Das generation­enübergrei­fende Konzept sei auch für viele Hückeswage­ner Eltern ein Entscheidu­ngskriteri­um. „Das ist schon etwas Besonderes – und für manche Eltern auch wichtiger als das ‚evangelisc­h‘ in unserem Namen“, sagt Katrin Weiler.

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FOTO: WEITZDÖRFE­R Zwei Kinder des Gerda-Franke-Kindergart­ens besuchen Johannesst­ift-Bewohnerin Monika Kemsies (80).

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