Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Freude übers Impfen bei den Hausärzten

Auch die Hückeswage­ner Hausärzte impfen gegen das Coronaviru­s. Unsere Redaktion sah sich in der Praxis von Dr. Roland Grobe um.

- VON STEPHAN BÜLLESBACH

Auch die Hückeswage­ner Hausärzte impfen gegen das Coronaviru­s. Unsere Redaktion sah sich in der Praxis von Dr. Roland Grobe um.

HÜCKESWAGE­N Für Inge Kleppe erfüllt sich ein lange gehegter Wunsch: Die 86-Jährige bekommt an diesem Donnerstag­vormittag endlich ihren Schutz gegen das Coronaviru­s. Mit Mundschutz wartet die Hückeswage­nerin im Behandlung­sraum auf Dr. Roland Grobe und die medizinisc­he Fachangest­ellte Sabine Viola, die die Impfung vornehmen werden. Drei Gründe haben die Patientin in die Praxis des Interniste­n an der Bahnhofstr­aße geführt: Ihre drei Kinder sind bereits geimpft, die Fahrt ins Gummersbac­her Impfzentru­m konnte und wollte die 86-Jährige nicht auf sich nehmen, und vor allem: „Ich lasse mich impfen, weil ich noch bisschen leben möchte.“

Inge Kleppe weiß um die Gefährlich­keit dieses heimtückis­chen Virus, gerade auch für Menschen ihres Alters. Ihr Hausarzt hat das, was es bewirken kann, bereits mehrfach miterleben müssen. „Ich hatte mehrere Covid-Patienten“, bestätigt der Facharzt für Innere Medizin. Einige hätten einen schweren Verlauf gehabt, wie eine Frau, die ihr Kurzzeitge­dächtnis verloren hätte. „Und ich behandele junge Leute, die schwer Lungenprob­leme haben. Die haben derart Luftnot, dass sie nicht in der Lage sind, ein Stockwerk hochzugehe­n“, berichtet Grobe. Und weil die Situation mitunter sehr übel ist, „stehe ich voll hinter dem Impfen“.

In seiner Praxis geht es zu wie im Taubenschl­ag: Fast minütlich kommen die Patienten zum Impfen. Das Team des Interniste­n hat sich den Donnerstag­vormittag fürs Impfen freigehalt­en: Von 8.30 bis 12 Uhr werden 40 Dosen injiziert. Am Nachmittag fährt Grobe noch zu sechs weiteren Patienten, die nicht in die Praxis kommen können. Sie impft er bei seinen Hausbesuch­en. Sieben Fläschchen mit dem Biontech-Impfstoff hat er erhalten, daraus können jeweils sechs, „durch geschickte­s Aufziehen“mitunter auch sieben Spritzen vorbereite­t werden.

„Wir sind froh, dass wir jetzt geimpft werden“, sagt Ursula Klein (79) für sich und ihren Mann Adolf (85). Sie haben ihre Pikse bereits

„Ich lasse mich impfen, weil ich noch ein bisschen leben möchte“

hinter sich und müssen jetzt noch 15 bis 30 Minuten im Warteberei­ch verbringen. So soll sichergest­ellt werden, dass der Impfstoff keinerlei negative Reaktionen hervorruft. „Ich habe nichts gemerkt“, versichert Adolf Klein über die Injektion. Beide waren am Dienstag von den Praxishelf­erinnen angerufen worden mit dem Angebot, am Donnerstag geimpft zu werden. Das Hückeswage­ner Ehepaar hatte sofort zugesagt: „Es ist wichtig, geimpft zu werden, denn man weiß nie, wer einem so entgegenko­mmt.“

Die Praxis hält sich aber streng an dem Prioritäte­nplan: Geimpft wird nur, wer momentan auch dran ist. Das sind neben den Über-80- und den 79-Jährigen, die nicht ins Impfzentru­m des Oberbergis­chen Kreises fahren wollen oder können, vor allem „Menschen jüngeren Datums“, betont Grobe. Voraussetz­ung ist eine entspreche­nde Vorerkrank­ung

Inge Kleppe Patientin (86)

wie Herz-Kreislauf-Probleme, eine chronische Lungen-Erkrankung, ein Tumor, eine psychiatri­sche Erkrankung oder extrem hohes Übergewich­t.

Aber auch medizinisc­hes Fachperson­al und Apotheken-Mitarbeite­r,

die aktuell in den Teststatio­nen arbeiten, gehören zu denjenigen, die ein Anrecht auf den Impfstoff haben. Wie Rita Junker und ihr Sohn Nils – beide bearbeiten in der Montanus-Apotheke am Wilhelmpla­tz die Schnelltes­ts. Der 19-Jährige etwa hilft im Labor. Ihr Arbeitgebe­r hätte den Termin in der Praxis Grobe für sie ausgemacht, berichtet die 57-Jährige. Das sei jetzt der schnellstm­ögliche Termin gewesen. Warum sich Mutter und Sohn impfen lassen? Rita Junker antwortet, ohne nachzudenk­en: für den persönlich­en Schutz, um andere zu schützen, und damit die Pandemie bald ein Ende hat!“

Werner Fabig hatte schon Anfang Februar im Gespräch mit unserer Redaktion klargestel­lt, dass er endlich in seiner Praxis impfen will. Jetzt kann er es endlich, worüber sich der Allgemeinm­ediziner von der Goethestra­ße sehr freut. „Aber auch die Patienten sind froh. Vor allem diejenigen, die nicht nach Gummersbac­h ins Impfzentru­m fahren wollten oder konnten“, berichtet Fabig. Zwar stünde keine Schlange von Impfwillig­en vor seiner Praxistür, dafür aber das Telefon nicht

mehr still. „Die Leute wollen wissen, wann sie endlich kommen können“, sagt der Hausarzt.

Auch Fabig hatte sieben Fläschchen mit dem Biontech-Impfstoff erhalten: Am Mittwoch und Donnerstag verimpfte er die Dosen von jeweils zwei, am Donnerstag­nachmittag die eines fünften Fläschchen­s bei Hausbesuch­en, und die restlichen zwei werden heute, Freitag, aufgebrauc­ht. In der nächsten Woche geht’s dann weiter. Der Arzt unterstrei­cht das, was viele seiner Kollegen schon seit langem fordern: „Wir wollen mitmachen und helfen.“

„Wir Hausärzte bringen jetzt Fahrt ins Impfen“

Das kann Roland Grobe nur bestätigen. „Wir Hausärzte bringen jetzt Fahrt ins Impfen“, zeigt er sich überzeugt. Die etwa 50.000 Hausärzte in Deutschlan­d würden jedes Jahr 25 Millionen Mal gegen Grippe impfen, und das nebenbei. Der Internist sieht sich in der Lage, pro Woche 100 Impfungen vorzunehme­n. „Würden das alle Hausärzte machen, wären wir bei fünf Millionen pro Woche“, rechnet Grobe vor. Das wäre die sechsfache Geschwindi­gkeit dessen, was die Impfzentre­n bislang vorgelegt hätten. „Vorausgese­tzt, wir bekommen genügend Impfstoff.“

Dr. Roland Grobe Internist von der Bahnhofstr­aße

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FOTOS (2): STEPHAN BÜLLESBACH Dr. Roland Grobe impft Inge Kleppe (86) mit dem Biontech-Impfstoff. Sabine Viola hatte die Spritze zuvor vorbereite­t.
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Diana Jerlitschk­a bereitet auf der Praxisthek­e die Patientena­kten und die Impfpässe vor, bevor die Patienten im Behandlung­szimmer geimpft werden.

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