Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Freude übers Impfen bei den Hausärzten
Auch die Hückeswagener Hausärzte impfen gegen das Coronavirus. Unsere Redaktion sah sich in der Praxis von Dr. Roland Grobe um.
Auch die Hückeswagener Hausärzte impfen gegen das Coronavirus. Unsere Redaktion sah sich in der Praxis von Dr. Roland Grobe um.
HÜCKESWAGEN Für Inge Kleppe erfüllt sich ein lange gehegter Wunsch: Die 86-Jährige bekommt an diesem Donnerstagvormittag endlich ihren Schutz gegen das Coronavirus. Mit Mundschutz wartet die Hückeswagenerin im Behandlungsraum auf Dr. Roland Grobe und die medizinische Fachangestellte Sabine Viola, die die Impfung vornehmen werden. Drei Gründe haben die Patientin in die Praxis des Internisten an der Bahnhofstraße geführt: Ihre drei Kinder sind bereits geimpft, die Fahrt ins Gummersbacher Impfzentrum konnte und wollte die 86-Jährige nicht auf sich nehmen, und vor allem: „Ich lasse mich impfen, weil ich noch bisschen leben möchte.“
Inge Kleppe weiß um die Gefährlichkeit dieses heimtückischen Virus, gerade auch für Menschen ihres Alters. Ihr Hausarzt hat das, was es bewirken kann, bereits mehrfach miterleben müssen. „Ich hatte mehrere Covid-Patienten“, bestätigt der Facharzt für Innere Medizin. Einige hätten einen schweren Verlauf gehabt, wie eine Frau, die ihr Kurzzeitgedächtnis verloren hätte. „Und ich behandele junge Leute, die schwer Lungenprobleme haben. Die haben derart Luftnot, dass sie nicht in der Lage sind, ein Stockwerk hochzugehen“, berichtet Grobe. Und weil die Situation mitunter sehr übel ist, „stehe ich voll hinter dem Impfen“.
In seiner Praxis geht es zu wie im Taubenschlag: Fast minütlich kommen die Patienten zum Impfen. Das Team des Internisten hat sich den Donnerstagvormittag fürs Impfen freigehalten: Von 8.30 bis 12 Uhr werden 40 Dosen injiziert. Am Nachmittag fährt Grobe noch zu sechs weiteren Patienten, die nicht in die Praxis kommen können. Sie impft er bei seinen Hausbesuchen. Sieben Fläschchen mit dem Biontech-Impfstoff hat er erhalten, daraus können jeweils sechs, „durch geschicktes Aufziehen“mitunter auch sieben Spritzen vorbereitet werden.
„Wir sind froh, dass wir jetzt geimpft werden“, sagt Ursula Klein (79) für sich und ihren Mann Adolf (85). Sie haben ihre Pikse bereits
„Ich lasse mich impfen, weil ich noch ein bisschen leben möchte“
hinter sich und müssen jetzt noch 15 bis 30 Minuten im Wartebereich verbringen. So soll sichergestellt werden, dass der Impfstoff keinerlei negative Reaktionen hervorruft. „Ich habe nichts gemerkt“, versichert Adolf Klein über die Injektion. Beide waren am Dienstag von den Praxishelferinnen angerufen worden mit dem Angebot, am Donnerstag geimpft zu werden. Das Hückeswagener Ehepaar hatte sofort zugesagt: „Es ist wichtig, geimpft zu werden, denn man weiß nie, wer einem so entgegenkommt.“
Die Praxis hält sich aber streng an dem Prioritätenplan: Geimpft wird nur, wer momentan auch dran ist. Das sind neben den Über-80- und den 79-Jährigen, die nicht ins Impfzentrum des Oberbergischen Kreises fahren wollen oder können, vor allem „Menschen jüngeren Datums“, betont Grobe. Voraussetzung ist eine entsprechende Vorerkrankung
Inge Kleppe Patientin (86)
wie Herz-Kreislauf-Probleme, eine chronische Lungen-Erkrankung, ein Tumor, eine psychiatrische Erkrankung oder extrem hohes Übergewicht.
Aber auch medizinisches Fachpersonal und Apotheken-Mitarbeiter,
die aktuell in den Teststationen arbeiten, gehören zu denjenigen, die ein Anrecht auf den Impfstoff haben. Wie Rita Junker und ihr Sohn Nils – beide bearbeiten in der Montanus-Apotheke am Wilhelmplatz die Schnelltests. Der 19-Jährige etwa hilft im Labor. Ihr Arbeitgeber hätte den Termin in der Praxis Grobe für sie ausgemacht, berichtet die 57-Jährige. Das sei jetzt der schnellstmögliche Termin gewesen. Warum sich Mutter und Sohn impfen lassen? Rita Junker antwortet, ohne nachzudenken: für den persönlichen Schutz, um andere zu schützen, und damit die Pandemie bald ein Ende hat!“
Werner Fabig hatte schon Anfang Februar im Gespräch mit unserer Redaktion klargestellt, dass er endlich in seiner Praxis impfen will. Jetzt kann er es endlich, worüber sich der Allgemeinmediziner von der Goethestraße sehr freut. „Aber auch die Patienten sind froh. Vor allem diejenigen, die nicht nach Gummersbach ins Impfzentrum fahren wollten oder konnten“, berichtet Fabig. Zwar stünde keine Schlange von Impfwilligen vor seiner Praxistür, dafür aber das Telefon nicht
mehr still. „Die Leute wollen wissen, wann sie endlich kommen können“, sagt der Hausarzt.
Auch Fabig hatte sieben Fläschchen mit dem Biontech-Impfstoff erhalten: Am Mittwoch und Donnerstag verimpfte er die Dosen von jeweils zwei, am Donnerstagnachmittag die eines fünften Fläschchens bei Hausbesuchen, und die restlichen zwei werden heute, Freitag, aufgebraucht. In der nächsten Woche geht’s dann weiter. Der Arzt unterstreicht das, was viele seiner Kollegen schon seit langem fordern: „Wir wollen mitmachen und helfen.“
„Wir Hausärzte bringen jetzt Fahrt ins Impfen“
Das kann Roland Grobe nur bestätigen. „Wir Hausärzte bringen jetzt Fahrt ins Impfen“, zeigt er sich überzeugt. Die etwa 50.000 Hausärzte in Deutschland würden jedes Jahr 25 Millionen Mal gegen Grippe impfen, und das nebenbei. Der Internist sieht sich in der Lage, pro Woche 100 Impfungen vorzunehmen. „Würden das alle Hausärzte machen, wären wir bei fünf Millionen pro Woche“, rechnet Grobe vor. Das wäre die sechsfache Geschwindigkeit dessen, was die Impfzentren bislang vorgelegt hätten. „Vorausgesetzt, wir bekommen genügend Impfstoff.“
Dr. Roland Grobe Internist von der Bahnhofstraße