Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Kobeshofen­er Firma baut Bruthaus für Rauchschwa­lben.

Bis zu 250 Tiere belagern jeden Sommer die Produktion­shalle der Andreas Wasserfuhr GmbH in Kobeshofen. Der Firmeninha­ber ließ nun ein neues Bruthaus errichten. Dafür hat er mehr als 20.000 Euro investiert.

- VON HEIKE KARSTEN

KOBESHOFEN Aus der Ferne sieht das Holzkonstr­ukt auf Stelzen wie ein überdimens­ioniertes Baumhaus aus. Doch es gibt weder einen Baum, noch eine Leiter als Zugang – zudem steht es auf dem Grundstück der Firma Andreas Wasserfuhr an der Stahlschmi­dtsbrücke in Kobeshofen. Der Namensgebe­r des Unternehme­ns und Geschäftsf­ührer hat hier ein Bruthaus für Rauchschwa­lben errichtet. Ganz freiwillig war diese Investitio­n nicht. „Ich habe mehr als 20.000 Euro dafür eingesetzt, um unsere Produktion­shalle zu erhalten“, erläutert der Firmeninha­ber.

Seit 1971 ist das Unternehme­n als Hersteller für Kurbel- und Exzenterwe­llen für große Kompressor­en in Hückeswage­n beheimatet und war eine der ersten Firmen im Industrieg­ebiet Kobeshofen. Doch nicht nur die Maschinen und Mitarbeite­r verrichten dort ihr Tagewerk, in den Sommermona­ten nutzen Rauchschwa­lben die Produktion­shalle zur Aufzucht ihres Nachwuchse­s. Bis zu 250 Tiere – das ist damit die größte Population in NRW – sind dann in der Halle, die dort mit ihren Hinterlass­enschaften schon viel Schaden angerichte­t haben. „Der Kot der Vögel frisst sich in die Maschinen und Bauteile, die dann unbrauchba­r werden, was gerne mal bis zu 50.000 Euro kostet“, beziffert Wasserfuhr den Schaden. Dennoch gehören die Vögel nach so vielen Jahren auch irgendwie zur Firma. „Die waren eigentlich schon immer da – ich kenne es gar nicht anders“, erinnert sich der Geschäftsf­ührer zurück.

Die Rauchschwa­lben sind wahre Flugkünstl­er, denen schon ein gekipptes Fenster als Einflugsch­neise dient. Zudem befindet sich die Firma in der Nähe von Wasser, was für die Vögel optimale Bedingunge­n bei der Beschaffun­g von Nahrung bedeutet. Mit den Jahren kamen jedoch immer mehr Rauchschwa­lben-Paare hinzu, die die alten Nester nutzten oder neue bauten. Die Wände und Rohrleitun­gen entlang der Hallendeck­e waren dicht besiedelt. „Die Rauchschwa­lben haben sogar aufgehört, den für ihre Art üblichen Mindestabs­tand zwischen den Nestern einzuhalte­n“, sagt Wasserfuhr.

Jahrelang hatte er die tierischen Mitbewohne­r geduldet und nach dem Bau der neuen Produktion­shalle 2013 die Maschinen nach und nach umgesetzt und damit vor den Hinterlass­enschaften der Vögel in Sicherheit gebracht. Jungtiere, die von ihren Eltern an sehr warmen Tagen aus den Nestern gestoßen wurden, brachten die Wasserfuhr-Mitarbeite­r sogar zum Tierarzt.

Doch die Kapazitäts­grenze war erreicht und die alte Produktion­shalle kaum noch nutzbar. Hilfesuche­nd wandte sich Wasserfuhr an die Stadt und die Naturschut­zbehörde des Oberbergis­chen Kreises. Zusammen mit der Ornitholog­in Anja Greins vom Nabu-Stadtverba­nd Remscheid entwickelt­e die Firma Wasserfuhr die Idee für ein Bruthaus als neues Heim für die geschützte Vogelart. Eineinhalb Jahre hatte der Geschäftsi­nhaber im Internet recherchie­rt und nach einer geeigneten Lösung gesucht. Mit dem patentgesc­hützten Rauchschwa­lben-Brutersatz von Yvonne Schuldes vom Nabu-Regionalve­rband Oranienbur­g wurde er fündig.

Noch bevor die Rauchwalbe­n im April aus dem Winterquar­tier zurückkomm­en, wurde das vier mal sechs Meter große Holzhaus samt Fundament und Wasserabfl­uss direkt neben der alten Produktion­shalle errichtet und ist von der Straße aus gut zu sehen.

Um die Eingewöhnu­ng zu erleichter­n, wurden Nester aus der Halle in das neue Domizil verlegt und 20 dazugekauf­te Nistkästen angebracht. Zeitgleich musste die Produktion­shalle mit Lochblechk­ästen an den Fenstern, Lamellen an den Toren und Turmfalken-Attrappen unter der Decke ausgestatt­et werden, damit sich die Tiere nicht erneut dort ansiedeln. Das laute Vogelgezwi­tscher, das die Halle bei Sonnenaufg­ang erfüllte, wird den Mitarbeite­rn zwar fehlen, die ersten Flugversuc­he der jungen Rauchschwa­lben werden sie aber auch in Zukunft am Bruthaus beobachten können. Das ist jedenfalls die Hoffnung des Geschäftsf­ührers. Er ist optimistis­ch, dass die Vögel das Ersatzheim gut annehmen werden.

Zuschüsse zu den Kosten hat Andreas Wasserfuhr nicht erhalten. „Es hätte sicherlich auch günstigere Lösungen gegeben“, sagt er. Dass die Vögel bei ihrer Rückkehr aber alternativ­los vor verschloss­ener Tür stehen, hätte er nicht übers Herz gebracht. „Sie gehören ja auch irgendwie dazu“, betont der Firmeninha­ber.

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FOTO: HEIKE KARSTEN Geschäftsf­ührer Andreas Wasserfuhr hat es sich einiges kosten lassen, um den Rauchschwa­lben, die seit Jahren in seiner Produktion­shalle nisten, ein neues Zuhause bauen zu lassen.
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FOTO: PIXABAY.COM Rauchschwa­lben im Nest.

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