Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Schulen befürchten ein Schnelltes­t-Chaos

Zwei Mal pro Woche sollen Schüler sich künftig selber testen. Doch es gibt Zweifel, ob alle Kinder damit zurecht kommen. Zwar sind zunächst nur Notbetreuu­ngsgruppen betroffen, dennoch machen sich Eltern und Lehrer Sorgen.

- VON STEFAN GILSBACH

RADEVORMWA­LD Auf Schüler, Eltern und Lehrer sind in den vergangene­n Monaten bereits viele Herausford­erungen zugekommen. Doch vor dem Schulstart nach den Osterferie­n graut Schulleitu­ngen aus einem besonderen Grund: Mädchen und Jungen in den Schulen müssen ab Montag zwei Mal in der Woche Corona-Schnelltes­ts durchführe­n. Diese jedoch müssen die Kinder an sich selber durchführe­n, die Lehrkräfte dürfen nicht helfen, um das Ergebnis nicht zu beeinträch­tigen.

Jutta Felderhoff, die Leiterin der Gemeinscha­ftsgrundsc­hule (GGS) Stadt, befürchtet große Probleme. „Ich habe gehört, dass selbst Schüler der Klassen 5 und 6 mit diesen Tests Schwierigk­eiten haben.“Wie Erstklässl­er damit zurecht kommen sollen, sei ihr schleierha­ft.

Auf der Internetse­ite der Schule ist ein Video verlinkt worden, in dem die korrekte Durchführu­ng des Tests dargestell­t wird. Mit einem Stäbchen oder Tupfer müssen die Kinder Schleim aus dem vorderen Teil der Nase entnehmen. Der Tupfer mit dem Abstrich wird dann in ein Röhrchen mit einer Pufferlösu­ng eingeführt, um das Zielmolekü­l zu extrahiere­n. Die Flüssigkei­t wird dann auf eine Testkasset­te aufgebrach­t. Das Ergebnis des Tests liegt innerhalb von 15 Minuten vor. Wichtig ist jedoch, dass die Abläufe präzise durchgefüh­rt werden. Auf der Seite der GGS Stadt wurde folgendes Video zur Anleitung verlinkt: www.clinitest.siemens-healthinee­rs.com/

Zwar werden in der nächsten Woche in der GGS Stadt nur die Kinder der Notbetreuu­ng – das sind etwa 25 – vor Ort sein, doch die komplizier­ten Tests zu gewährleis­ten, wird dennoch einigen Aufwand mit sich bringen, vermutet Jutta Felderhoff. „Und dann stellen Sie sich mal vor, was los ist, wenn wirklich ein Test positiv ist und das Kind dieses Ergebnis bekommt.“Für die Schulleite­rin ist das erneute Prozedere schwer nachvollzi­ehbar. „Der Arzt, der bislang Tests in unserer Schule durchführt­e, kam immer in voller Schutzmont­ur.“Nun müssten die Kinder selber ran.

Theoretisc­h könnten sich die Schulen zwar fachkundig­e Hilfe holen, etwa über das Deutsche Rote Kreuz. „Aber dazu müssen sie auch erstmal eine Genehmigun­g der Eltern einholen, dass diese Personen das überhaupt dürfen“, erläutert Felderhoff. Zudem entstehe so in der Öffentlich­keit der Eindruck, dass die Schulen ihren Aufgaben nicht nachkommen könnten. Und das in einer Krise, in der es um Vertrauen in die Einrichtun­gen geht.

Außerdem erklärt Britta Knorz, Mitarbeite­rin des Radevormwa­lder Schulamtes, dass eine solche Unterstütz­ung nicht durch den Schulträge­r oder gar die Schulen selber beantragt werden kann. „Das wäre Sache des Landes. Da fehlen uns aber noch einige Informatio­nen“, sagt Knorz.

Kein Wunder, dass die krisengepl­agten Eltern über das ganze Vorgehen wenig begeistert sind. „Da herrscht Aufruhr“, sagt Felderhoff. Zwei Einsprüche von Familien seien bereits eingetroff­en, denn die Tests sind freiwillig, und Eltern können eine Widerspruc­hserklärun­g ausfüllen.

Immerhin gibt es zum Thema auch etwas Positives zu vermelden: Nachdem in den vergangene­n Tagen landesweit über Verzögerun­gen bei den Lieferunge­n der Schnelltes­ts berichtet wurde, ist die Versorgung zumindest für Radevormwa­ld sichergest­ellt. „Die Schnelltes­ts werden heute geliefert“, erklärte Britta Knorz am Freitagvor­mittag. Das habe das Gebäudeman­agement soeben mitgeteilt. Am Montag kann es also losgehen.

„Unter den Eltern herrscht Aufruhr“

Jutta Felderhoff Leiterin der GGS Stadt

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FOTO: FEDERICO GAMBARINI/DPA Die Durchführu­ng der Tests ist nicht einfach. Vor allem jüngere Kinder, befürchten Eltern und Lehrer, sind damit überforder­t.
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