Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Schulen befürchten ein Schnelltest-Chaos
Zwei Mal pro Woche sollen Schüler sich künftig selber testen. Doch es gibt Zweifel, ob alle Kinder damit zurecht kommen. Zwar sind zunächst nur Notbetreuungsgruppen betroffen, dennoch machen sich Eltern und Lehrer Sorgen.
RADEVORMWALD Auf Schüler, Eltern und Lehrer sind in den vergangenen Monaten bereits viele Herausforderungen zugekommen. Doch vor dem Schulstart nach den Osterferien graut Schulleitungen aus einem besonderen Grund: Mädchen und Jungen in den Schulen müssen ab Montag zwei Mal in der Woche Corona-Schnelltests durchführen. Diese jedoch müssen die Kinder an sich selber durchführen, die Lehrkräfte dürfen nicht helfen, um das Ergebnis nicht zu beeinträchtigen.
Jutta Felderhoff, die Leiterin der Gemeinschaftsgrundschule (GGS) Stadt, befürchtet große Probleme. „Ich habe gehört, dass selbst Schüler der Klassen 5 und 6 mit diesen Tests Schwierigkeiten haben.“Wie Erstklässler damit zurecht kommen sollen, sei ihr schleierhaft.
Auf der Internetseite der Schule ist ein Video verlinkt worden, in dem die korrekte Durchführung des Tests dargestellt wird. Mit einem Stäbchen oder Tupfer müssen die Kinder Schleim aus dem vorderen Teil der Nase entnehmen. Der Tupfer mit dem Abstrich wird dann in ein Röhrchen mit einer Pufferlösung eingeführt, um das Zielmolekül zu extrahieren. Die Flüssigkeit wird dann auf eine Testkassette aufgebracht. Das Ergebnis des Tests liegt innerhalb von 15 Minuten vor. Wichtig ist jedoch, dass die Abläufe präzise durchgeführt werden. Auf der Seite der GGS Stadt wurde folgendes Video zur Anleitung verlinkt: www.clinitest.siemens-healthineers.com/
Zwar werden in der nächsten Woche in der GGS Stadt nur die Kinder der Notbetreuung – das sind etwa 25 – vor Ort sein, doch die komplizierten Tests zu gewährleisten, wird dennoch einigen Aufwand mit sich bringen, vermutet Jutta Felderhoff. „Und dann stellen Sie sich mal vor, was los ist, wenn wirklich ein Test positiv ist und das Kind dieses Ergebnis bekommt.“Für die Schulleiterin ist das erneute Prozedere schwer nachvollziehbar. „Der Arzt, der bislang Tests in unserer Schule durchführte, kam immer in voller Schutzmontur.“Nun müssten die Kinder selber ran.
Theoretisch könnten sich die Schulen zwar fachkundige Hilfe holen, etwa über das Deutsche Rote Kreuz. „Aber dazu müssen sie auch erstmal eine Genehmigung der Eltern einholen, dass diese Personen das überhaupt dürfen“, erläutert Felderhoff. Zudem entstehe so in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass die Schulen ihren Aufgaben nicht nachkommen könnten. Und das in einer Krise, in der es um Vertrauen in die Einrichtungen geht.
Außerdem erklärt Britta Knorz, Mitarbeiterin des Radevormwalder Schulamtes, dass eine solche Unterstützung nicht durch den Schulträger oder gar die Schulen selber beantragt werden kann. „Das wäre Sache des Landes. Da fehlen uns aber noch einige Informationen“, sagt Knorz.
Kein Wunder, dass die krisengeplagten Eltern über das ganze Vorgehen wenig begeistert sind. „Da herrscht Aufruhr“, sagt Felderhoff. Zwei Einsprüche von Familien seien bereits eingetroffen, denn die Tests sind freiwillig, und Eltern können eine Widerspruchserklärung ausfüllen.
Immerhin gibt es zum Thema auch etwas Positives zu vermelden: Nachdem in den vergangenen Tagen landesweit über Verzögerungen bei den Lieferungen der Schnelltests berichtet wurde, ist die Versorgung zumindest für Radevormwald sichergestellt. „Die Schnelltests werden heute geliefert“, erklärte Britta Knorz am Freitagvormittag. Das habe das Gebäudemanagement soeben mitgeteilt. Am Montag kann es also losgehen.
„Unter den Eltern herrscht Aufruhr“
Jutta Felderhoff Leiterin der GGS Stadt