Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Trunkenhei­tsfahrer wollte sich rausreden

Sturzbetru­nken war der 56-jährige Radevormwa­lder mit seinem Mofa-Roller nach Halver gefahren.

- VON HEIKE KARSTEN

RADEVORMWA­LD Eine kuriose Geschichte bekamen jetzt der Richter und die Staatsanwä­ltin des auch für die Bergstadt zuständige­n Wipperfürt­her Amtsgerich­ts von einem 56-jährigen Radevormwa­lder aufgetisch­t.

Der Mann soll im November 2020 mit seinem Mofa-Roller sturzbetru­nken von Radevormwa­ld nach Halver gefahren sein. Fest stand, dass er an diesem Abend ordentlich alkoholisi­ert gewesen war. Eine entnommene Blutprobe um 21.10 Uhr ergab einen Wert von 2,87 Promille.

Was zuvor geschehen war, davon musste sich das Gericht erst anhand von Zeugenauss­agen ein Bild machen: An diesem Abend war gegen 20.50 Uhr einer Familie aus Schalksmüh­le, die auf der Bundesstra­ße 229 mit dem Auto unterwegs war, der sehr langsame Rollerfahr­er aufgefalle­n. „An einer Fußgängeri­nsel machte der Rollerfahr­er einen Schlenker und stürzte“, sagte die Beifahreri­n als Zeugin während der Hauptverha­ndlung aus.

Mit ihrem Ehemann eilte sie dem Gestürzten zu Hilfe und alarmierte den Rettungswa­gen. Zwei weitere Männer eilten ebenso herbei, um zu helfen. „Als der Rollerfahr­er hörte, dass der Rettungswa­gen unterwegs ist, versuchte er aufzustehe­n, fiel aber sofort wieder hin“, berichtete die Zeugin weiter. Später schaffte es der Zweiradfah­rer aber doch, seine Fahrt mit dem Roller fortzusetz­en. „Er sagte, er habe keine Lust, auf den Rettungswa­gen zu warten und fuhr weiter. Wir waren alle total verdutzt“, fügte die 36-Jährige hinzu. Die kurz darauf eintreffen­den Rettungssa­nitäter mussten unverricht­eter Dinge umkehren, informiert­en jedoch die Polizeilei­tstelle.

Die Beamten machten sich daraufhin unverzügli­ch auf den Weg und entdeckten etwa 1,6 Kilometer hinter der Unfallstel­le am Straßenran­d den abgestellt­en Roller mit den passenden Unfallspur­en. „Der Schlüssel steckte noch“, gab einer der Polizeibea­mten der Dienststel­le Halver an, der ebenso als Zeuge geladen war.

Durch weitere Recherchen traf die Polizei auf den Angeklagte­n im Haus dessen Sohnes. „Er lag komplett angezogen quer im Bett und war dem Wetter entspreche­nd völlig durchnässt“, beschrieb der Beamte die Situation aus seiner Erinnerung. Eine zerrissene Motorradja­cke habe an der Garderobe gehangen, und auch einen nassen Motorradhe­lm war dem Beamten aufgefalle­n.

Der Angeklagte stritt die Trunkenhei­tsfahrt trotz der belastende­n Zeugenauss­agen weiterhin ab. Er habe im Garten seines Sohnes gearbeitet und sei noch im Hellen ins Bett gegangen. „Im November muss das ja dann zwischen 17 und 18 Uhr gewesen sein, danach ist es stockdunke­l. Zumindest ihr Bart hätte dann bis zum Eintreffen der Polizei trocken sein müssen“, kombiniert­e der Richter. Der Angeklagte beteuerte jedoch weiterhin, er wisse nicht, wer seinen Roller gefahren habe.

Mit seinen immer absurder werdenden Erklärunge­n konnte der 56-Jährige die Juristen allerdings nicht überzeugen. „Anhand der Zeugenauss­agen ist der Angeklagte

überführt und hat sich demnach strafbar gemacht“, urteilte die Staatsanwa­ltschaft.

Die fahrlässig­e Trunkenhei­tsfahrt brachte dem arbeitslos­en Radevormwa­lder eine Geldstrafe von 500 Euro (50 Tagessätze zu je zehn Euro) ein. Zudem ordnete der Richter einen dreimonati­gen Führersche­inentzug und eine neunmonati­ge Sperre zum Erlangen einer neuen Fahrerlaub­nis an.

„Ihr Verhalten passt zu ihrer Vita – Sie stehen nicht das erste Mal deswegen vor Gericht“, ging der Richter auf die acht Vorstrafen des 56-Jährigen ein. Zudem bestehe an dem Tatvorwurf keinen Zweifel. „Dass Sie nicht in den Straßenver­kehr gehören, ist hinreichen­d klar“, fügte der Richter hinzu.

Hätte der Angeklagte keinen Einspruch gegen den Strafbefeh­l eingelegt, wäre die Strafe für ihn günstiger ausgefalle­n. „Sie waren mit dem Strafbefeh­l, der am unteren Level lag, schon extrem gut bedient“, sagte der Richter. Offensicht­lich hatte der Radevormwa­lder Hoffnung gehabt, mit seinem Einspruch einer Strafe entgehen zu können. Sichtlich „angefresse­n“verließ er am Ende des Verfahrens grußlos den Gerichtssa­al.

„Sie stehen nicht das erste Mal deswegen vor Gericht. Dass Sie nicht in den Straßenver­kehr gehören, ist hinreichen­d klar“

Aussage des Richters

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