Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ein Straßenname und ein unvergessenes Unrecht
Benennungen nach Prominenten im öffentlichen Raum haben Symbolwert. Manchmal sorgen sie Jahrzehnte später noch für Diskussionen – auch in Radevormwald.
Ein Artikel der Bergischen Morgenpost über Straßennamen hat zu einer Diskussion in der Stadt geführt. Dabei ging es zunächst einmal um das Missverhältnis bei jenen Straßen, die nach Persönlichkeiten benannt sind. Nur zwei Frauen sind bislang auf diese Weise geehrt worden, und es handelt sich um eher unbedeutende Straßen, weit außerhalb der Innenstadt. Dagegen sind nach den umstrittenen Sportfunktionären Karl Ritter von Halt und Carl Diem zwei wichtige Straßen im Zentrum benannt worden. Beide hatten maßgeblichen Einfluss auf die Sportpolitik unter der NS-Diktatur. Aus den Reihen der SPD kam der Vorschlag, die Ritter-von-Halt-Straße umzubenennen in Gretel-Bergmann-Straße, nach jener Weltklasse-Sportlerin, die durch Von Halt 1936 um ihren olympischen Ruhm gebracht wurde – weil sie Jüdin war.
Eine solche Umbenennung hätte sicherlich hohen Symbolwert. Sie würde ein Zeichen gegen das Unrecht von damals setzen. Andererseits gibt es pragmatische Gründe gegen die Umbenennung. Würde es sich um eine kleine Stichstraße handeln, wären die Politiker wohl rasch bereit, den neuen Namen zu beschließen. Doch an der Ritter-von-Halt-Straße leben Hunderte von Menschen, die dann alle ihre Adresse ändern müssten, im Falle von Geschäftsleuten besonders ärgerlich und kostspielig. Nur wenige Anwohner dürften überhaupt etwas über Karl Ritter von Halt und seine unrühmliche Rolle im Dritten Reich wissen.
Deshalb hier ein Kompromissvorschlag: Wenn demnächst neue Straßen in Radevormwald zu benennen sind – beispielsweise im geplanten Baugebiet Karthausen – könnte man ein Zeichen setzen, indem man eine Straße nach Gretel Bergmann benennt. Auf dem Straßenschild könnte man noch eine kurze Erläuterung zum historischen Hintergrund hinzufügen. Damit kann man die 1969 im Rückblick recht gedankenlose Entscheidung der Ratsmitglieder, Karl Ritter von Halt mit einer Straße zu ehren, zumindest ein wenig gut machen.
Freilich ist die Benennung von Straßen, Plätzen oder Schulen nach prominenten Menschen immer heikel. Denn oft wird erst Jahrzehnte nach deren Tod bekannt, was sie sich zu Schulden haben kommen lassen, sei es politisch oder privat. Gerade erst hat die Schauspielerin Senta Berger in einem Buch davon berichtet, dass Leinwand-Idole wie O.W. Fischer, Kirk Douglas, Richard Widmark und Charlton Heston ihr gegenüber sexuell übergriffig gewesen seien. Immerhin: Nach diesen Schauspielern ist bislang keine Straße in Radevormwald benannt worden.