Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Verfahren um Karnevals-Schlägerei
Beweise gegen vermeintlichen Schläger reichten nicht aus. Verfahren eingestellt.
WERMELSKIRCHEN Fast eine ganze Fußballmannschaft an Zeugen waren zur Verhandlung gegen einen 21-Jährigen aus Wermelskirchen am Amtsgericht geladen worden. Es ging um ein Fall von Körperverletzung, der sich zum Karneval vor Corona in Köln ereignet haben soll. Am U-Bahnhof Severinsbrücke soll damals eine Gruppe von vier jungen Männern, zu der auch der 21-Jährige gehörte, sich mit mehreren anderen Frauen und Männern auseinandergesetzt haben. Grund sei eine junge Frau gewesen, die zu den vier Männern gehörte und betrunken gewesen sein soll. Die andere Gruppe habe sich angeboten, die junge Frau mit im Zug zu ihrem Wohnort zu begleiten. Das wollten die vier Männer nicht. Als die Situation sich schon beruhigt habe, sei sie wieder eskaliert – laut Anklageschrift hätten zwei Männer aus der Vierergruppe auf die anderen eingeschlagen. Die Karnevalsfreunde, die allesamt aus dem Ruhrgebiet kamen, hätten sich von dem Angriff völlig überrascht gefühlt. „Wir wussten nicht, wie man sich in so einer Situation verhält“, sagte ein 32-jähriger Zerspanungsmechaniker aus Herne, der, wie sein Bruder auch, mehrere Schläge gegen den Kopf einstecken musste. Eine 29-Jährige aus Gelsenkirchen, die auch die junge betrunkene Frau entdeckt hatte, habe dann die Polizei gerufen. Die sei ohnehin bereits wegen eines anderen Einsatzes am U-Bahnhof gewesen – und somit schnell an Ort und Stelle, um die Streithähne zu trennen. Der Angeklagte hatte angegeben, an der Schlägerei nur schlichtend beteiligt gewesen zu sein. Während er die Kämpfenden voneinander trennen wollte, habe man ihm die Jacke über den Kopf gezogen, so dass er nichts mehr gesehen habe. „Kann sein, dass ich, als ich versuchte, die Jacke wieder los zu werden, auch irgendwen mit den Armen erwischt habe“, sagte der 21-Jährige.
Die Zeugen, sieben wurden gehört, konnten kein Licht ins Dunkel bringen. Denn obwohl alle sich an die Abläufe mehr oder weniger übereinstimmend erinnern konnten, konnte doch keiner den Angeklagten eindeutig als Schläger identifizieren. Für Aufsehen sorgte dabei die 29-jährige Gelsenkirchenerin, die auf die Frage der Identifikation sagte: „Ich kann es nicht genau sagen. Es wird aber schon seinen Grund haben, dass er auf der Anklagebank sitzt.“Daraufhin betonten Richterin und Staatsanwältin, dass sie nur die Dinge sagen sollte, an die sie sich erinnern könne. Ein 27-jähriger Polizist, der bei dem Einsatz dabei war, sagte, dass er ausschließen könne, dass der Angeklagte als Schlichter gehandelt habe. Fest habe er dies an dessen Körperhaltung gemacht. Das genügte letztlich nicht, um von der Beteiligung des 21-Jährigen überzeugt zu sein. Das Verfahren wurde eingestellt. „Ich kann nicht mit Sicherheit sagen, dass Sie geschlagen haben“, sagte die Richterin abschließend.