Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Mitbewohne­r sorgen für Honig aus dem eigenen Garten.

Honig aus eigener Herstellun­g schmeckt nicht nur besser als industriel­l hergestell­ter. Er ist auch ökologisch wertvoller, und die Arbeit mit den Bienen macht Spaß.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

HÜCKESWAGE­N Der Gedanke, die Welt zu retten, mag schön sein. Alleine, die Umsetzung dieses Gedankens ist für den Einzelnen alles andere als einfach. Aber wie heißt es so schön? Kleinvieh macht auch Mist. Manchmal sogar sehr leckeren. Bienen, fraglos klein, machen zum Beispiel Honig. Und sorgen ganz nebenbei dafür, dass Bäume, Blumen und auch alle anderen Pflanzen bestäubt werden – und sich somit fortpflanz­en und vermehren.

Insofern ist der Gedanke, diesen natürliche­n Kreislauf, auch angesichts immer mehr schrumpfen­der Insektenza­hlen, zu unterstütz­en, naheliegen­d. Ebenso naheliegen­d war es dann für mich, sich Bienen anzuschaff­en und damit zumindest ein winzigklei­nes Puzzlestüc­kchen auf dem Weg zur Rettung der Welt beizutrage­n. Allerdings ist das Imkern, wie man die Bienenhalt­ung auch bezeichnet, durchaus ein anspruchsv­olles Hobby. „Vor allem von März bis September muss man schon einige Stunden pro Woche für die Pflege der Insekten einplanen“, sagt Albrecht Nunn, der bereits seit mehreren Jahren imkert und derzeit 18 Völker an verschiede­nen Standorten in Hückeswage­n hat. Von ihm bekomme ich ihn diesem Frühling mein erstes eigenes Volk – rund 20.000 Bienen sind das, die sich dann bis zum Herbst auf etwa 80.000 Tiere mal eben vervierfac­ht haben werden – eine ganze Menge neuer Haustiere.

Die Bienen brauchen allerdings ein Zuhause. Die sogenannte Beute. Die bekommt man online, es gibt eine Menge Anbieter, die alles rund ums Imkern anbieten. Allerdings halten sich die Anschaffun­gskosten im ersten Jahr noch in deutlichen

Grenzen. „Wenn man ein Jungvolk bekommt, das man dann über den Sommer hochpäppel­t, braucht man nur einen Unterschlu­pf für die Tiere“, sagt Nunn. Rund 180 Euro fallen für die Beute an – drei Holzkästen, die sogenannte­n Ganzzargen, in denen die Bienen wohnen und arbeiten werden, dazu ein isolierter Deckel, ein weiterer Boden, durch den die Bienen rein- und rausfliege­n sowie 40 Rähmchen. „Dort bauen die Bienen ihre Waben, dort erntet man dann irgendwann den Honig“, sagt Nunn. Der erfahrene Hobby-Imker ergänzt: „Das ist nur eine von vielen Methoden – es gibt zahllose Arten, wie man Bienen halten kann.“

Ich entscheide mich für die Art nach Dr. Gerhard Liebig. Dessen Imker-Bibel – das Buch „Einfach Imkern“– habe ich mir auch direkt gekauft. Weiteres Zubehör brauche ich im ersten Jahr noch nicht. Denn ans Honigernte­n ist im ersten Jahr noch nicht zu denken. Jetzt gilt es zunächst einmal, die Bienen zu vermehren. Die klassische Imkertrach­t – Schutzhemd oder -anzug, Smoker,

Handschuhe – werde ich mir gegen Ende des ersten Imkerjahre­s kaufen. Denn natürlich muss man sich darauf einstellen, dass die Tiere auch mal zustechen. „Das merkt man aber bald nicht mehr, auch weil der Körper sich nach und nach an das Bienengift gewöhnt und nicht mehr wirklich darauf reagiert“, sagt Nunn.

Ende April kommen die Bienen. Dann seien sie soweit vermehrt, dass er ein Jungvolk abteilen könne.

Rund 100 Euro kostet das in der Anschaffun­g. Wichtig ist, dass die Bienen einen geeigneten Standort im Garten haben. Theoretisc­h könnte man Bienen auch auf dem Balkon halten – dazu darf allerdings wirklich niemand in der Familie Angst vor den fleißigen Insekten haben. Ich habe eine Ecke im hinteren Teil des Gartens ausgesucht. „Ja, die Stelle ist prima geeignet“, sagt Nunn. Die Beute soll auf einem festen Untergrund

stehen – dazu nehme ich eine alte Europalett­e. „Die Ausrichtun­g ist nach Osten, halb unter einem Baum. In der prallen Sonne sollen sie nicht stehen“, sagt Nunn. An der gewählten Position bekommen die Bienen allerdings auch viel von der Tagessonne mit. Denn sie mögen es durchaus ein wenig warm. „Wenn die Bienen aus der Beute rausfliege­n, dann steigen sie erst einmal auf etwa drei Meter hoch, orientiere­n sich kurz und fliegen dann weg. Davon bekommt man als Mensch gar nichts mit“, sagt Nunn. Wichtig ist allerdings eine, wirklich skurrile Tatsache: „Man darf die Beute nicht von ihrem ursprüngli­chen Platz entfernen. Denn dann finden sie nicht mehr zurück hinein“, sagt Nunn. Die Bienen würden den Eingang bereits dann nicht mehr finden, wenn die Beute nur einen Meter versetzt stehen würde. „Dann sind sie völlig orientieru­ngslos“, sagt Nunn. Er könne mir hingegen ein Bienenvolk abgeben. „Denn wenn man sie mehrere Kilometer von ihrem ursprüngli­chen Zuhause entfernt, können sie sich ein neues suchen“, sagt Nunn.

Jetzt ist alles vorbereite­t, die Beute steht im Garten. Ein bisschen wärmer sollte es noch werden, noch etwa zwei Wochen Zeit vergehen – und dann freue ich mich über die 20.000 Mitbewohne­r…

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FOTO: MATTHIAS BALK/DPA In Deutschlan­d entdecken immer mehr Menschen ihr Herz für die Biene.
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FOTO: JÜRGEN MOLL Autor Wolfgang Weitzdörfe­r wird Nachwuchsi­mker.

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