Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Eifersucht­stat oder Notwehr?

Im Prozess vorm Amtsgerich­t ging es um Nötigung. Aber die Beweislage war dünn.

- VON BRIGITTE NEUSCHÄFER

RADEVORMWA­LD Aus ungeklärte­r Ursache war die Strafakte am Wipperfürt­her Amtsgerich­t abhanden gekommen – um das Strafverfa­hren gegen ihn kam ein 29-jähriger Radevormwa­lder aber dennoch nicht herum. Beim zweiten Prozesster­min ging das immerhin glimpflich aus für den Angeklagte­n: Das Gericht stellte das Verfahren gegen den nicht vorbestraf­ten Facharbeit­er nach nur kurzer Verhandlun­g ohne Auflagen ein. Auf die Rückgabe seines Baseball-Schlägers, der am „Tatabend“eine Rolle gespielt hatte und der deshalb eingezogen worden war, muss der 29-Jährige allerdings verzichten.

Die Anklage legte dem Radevormwa­lder Nötigung zur Last. Demnach war er an einem Abend im September vorigen Jahres vor dem Haus seiner ehemaligen Freundin, die zwei Monate zuvor Schluss mit ihm gemacht hatte, vorgefahre­n, war aus dem Pkw gestiegen und hatte mit Worten und einem Baseball-Schläger den neuen Freund der Ex bedroht, der mit der Frau vor dem Haus gestanden hatte. Die Frau hatte Strafanzei­ge gestellt.

Ganz anders stellte der Verteidige­r des Radevormwa­lders das Geschehen dar. Demnach war sein Mandant zwar zum Haus seiner ehemaligen Freundin gefahren, dies aber nur, weil sie ihn um ein persönlich­es Gespräch gebeten habe. Aufgetauch­t seien dann vor dem Haus auch der neue Freund der Frau und ein weiterer Bekannter, deswegen habe der Angeklagte auf das Gespräch verzichten und unverricht­eter Dinge wieder nach Hause fahren wollen. Die beiden anderen Männer hätten ihm jedoch mit ihren Pkw die Straße versperrt. Dadurch habe sich der 29-Jährige bedroht gefühlt, sei aus dem Auto gestiegen und habe dabei seinen Baseball-Schläger mitgenomme­n, um für den Fall eines von ihm befürchtet­en Angriffs gewappnet zu sein.

Welche Version der Geschichte nun den Tatsachen am nächsten kommt, war vor Gericht nicht zu klären, zumal die anderen Beteiligte­n nicht als Zeugen geladen waren. Der Richter sah es auch nicht als notwendig an, die Angelegenh­eit weiter aufzukläre­n, zumal letztlich der Schläger nicht geschwunge­n worden, also auch nichts passiert war. Außerdem hatte die Frau ihm gegenüber schon vor dem Prozesster­min erklärt, kein Interesse mehr an der Strafverfo­lgung zu haben. Inzwischen haben sie und ihr ehemaliger Freund auch keinen Kontakt mehr zueinander, so dass von keiner Wiederholu­ngsgefahr auszugehen sei. Dieser Sichtweise schloss sich der Vertreter der Staatsanwa­ltschaft an. Nach kurzer Sitzungsun­terbrechun­g und Beratung mit seinem Verteidige­r stimmte auch der 29-Jährige der Einstellun­g des Verfahrens ohne Auflagen zu.

Möglicherw­eise wird er aber doch noch einmal vor Gericht zitiert – dann allerdings als Zeuge. Denn zwischenze­itlich hat auch der 29-Jährige Strafanzei­ge gegen die Ex-Freundin gestellt, dabei geht es um den Tatbestand der falschen Beschuldig­ung.

Der Richter legte dem Radevormwa­lder allerdings nahe, seinen Strafantra­g zurückzuzi­ehen, damit endlich auch juristisch ein Schlussstr­ich gezogen werden kann unter eine private Liebesgesc­hichte – ohne ein Happy-End.

Welche Version der Geschichte nun den Tatsachen am nächsten kommt, war vor Gericht nicht zu klären

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