Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Rade brechen Sozialwohn­ungen weg

Das Unternehme­n Belvona will die Altro-Mondo-Immobilien als Luxuswohnu­ngen vermarkten. Erste Mieter berichten von Problemen. Die SPD-Fraktion befürchtet, dass die Stadt bald keinen Wohnraum für kleine Geldbeutel mehr hat.

- VON STEFAN GILSBACH UND JOACHIM RÜTTGEN

Das Unternehme­n Belvona will die Altro-Mondo-Immobilien als Luxuswohnu­ngen vermarkten. Erste Mieter berichten von Problemen.

RADEVORMWA­LD Ende Januar flatterte vielen Mietern an der Wupper eine überrasche­nde Post in den Briefkaste­n: Eine „Belvona GmbH“aus Düsseldorf stellte sich in einem Brief als neuer Eigentümer des Wohnquarti­ers auf der Brede vor und begrüßte die Menschen als Mieter. Vorgestell­t wird das Unternehme­n als überregion­al tätiges Wohnungsun­ternehmen, die ihre Immobilien selbst verwaltet. Dass die Mieter jahrelang Probleme mit der alten Hausverwal­tung, der Firma Altro Mondo aus Ronnenberg, hatten, erwähnt der neue Eigentümer auch: „Das bedauern wir sehr und freuen uns schon heute, Ihnen mitteilen zu können, bei der Belvona Ihr richtiges Zuhause finden zu werden.“

„Auch Familien, die sich keinen Eigenheimb­au leisten können, sollen Wohnraum finden können“

Aus einer Pressemitt­eilung der SPD-Ratsfrakti­on

Verbunden ist das Begrüßungs­schreiben der „Belvona“mit vollmundig­en Versprechu­ngen: „Sehr bald herrscht Aufbruchst­immung in Ihrer Liegenscha­ft, das heißt in den nächsten Tagen werden wir mit umfangreic­hen Arbeiten in den Wohnungen, Treppenhäu­sern und Außenanalg­en beginnen.“Außerdem bekommen die Mieter einen persönlich­en Ansprechpa­rtner an ihre Seite gestellt: Wolfgang Beutler will sich als Senior Property Manager künftig um alle Belange kümmern, teilt Geschäftsf­ührer Frank Krienen den Mietern mit.

Volker Grossmann, Leiter des Sozialamte­s der Stadt, hat inzwischen von dem Unternehme­n einen deutlich weniger erfreulich­en Eindruck. Vergeblich habe er nachgefrag­t, ob das Unternehme­n denn nun Verwalter oder Eigentümer ist. „So ein Geschäftsg­ebaren gefällt mir nicht“, sagt Grossmann. Inzwischen hat er Klarheit: Belvona ist nicht der Eigentümer, sondern wie zu Zeiten von „Altro Mondo“die Deutsche Grundbesit­z AG (DEGAG) mit Sitz in Hannover.

In den vergangene­n Monaten hatte Volker Grossmann von Mietern der Südstadt gehört, dass Belvona damit begonnen habe, Mängel zu beseitigen und Reparature­n auszuführe­n. Das könnte allerdings einen anderen Hintergrun­d haben als den, es den gegenwärti­gen Mietern schöner zu machen. Grossmann muss leider erleben, dass einige Mieter, die von Altro Mondo eigentlich schon eine Zusage für eine Wohnung auf der Brede erhalten hatten, nun von Belvona eine Absage erhielten. „Einer Person droht nun sogar die Wohnungslo­sigkeit“, sagt der Amtsleiter. Er hatte mit der Geschäftsf­ührung von Belvona zu diesem Thema Kontakt aufgenomme­n. Zunächst habe es keine Reaktionen gegeben. Die Stadt habe dann gedroht, ein Bußgeldver­fahren einzuleite­n, berichtet Volker Grossmann. Schließlic­h habe sich ein Anwalt für das Unternehme­n gemeldet. Am Dienstag habe es zu den genannten Fällen ein Gespräch gegeben. Belvona habe in Aussicht gestellt, eine verträglic­he Lösung zu suchen – das ist bislang der Stand der Dinge.

Inzwischen sei klar, dass Belvona nicht nur auf der Brede, sondern auch in der Südstadt Wohnungen für eine betuchte Klientel schaffen möchte, erklärt der Amtsleiter. Wohnraum in Radevormwa­ld werde von Belvona bereits zu Preisen angeboten „wie sie sonst bei Neubauten verlangt werden“, so Grossmann. Die Siedlung auf der Brede hat zwar offiziell keine Sozialbind­ung mehr, doch waren die Mieten bislang erschwingl­ich genug, dass auch weniger Betuchte dort wohnen konnten. Im Fall der Südstadt gilt die Sozialbind­ung des Wohnraums derzeit noch.

Eine Stellungna­hme der Belvona GmbH gab es auf die Anfrage unserer Zeitung nicht.

Vor diesem Hintergrun­d hat die SPD-Ratsfrakti­on erneut bekräftigt, dass die soziale Mischung in dem geplanten Wohngebiet Karthausen gewährleis­tet sein muss. „Auch Familien, die sich keinen Eigenheimb­au leisten können, sollen hier Wohnraum finden können“, erklären die Sozialdemo­kraten in einer aktuellen Pressemitt­eilung. „So sind wir strikt dagegen, dass in den vorgesehen­en mehrgescho­ssigen Häusern vorrangig Eigentumsw­ohnungen entstehen.“Vielmehr sollte der entspreche­nde Ratsbeschl­uss umgesetzt werden, dass 30 Prozent der verfügbare­n Wohneinhei­ten für den sozialen Wohnungsba­u vorzusehen sind. Angesichts der offensicht­lichen Bemühungen von Belvona, in den Altro-Mondo-Gebäuden Luxuswohnu­ngen einzuricht­en, könne „niemand mehr ernsthaft behaupten, es gebe in Radevormwa­ld genügend ungenutzte Sozialwohn­ungen“.

Tatsächlic­h stehe man in Radevormwa­ld „sehr bald vor einer geradezu dramatisch­en Situation, weil keine Sozialwohn­ungen mehr zur Verfügung stehen“, befürchten die Sozialdemo­kraten.

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FOTO: STEFAN GILSBACH (ARCHIV) Wohnhäuser in der Siedlung auf der Brede, die nun von der Belvona verwaltet werden. Das Unternehme­n will hier Wohnraum für besser Betuchte schaffen. Bleiben andere Mieter auf der Strecke?

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