Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Rade brechen Sozialwohnungen weg
Das Unternehmen Belvona will die Altro-Mondo-Immobilien als Luxuswohnungen vermarkten. Erste Mieter berichten von Problemen. Die SPD-Fraktion befürchtet, dass die Stadt bald keinen Wohnraum für kleine Geldbeutel mehr hat.
Das Unternehmen Belvona will die Altro-Mondo-Immobilien als Luxuswohnungen vermarkten. Erste Mieter berichten von Problemen.
RADEVORMWALD Ende Januar flatterte vielen Mietern an der Wupper eine überraschende Post in den Briefkasten: Eine „Belvona GmbH“aus Düsseldorf stellte sich in einem Brief als neuer Eigentümer des Wohnquartiers auf der Brede vor und begrüßte die Menschen als Mieter. Vorgestellt wird das Unternehmen als überregional tätiges Wohnungsunternehmen, die ihre Immobilien selbst verwaltet. Dass die Mieter jahrelang Probleme mit der alten Hausverwaltung, der Firma Altro Mondo aus Ronnenberg, hatten, erwähnt der neue Eigentümer auch: „Das bedauern wir sehr und freuen uns schon heute, Ihnen mitteilen zu können, bei der Belvona Ihr richtiges Zuhause finden zu werden.“
„Auch Familien, die sich keinen Eigenheimbau leisten können, sollen Wohnraum finden können“
Aus einer Pressemitteilung der SPD-Ratsfraktion
Verbunden ist das Begrüßungsschreiben der „Belvona“mit vollmundigen Versprechungen: „Sehr bald herrscht Aufbruchstimmung in Ihrer Liegenschaft, das heißt in den nächsten Tagen werden wir mit umfangreichen Arbeiten in den Wohnungen, Treppenhäusern und Außenanalgen beginnen.“Außerdem bekommen die Mieter einen persönlichen Ansprechpartner an ihre Seite gestellt: Wolfgang Beutler will sich als Senior Property Manager künftig um alle Belange kümmern, teilt Geschäftsführer Frank Krienen den Mietern mit.
Volker Grossmann, Leiter des Sozialamtes der Stadt, hat inzwischen von dem Unternehmen einen deutlich weniger erfreulichen Eindruck. Vergeblich habe er nachgefragt, ob das Unternehmen denn nun Verwalter oder Eigentümer ist. „So ein Geschäftsgebaren gefällt mir nicht“, sagt Grossmann. Inzwischen hat er Klarheit: Belvona ist nicht der Eigentümer, sondern wie zu Zeiten von „Altro Mondo“die Deutsche Grundbesitz AG (DEGAG) mit Sitz in Hannover.
In den vergangenen Monaten hatte Volker Grossmann von Mietern der Südstadt gehört, dass Belvona damit begonnen habe, Mängel zu beseitigen und Reparaturen auszuführen. Das könnte allerdings einen anderen Hintergrund haben als den, es den gegenwärtigen Mietern schöner zu machen. Grossmann muss leider erleben, dass einige Mieter, die von Altro Mondo eigentlich schon eine Zusage für eine Wohnung auf der Brede erhalten hatten, nun von Belvona eine Absage erhielten. „Einer Person droht nun sogar die Wohnungslosigkeit“, sagt der Amtsleiter. Er hatte mit der Geschäftsführung von Belvona zu diesem Thema Kontakt aufgenommen. Zunächst habe es keine Reaktionen gegeben. Die Stadt habe dann gedroht, ein Bußgeldverfahren einzuleiten, berichtet Volker Grossmann. Schließlich habe sich ein Anwalt für das Unternehmen gemeldet. Am Dienstag habe es zu den genannten Fällen ein Gespräch gegeben. Belvona habe in Aussicht gestellt, eine verträgliche Lösung zu suchen – das ist bislang der Stand der Dinge.
Inzwischen sei klar, dass Belvona nicht nur auf der Brede, sondern auch in der Südstadt Wohnungen für eine betuchte Klientel schaffen möchte, erklärt der Amtsleiter. Wohnraum in Radevormwald werde von Belvona bereits zu Preisen angeboten „wie sie sonst bei Neubauten verlangt werden“, so Grossmann. Die Siedlung auf der Brede hat zwar offiziell keine Sozialbindung mehr, doch waren die Mieten bislang erschwinglich genug, dass auch weniger Betuchte dort wohnen konnten. Im Fall der Südstadt gilt die Sozialbindung des Wohnraums derzeit noch.
Eine Stellungnahme der Belvona GmbH gab es auf die Anfrage unserer Zeitung nicht.
Vor diesem Hintergrund hat die SPD-Ratsfraktion erneut bekräftigt, dass die soziale Mischung in dem geplanten Wohngebiet Karthausen gewährleistet sein muss. „Auch Familien, die sich keinen Eigenheimbau leisten können, sollen hier Wohnraum finden können“, erklären die Sozialdemokraten in einer aktuellen Pressemitteilung. „So sind wir strikt dagegen, dass in den vorgesehenen mehrgeschossigen Häusern vorrangig Eigentumswohnungen entstehen.“Vielmehr sollte der entsprechende Ratsbeschluss umgesetzt werden, dass 30 Prozent der verfügbaren Wohneinheiten für den sozialen Wohnungsbau vorzusehen sind. Angesichts der offensichtlichen Bemühungen von Belvona, in den Altro-Mondo-Gebäuden Luxuswohnungen einzurichten, könne „niemand mehr ernsthaft behaupten, es gebe in Radevormwald genügend ungenutzte Sozialwohnungen“.
Tatsächlich stehe man in Radevormwald „sehr bald vor einer geradezu dramatischen Situation, weil keine Sozialwohnungen mehr zur Verfügung stehen“, befürchten die Sozialdemokraten.