Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Viereinhalb Jahre Haft für Drogendealer
Das Landgericht hatte dem Hückeswagener die Unschuldsbeteuerungen nicht geglaubt. Er soll mehrere Kilogramm Marihuana verkauft haben. Nach den Plädoyers brach der 28-Jährige in Tränen aus, das Urteil war dann ein Schock.
HÜCKESWAGEN Nachdem die Plädoyers von Staatsanwalt und Verteidiger am Kölner Landgericht am Montagmorgen verkündet waren, hatte der wegen Handels mit Betäubungsmitteln angeklagte 28-jährige Hückeswagener die Gelegenheit zum letzten Wort. Ihm schien die Tragweite angesichts der Forderung des Staatsanwalts von fünf Jahren und drei Monaten Freiheitsstrafe mit voller Wucht erreicht zu haben. „Wenn ich verurteilt werde, verliere ich meine Frau. Und ich weiß ganz sicher, dass ich es nicht getan habe. Ich bitte Sie einfach darum, mir noch eine Chance zu geben“, sagte er nach langer Pause unter Tränen. Wie belastend für den jungen Mann die folgenden Stunden, bis die 23. Große Strafkammer zu ihrem Urteil gekommen war, gewesen sein mochten, dürfte nur schwer nachzuvollziehen sein.
Dem waren zwei sehr unterschiedliche Plädoyers vorausgegangen. Der
Staatsanwalt sparte nicht mit bissigen Kommentaren in Richtung des Angeklagten. Etwa, als er von dem Kilogramm Haschisch sprach, das 2018 im Wochenendhaus des Angeklagten an einem Campingplatz an der Bever gefunden worden war. Laut Aussage des Hückeswageners
„Solange noch eine einzige Hirnzelle arbeitet, ist es nicht plausibel erklärbar, dass diese Haschischplatte nicht gefunden werden sollte“
Staatsanwalt in seinem Plädoyer
war das fünf Jahre alt und bei einer früheren Durchsuchung seiner damaligen Wuppertaler Wohnung von der Polizei nicht gefunden worden. „Solange noch eine einzige Hirnzelle arbeitet, ist es nicht plausibel erklärbar, dass diese Haschischplatte nicht gefunden werden sollte“, sagte der Staatsanwalt. Er habe bei jeder einzelnen Aussage des Angeklagten gelitten, fügte er süffisant an. „Immer dann, wenn er in der Hauptverhandlung den Mund aufgemacht hat“, ergänzte er. Man habe im Zuge der Verhandlung gemerkt, dass der Angeklagte „gerne einmal lügt“, sagte der Staatsanwalt. Daher falle es ihm auch schwer, ihm zu glauben, wenn er betone, dass er vom gesondert verfolgten Großlieferanten, einem 37-jährigen Wuppertaler, nie Rauschgift bekommen habe.
„Zudem gibt es nur die Tatsache, dass es sich um eine weiche Droge handelt, die für Sie spricht“, wandte er sich an den 28-Jährigen, der regungslos zuhörte. Alles andere spreche gegen ihn. „Sie sind einschlägig vorbestraft. Das Rauschgift ist in den Handel gekommen. Sie zeigen keinerlei geständige Reue. Die letzte Tat haben Sie sogar noch in der Haft begangen“, betonte der Staatsanwalt. Daher halte er eine Gesamtstrafe von fünf Jahren und drei Monaten für angemessen. Die Verteidigung
wollte sich nicht auf eine konkrete Strafforderung festlegen. „Ich stelle es ausdrücklich ins Ermessen des Gerichts – sehe aber nicht, dass hier vorne eine zwei steht“, sagte der Rechtsanwalt. Er kritisierte auch die Art des Plädoyers der Staatsanwaltschaft. „Es geht hier mit gewissen Formulierungen darum, Stimmung bei den Schöffen zu machen. Verschwiegen wurde indes, dass von den ursprünglich angeklagten 25 Fällen des BTM-Handels am Ende der Beweisführung nicht mehr viel übriggeblieben ist“, sagte er. Er gebe zwar zu, dass die Vehemenz seines Mandanten, kein Rauschgift bekommen zu haben, nur schwer zu glauben sei. „Aber beweisen kann man das Gegenteil eben auch nicht.“
Die 23. Große Strafkammer zog sich für mehrere Stunden zur Beratung zurück. Das Urteil, das am frühen Nachmittag verkündet wurde, war eindeutig und folgte eher der Forderung der Staatsanwaltschaft denn der der Verteidigung. Es lautete auf vier Jahre und sechs Monate Haft wegen des Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in vier Fällen sowie der Beihilfe dazu in einem weiteren Fall. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.