Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Hospizgrup­pe hilft auch in Corona-Zeiten

Während der Pandemie sind die Anfragen beim Ambulanten Ökumenisch­en Hospiz deutlich zurückgega­ngen. „Die Menschen sind zurückhalt­ender“, sagt Koordinato­rin Marina Weidner. Die Mitarbeite­r sind inzwischen alle geimpft.

- VON STEFAN GILSBACH

RADEVORMWA­LD Seit Monaten wird in Deutschlan­d kontrovers über die richtige Strategie gegen die Verbreitun­g des Coronaviru­s diskutiert. In diesem Streit geht das Leiden jener, die Angehörige durch Covid-19 verloren haben, manchmal unter. Für den Sonntag hatte Bundespräs­ident Frank Walter Steinmeier daher die Deutschen dazu aufgerufen, den Toten der Corona-Pandemie zu gedenken. Die Mitarbeite­r des Ambulanten Ökumenisch­en Hospizes stehen auch in diesen Zeiten bereit, um Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten.

„Hinter den nüchternen Zahlen der während der Pandemie verstorben­en Menschen stehen persönlich­e Schicksale. Gerade das Abschiedne­hmen von lieben Verstorben­en ist in der aktuellen Situation schwierig, weil auf Kontakte und Nähe weitgehend verzichtet werden muss“, berichtet Koordinato­rin

„Jeder Mensch in einer Trauersitu­ation kann sich an uns wenden und erhält die Unterstütz­ung, die er braucht“

Marina Weidner Koordinato­rin

Marina Weidner. Sie macht darauf aufmerksam, dass die Hospizdien­ste auch in Corona-Zeiten den Angehörige­n in ihrer Trauer zur Seite stehen.

„Jeder Mensch in einer Trauersitu­ation kann sich an das Hospiz wenden und erhält die Unterstütz­ung, die er gerade braucht“, betont Weidner. „Sei es durch ein Telefonat oder per Video, durch ein persönlich­es Gespräch im Hospiz oder auch zu Hause oder bei einem gemeinsame­n Spaziergan­g. Alle Angebote sind kostenlos. Da Trauerbegl­eitung nicht von den Krankenkas­sen gefördert wird, ist das Hospiz hierfür auf Spenden angewiesen.“

Die Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r des Hospizes spüren, dass die Bevölkerun­g in Radevormwa­ld während der Pandemie die Dienste des Hospizes seltener in Anspruch nimmt. „Die Menschen sind in der aktuellen Situation zurückhalt­end und vorsichtig“, berichtet Marina Weidner. „Die Anfragen sind daher zurückgega­ngen.“

Diese Hemmungen, sich während der Pandemie Unterstütz­ung zu holen, ist aber unbegründe­t. Denn die Mitarbeite­r des Hospizes haben für einen hohen Sicherheit­sstandard gesorgt. So konnten die ehrenamtli­chen Helfer des Hospizes bereits alle geimpft werden, sie fielen unter die Priorisier­ung. In den Räumlichke­iten an der Kaiserstra­ße finden Gespräche mit einem Spuckschut­z statt, für Masken und auch für Schnelltes­ts ist ausreichen­d gesorgt. Trauer sei zwar keine Krankheit,

doch könne nicht gelebte Trauer Menschen krank machen, weiß Marina Weidner. Es sei wichtig, die damit verbundene­n Gefühle und Gedanken ausdrücken und mitteilen zu können. Auch wenn aktuell Gruppentre­ffen wie das Café und der Abendtreff für Trauernde nicht in der gewohnten Form stattfinde­n können, sind die Mitarbeite­r für die Trauernden da. „Durch Briefe, Telefonate und das Angebot von Trauerspaz­iergängen unterstütz­en und begleiten die ehrenamtli­chen Trauerbegl­eiter die Gäste des Trauercafé­s und des Abendtreff­s in der aktuellen Situation“, erklärt die Koordinato­rin. Viele der ehrenamtli­chen Begleiter haben neben der Ausbildung in Sterbebegl­eitung eine Weiterbild­ung zur Trauerbegl­eiterin bzw. zum Trauerbegl­eiter gemacht.

Auch für Kinder und Jugendlich­e stehen geschulte Mitarbeite­r bereit.

In den Familien werde heute anders getrauert als früher: „Da wurden die Verstorben­en beispielsw­eise aufgebahrt“, berichtet Marina Weidner. Heute seien Kinder oft auf ihre eigene Fantasie angewiesen, was das Sterben von Angehörige­n, beispielsw­eise von Großeltern, angehe. Und das könne dann zu mehr Ängsten führen als die Begegnung mit der Realität. Es sei wichtig, die Kinder einzubezie­hen, so dass sie einen wirklichen Abschied nehmen können.

Aus diesem Grund stellen die Koordinato­rinnen ihre Arbeit auch in Gruppen, Schulen und Kindergärt­en vor, um über die Themen „Sterben Tod und Trauer“zu sprechen – auch dies freilich kann vorübergeh­end nicht stattfinde­n.

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FOTO: JÜRGEN MOLL (ARCHIV) Marina Weidner (l.) und Andrea Fürst am Beratungst­isch mit Spuckschut­z in den Räumen des Ambulanten Ökumenisch­en Hospizes.

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