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Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat am Donnerstag vor dem Untersuchungsausschuss zum Wirecard-Skandal ausgesagt. Eine Mitschuld weist er von sich. Die Union fordert, er müsse persönlich Verantwortung übernehmen.
BERLIN
(rtr) Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat eine Mitschuld für den milliardenschweren Wirecard-Skandal weit von sich gewiesen. Gegen das frühere Top-Management des Zahlungsabwicklers werde ermittelt. „In dem Unternehmen wurde offenbar mit hoher krimineller Energie gehandelt“, sagte der SPD-Kanzlerkandidat am Donnerstag im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu dem Finanzskandal. Der Wirtschaftsprüfer EY habe elf Jahre lang nicht die Fehler in den Büchern gefunden und die Bilanzen stets testiert. EY sei zu lange Glauben geschenkt worden: „Die Verantwortung für diesen hochkriminell angelegten Betrug trägt nicht die Bundesregierung.“
Scholz ergänzte, es sei schnell gehandelt und die richtigen Konsequenzen gezogen worden: „All das habe ich zügig auf den Weg gebracht.“Die Finanzaufsichtsbehörde Bafin werde neu aufgestellt. Außerdem sollten die Wirtschaftsprüfer enger an die Leine genommen werden. Ziel sei es, das Vertrauen wiederherzustellen.
Im U-Ausschuss des Bundestags werden diese Woche als vorläufiger Höhepunkt die hochrangigsten Zeugen befragt – nach Scholz folgt am Freitag Bundeskanzlerin Angela Merkel. Ein halbes Jahr vor der Bundestagswahl ist das Wirecard-Sondergremium damit zunehmend parteipolitisch geprägt, mit teils hitzigen Wortgefechten auch innerhalb der großen Koalition. „Die politische Verantwortung trägt Olaf Scholz“, so der CDU-Finanzpolitiker Matthias Hauer. Das zeige die interne Unruhe in seinem Ministerium: „Da brennt die Hütte.“CSU-Wirtschaftspolitiker Hans Michelbach warf Scholz vor der Befragung vor, dem Ausschuss lange wichtige Akten vorenthalten zu haben. Scholz müsse persönlich Verantwortung übernehmen. „Ich erwarte zumindest eine klare Entschuldigung.“Zu erwarten sei aber die „Neu-Inszenierung des Stücks: nichts gesehen, nichts gehört, nichts gewusst“.
Am Mittwoch hatte der Untersuchungsausschuss schon Finanz-Staatssekretär Jörg Kukies, einen der engsten Scholz-Mitarbeiter, neun Stunden lang bis tief in die Nacht befragt. Scholz sagte, er vertraue seinen Staatssekretären, die er sehr sorgfältig ausgewählt habe. „Das sind gute Leute.“Kukies – ein früherer Top-Investmentbanker – hatte gesagt, in dem Fall seien alle getäuscht worden, die Regierung ziehe aber die richtigen Schlüsse.
„Wir haben es beim Fall Wirecard mit einem Fall von Bandenkriminalität zu tun“, so Scholz. „Wir müssen dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt.“Die Bonner Bafin sei durchaus gegen Wirecard vorgegangen und habe den Stein ins Rollen gebracht. Es sei nicht die schützende Hand über den Konzern gehalten worden. „Sie hat im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten gehandelt. Aber mit dem Wissen von heute ist klar, das Aufsicht- und Kontrollgefüge ist für einen solch erheblichen kriminellen Angriff nicht gut genug gerüstet.“Das werde mit dem Wirecard-Gesetz FISG verbessert. Dieses wird momentan im Bundestag beraten, Änderungen nicht ausgeschlossen. Rückendeckung bekam Scholz erwartungsgemäß von seiner Partei:
„Die Bafin ist auf einem guten Weg“, sagte Jens Zimmermann, der für die SPD im U-Ausschuss sitzt. Es sei mit Mark Branson ein starker neuer Chef gefunden worden. Scholz könne kein konkretes Versäumnis vorgeworfen werden.
Opposition und Union halten die Bilanzkontrolle der Bafin zusammen mit der privatwirtschaftlichen DPR für ineffektiv. Danyal Bayaz (Grüne) bezeichnete zudem das „Leerverkaufsverbot“als fatal und „besonderen Fehler“. Damit hatte die Bafin im Februar 2019 – als es bereits Hinweise in Medien und von Investoren auf Ungereimtheiten bei Wirecard gab – alle Wetten auf Kursverluste mit Wirecard-Aktien untersagt. Die Bafin habe sich damit auf die Seite von Kriminellen gestellt. CDU-Politiker Hauer sagte, Scholz sei darüber früh informiert worden: „Er hat nicht die Notbremse gezogen.“