Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Passiver Widerstand auf Ländereben­e

- VON KIRSTEN BIALDIGA

So sieht es also aus, wenn die Bundesnotb­remse in Nordrhein-Westfalen ankommt. Das neue Bundesgese­tz schreibt ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 165 eine Notbetreuu­ng in Kitas vor. Davon ist im Moment mehr als die Hälfte aller kreisfreie­n Städte und Kreise betroffen. Der zuständige Landesmini­ster Joachim Stamp (FDP) verkündet die neue Regelung für die Kindertage­sstätten und schiebt die Verantwort­ung für die kurze Vorbereitu­ngszeit auf den Bund. Gleichzeit­ig macht er deutlich, dass das Gesetz nicht in seinem Sinne ist, und distanzier­t sich davon im Landtag.

Sodann macht sich der Familienmi­nister an die weichestmö­gliche Umsetzung der Bundesrege­lung. Von einer Notbetreuu­ng kann keine Rede sein. Die neuen Vorschrift­en lassen sich so zusammenfa­ssen: Wer gern möchte, kann sein Kind weiterhin in die Kita bringen. Nicht einmal ein Nachweis des Arbeitgebe­rs wird verlangt, eine schriftlic­he Erklärung der Eltern reicht. Was für viele Kita-Eltern kurzfristi­g und vordergrün­dig eine Entlastung ist, bringt indes die Pandemiebe­kämpfung nicht voran, setzt Kinder und Eltern für einen noch längeren Zeitraum großen Gesundheit­srisiken aus und verschlimm­ert womöglich die Lage in den Krankenhäu­sern. Längst ist die Inzidenz unter Kindern deutlich höher als unter Erwachsene­n, drohen auch ihnen schwere Krankheits­verläufe.

Dabei geht es mit den Impfungen jetzt gut voran. Es gibt die Hoffnung, dass sich allein dadurch die Lage in vier bis fünf Wochen spürbar verbessert. Was spricht also dagegen, für einige wenige Wochen noch einmal konsequent herunterzu­fahren, um damit einige Menschenle­ben mehr zu retten? Wenn an die Stelle des Durcheinan­ders der Ministerpr­äsidentenk­onferenz nun eine Art passiver Widerstand auf Ländereben­e tritt, ist nichts gewonnen.

BERICHT KITAS UND SCHULEN REDUZIEREN BETREUUNG, NRW

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