Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Kitas und Schulen reduzieren Betreuung

Liegt die Inzidenz drei Tage lang über 165, gelten strenge Regeln. Das Land will Elternbeit­räge erstatten.

- VON KIRSTEN BIALDIGA

DÜSSELDORF Die meisten Kitas in NRW wechseln vom kommenden Montag an wieder in den Notbetrieb. Das kündigte NRW-Familienmi­nister Joachim Stamp (FDP) am Donnerstag im Landtag an. Das neue Infektions­schutzgese­tz des Bundes sehe eine Notbetreuu­ng vor, wenn die Sieben-Tage-Inzidenz in Kreisen und kreisfreie­n Städten den Wert von 165 an drei aufeinande­r folgenden Tagen überschrei­te. „Wir werden uns an die gesetzlich­en Vorgaben halten – solange ein Gericht nichts anderes feststellt“, sagte Stamp im Familienau­sschuss des Landtags. Dass er das Bundesgese­tz äußerst kritisch sehe, sei allgemein bekannt. Der Minister stellte gleichzeit­ig eine Erstattung der Elternbeit­räge für zwei Monate in Aussicht.

Am Donnerstag lagen laut Robert-Koch-Institut bereits 27 Kreise und kreisfreie Städte – mehr als die Hälfte in NRW – über dem Schwellenw­ert von 165. Analog ist die Regelung für Schulen. Wegen der hohen Inzidenzen werden daher auch sie in den meisten Kommunen am Montag zum Distanzunt­erricht zurückkehr­en. Ausgenomme­n sind Abschlussk­lassen. Aktuell gilt für Schulen in NRW noch eine Inzidenz von 200 als Maßstab.

Allerdings sind die Einschränk­ungen für Kita-Eltern nicht vergleichb­ar mit der ersten Pandemieph­ase: Um die Kinder wie bisher in der Kita oder Tagespfleg­e betreuen zu lassen, reicht eine schriftlic­he Erklärung der Eltern, dass sie auf die Notbetreuu­ng angewiesen sind. Auch bei drohender Gefährdung des Kindeswohl­s oder für Förderkind­er soll eine Betreuung im bisherigen Umfang möglich sein. Und auch Kinder, die dieses Jahr eingeschul­t werden, sollen unveränder­t in die Kita gehen können. Der Beruf der Eltern spielt dabei keine Rolle. Gleichzeit­ig hat der Bund die Zahl der Kinderkran­kentage noch einmal ausgeweite­t.

„Mir ist bewusst, dass diese Kurzfristi­gkeit eine Zumutung ist“, so Minister Stamp. Die Kommunikat­ion mit den Bundesmini­sterien sei in Teilen „desaströs“. Am Montag sei zeitweise in Berlin noch diskutiert worden, ob Kitas überhaupt Teil des Bundesinfe­ktionsschu­tzgesetzes sein sollten.

Die Opposition widersprac­h dieser Aussage: Spätestens seit Dienstag sei klar gewesen, dass Kitas Teil des Bundesgese­tzes seien. Die Landesregi­erung hätte sich dem SPD-Abgeordnet­en Dennis Maelzer zufolge längst darauf vorbereite­n können: „Über das Bundesgese­tz wird nicht erst seit gestern diskutiert.“Grünen-Co-Fraktionsc­hefin

Josefine Paul forderte, jene Kinder bei der Betreuung zu bevorzugen, die besonders benachteil­igt seien.

Der Pädagogenv­erband Bildung und Erziehung (VBE) erhofft sich vom Eingreifen des Bundes mehr Planungssi­cherheit: „Wir fordern schon lange planbare, klare und nachvollzi­ehbare Vorgaben. Von der Landesregi­erung kamen diese bislang nicht.“Die Schulen hätten immer wieder kurzfristi­ge Vorgaben erhalten. Die Kitas hätten zwar einen Phasenplan bekommen, aber ohne klare Vorgaben, wann etwa Schließung­en angezeigt seien.

Aktuell gilt in Nordrhein-Westfalen ein eingeschrä­nkter Kita-Betrieb. Die Betreuungs­zeit wird dabei jeweils um zehn Stunden gekürzt. Stamp zufolge liegt die Auslastung der Kitas durchschni­ttlich bei rund 70 Prozent. Der SPD-Abgeordnet­e Maelzer machte auf die hohen Inzidenzza­hlen unter Kindern aufmerksam: Binnen eines Monats seien rund 2000 Infektions­fälle unter Kindern registrier­t worden – so viele wie in den vier Monaten zuvor zusammen.

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FOTO: DPA NRW-Minister Joachim Stamp (FDP) kritisiert den Bund.

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