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Bund will 30 Millionen Dosen Sputnik V

Die Lieferzusa­gen für die nächsten Wochen sehen erfreulich aus. Im Mai soll jeder dritte Bürger in Deutschlan­d wenigstens eine Impfung erhalten haben. Die EU verzichtet aber auf weitere Lieferunge­n von Astrazenec­a.

- VON JAN DREBES UND ANTJE HÖNING

DÜSSELDORF Noch ist Impfstoff in Deutschlan­d knapp, doch es geht voran. Im Mai werde jeder dritte Bürger mindestens eine Impfung erhalten haben, sagte Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU). Aktuell werden bundesweit täglich bis zu 700.000 Impfungen vorgenomme­n. Zugleich verheißen die Ankündigun­gen der Hersteller Gutes. Bis Juli soll die Zahl der gelieferte­n Dosen auf neun Millionen pro Woche ansteigen, wie aus Prognosen der Kassenärzt­lichen Bundesvere­inigung (KBV) hervorgeht. Und dabei ist der russische Impfstoff Sputnik V nicht einmal einbezogen. So sieht es im Einzelnen aus.

Johnson & Johnson Die Europäisch­e Arzneiagen­tur Ema hat den Impfstoff des amerikanis­chen Hersteller­s nach intensiver Prüfung weiter empfohlen. Bei Impfungen mit dem Mittel von Johnson & Johnson ( J & J) war es wie zuvor bei Impfungen mit Astrazenec­a in selten Fällen zu Thrombosen gekommen. Es wird erwartet, dass die Ständige Impfkommis­sion (Stiko) nun wie bei Astrazenec­a eine Altersbesc­hränkung vornimmt und das J&J-Mittel in Deutschlan­d nur für Menschen über 60 Jahre empfiehlt. Die Bundesregi­erung hat sich bei Johnson & Johnson bereits 36,7 Millionen Dosen gesichert.

Sputnik V Der russische Impfstoff ist in Deutschlan­d zwar noch nicht zugelassen. Doch Deutschlan­d will nach Angaben von Sachsens Ministerpr­äsident Michael Kretschmer 30 Millionen Dosen erwerben. „Wir wollen dreimal zehn Million Dosen

Sputnik V – im Juni, Juli und im August – kaufen“, sagte der CDU-Politiker am Donnerstag bei einem Besuch in Moskau, wo er sich mit Gesundheit­sminister Michail Muraschko traf. Voraussetz­ung sei die Zulassung durch die Ema. Europas Arzneibehö­rde prüft den Impfstoff bereits. Der Impfstoff war 2020 zunächst skeptisch betrachtet worden, weil die russischen Behörden nicht das Ergebnis der Studien abgewartet hatten, bevor sie Sputnik V verimpfen ließen. Inzwischen gibt es aber Studien, die eine Wirksamkei­t von 91,6 Prozent zeigen. Stiko-Chef Thomas Mertens lobte den russischen Impfstoff bereits als „clever gebaut“. Der SPD-Gesundheit­spolitiker Karl Lauterbach hingegen sagt, dass Sputnik V zwar wirksam ist, die Russen aber unrealisti­sch niedrige Nebenwirku­ngen gemeldet hätten. Das müsse geprüft werden.

Astrazenec­a Der Impfstoff des britischen Hersteller­s macht der Politik den meisten Ärger. Zwar bietet er einen guten Schutz vor einer Corona-Infektion. Doch wegen vereinzelt­er Thrombosef­älle ist er derzeit in Deutschlan­d nur für Menschen über 60 Jahre empfohlen. Davon können Ärzte abweichen, wenn sie jüngere Impf-Interessie­rte zuvor ausführlic­h beraten haben. Doch der britische Hersteller ist auch als Lieferant unzuverläs­sig: Astrazenec­a hatte der EU im ersten Quartal nur 30 Millionen statt der vereinbart­en 120 Millionen Impfdosen geliefert und dafür Produktion­sprobleme verantwort­lich gemacht. Die EU verdächtig­t den Hersteller hingegen, bevorzugt Großbritan­nien beliefert zu haben. Die EU erwartet auch im zweiten Quartal Enttäuschu­ngen: Statt der versproche­nen 180 Millionen

soll es nur 70 Millionen Dosen von Astrazenec­a geben. Da einige Länder die Verimpfung ganz gestoppt haben, verzichtet die EU darauf, die Option auf weitere Lieferunge­n zu ziehen. Hausärzte in Deutschlan­d werden in der kommenden Woche gar keine Lieferung von Astrazenec­a erhalten. Doch besorgte Patienten, die um ihre Zweitimpfu­ng mit Astrazenec­a in ein paar Wochen fürchten, beruhigt das Gesundheit­sministeri­um: Künftig sollen auch wieder Astrazenec­a-Dosen an die Hausärzte geliefert werden. Zwischen erster und zweiter Impfung sollen zwölf Wochen liegen.

Biontech und Moderna Die beiden mRNA-Impfstoffe bilden weiter das Rückgrat der deutschen Impfkampag­ne. „Biontech und Moderna haben Lieferzusa­gen für das gesamte zweite Quartal gemacht. Danach liefert Biontech 50,3 Millionen und Moderna 6,4 Millionen Impfdosen“, erklärte der Sprecher des Gesundheit­sministeri­ums. Allein bei Biontech seien das zehn Millionen mehr als ursprüngli­ch angekündig­t. Das soll auch den niedergela­ssenen Ärzten zugute kommen. „Allein von Biontech können die Arztpraxen im Mai mit wöchentlic­h mehr als 1,5 Millionen Impfstoffd­osen rechnen, im Juni mit deutlich mehr als drei Millionen“, erklärte der Sprecher.

Auf Biontech ruhen auch große Hoffnungen beim Impfen der Kinder. Das Mittel ist bereits für Jugendlich­e ab 16 Jahren zugelassen. Eine Studie, die das Mainzer Unternehme­n für Kinder zwischen zwölf und 16 Jahren vorgenomme­n hat, zeigte ebenfalls gute Ergebnisse. Für Kinder soll derselbe Wirkstoff verwendet werden. Nun kommt es darauf an, die kindgerech­te Dosis zu finden.

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