Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
TSV sitzt seit zwei Jahren auf „heißen Kohlen“
Das Hauptaugenmerk der Aktivitäten liegt aktuell auf der Errichtung des Vereinsgebäudes an der Höher Heide in Aufderhöhe.
SOLINGEN Der Turn- und Sportverein Solingen-Aufderhöhe 1877 ist der Club im Sportgeschehen der Klingenstadt, wo sich in Sachen Infrastruktur derzeit am meisten tut. Das Hauptaugenmerk der Aktivitäten liegt auf der Errichtung des Vereinsgebäudes an der Höher Heide. Mit diesen Plänen einher geht die Aufgabe anderer Standorte, so der angemieteten Geschäftsstelle an der Aufderhöher Straße und dem Verkauf des Grundstücks an der Gillicher Straße. Das Motto des TSV bleibt von den bedeutenden Maßnahmen unberührt. „Wir wollen, dass sich alle in unserem Breitensportverein wohlfühlen – auch Fußballer und Handballer, die durchaus in ansprechenden Ligen unterwegs sind“, sagt der Vorsitzende Ernst Kugel und setzt gleichermaßen auf Tradition wie Innovation.
Die Corona-Folgen Positiv sehen die Verantwortlichen, dass sich auch eine Chance ergeben habe, nämlich die Nutzung von Online-Angeboten auf verschiedenen Plattformen. Auch in Zukunft soll dieses Mittel begleitend wirken. Grundsätzlich wurde das Sportprogramm reduziert, bezüglich der Beitragszahlungen werden je nach Abteilung differenzierte Absprachen getroffen. „Die Beitragszahlung unserer Mitglieder stellt die zuverlässigste und wichtigste Einnahmequelle für uns als Verein dar. In Zeiten, wo Feriencamps, Veranstaltungen und teils Sponsorengelder ausfallen, sichern diese die Existenz des Vereins“, erklärt Vereinsmanager Yorik Heiber. Der 31-Jährige findet die gewachsene Bereitschaft zur Digitalisierung hervorragend, weil dadurch auch Strukturen durch Zeitersparnisse verbessert werden können.
Heiber vermisst ansonsten besonders die Events. Ob Pfingstturnier im Fußball oder die Deutschen Meisterschaften der Seniorenschwimmer – der Aderlass ist gewaltig. Und letztlich geht es den Aufderhöhern so wie vielen. „Die Abmeldungen halten sich im Rahmen, aber es kommen keine Neuen“, schildert Kugel (62) die angesichts des Potenzials von Stadtteil und Verein traurige Lage.
Der zweite Platz Als Ersatz für den ehemaligen Kunstrasenplatz am Hermann-Löns-Weg entsteht im Rahmen des Kunstrasenprojektes ein zweiter an der Höher Heide. Ende 2019 erhielt die Stadt den Förderbescheid des Bundes über rund 2 Millionen Euro – die konkrete Finanzplanung soll in Kürze vorliegen, eine Kostensteigerung ist Fakt. „Die Förderung ist ein großer Gewinn für Solingen“, betont der Leiter des Stadtdienstes Sport und Freizeit, Horst Schulten. Und teilt die Meinung des Sportausschussvorsitzenden Ernst Lauterjung (SPD): „Mit dem neuen Platz können wir den Bedarf zukünftig wieder erfüllen.“Der in Verlängerung des aktuellen Spielfeldes leicht versetzte Platz Höher Heide II soll einige Bedürfnisse decken, nach dem Wunsch des TSV auch die des Großvereins. Denn trotz der Fusion mit dem Sportring ist die Belegung in Aufderhöhe umfänglich.
Die Fusion „Der Zusammenschluss hat sich den Bedenken zum Trotz total bewährt“, sagt Yorik Heiber, der neben seinem hauptamtlichen Job im TSV die Geschicke der Fußballer ehrenamtlich in Händen hält. Durch den Anschluss des Sport-Ring Solingen 1880/95 stieg die Mitgliederzahl der damit größten Abteilung von 400 auf 750. Die zusätzliche Nutzung der Anlage an der Neuenkamper Straße samt Freilufthalle hat schon für sportlichen Aufschwung gesorgt, so ist man mit den C- und B-Junioren in der Bergischen Leistungsklasse vertreten. „Und der Frauenbereich wurde auf ein höheres Niveau gehoben“, freut sich Yorik Heiber – auch über das gut aufgestellte und ambitionierte Männer-Bezirksliga-Team.
Das Vereinsgebäude Es soll das neue Herzstück des TSV werden. Dieser finanziert das Gebäude mit 1,8 Millionen Euro. Seit zwei Jahren sitze man auf heißen Kohlen – denn der Bau kann erst mit Beginn der Arbeiten am zweiten Sportplatz starten. „Es wird ein Quantensprung hin zum
Sportpark Aufderhöhe“, meinen Ernst Kugel und Yorik Heiber zum Vorhaben, das hinter der Tankstelle an der Aufderhöher Straße gegenüber von Bethanien umgesetzt werden soll. Zwischen Gebäude und neuem Platz sind rund 80 Parkplätze geplant. Auch der Zeitplan zum rechtlich abgesicherten Vorhaben soll bald fixiert sein.
In dem 1400 Quadratmeter umfassenden zweigeschossigen Gebäude werden neben einem 250 qm großen Gerätebereich mehrere Kursräume mit einer Fläche von knapp 400 Quadratmetern entstehen. Ebenso wird es einen modernen Schulungsraum, Geschäftsstelle, Umkleiden und einen großzügigen Empfangsbereich beinhalten – die lange ersehnte Zentralisierung der Angebote soll so erfüllt werden. Denn die Realität sieht gänzlich anders aus, viele Sportangebote werden in anderen Stadtteilen durchgeführt. Hinzu kommt eine baufällige Gymnastikhalle an der Gillicher Straße, wo das Grundstück an Kooperationspartner Bethanien verkauft ist, aber noch genutzt werden darf. Der „richtige und wichtige Schritt nach vorne“
schließt auch eine Einbindung des Freibadgeländes keineswegs aus.
Das Miteinander Das TSV-Führungsduo sieht es als normalen Vorgang an, dass es Veränderungen innerhalb Solingens Sportvereinen gibt. So musste man vor Jahren den Hockeysport Richtung WMTV ziehen lassen, selbst profitierte man in der Leichtathletik. Unter der Regie von Hartmut Maus findet eine Intensivierung statt – zum Teil mit Athletinnen und Athleten, die zuvor das Trikot des Ohligser TV trugen. Oberliga-Handball ist eine große Nummer, derzeit aber nicht nur wegen Corona ausgebremst. Die Sporthalle Börkhaus-Siebels ist bis Oktober wegen einer Asbest-Sanierung noch außer Betrieb. „Wir sitzen mit den größeren Vereinen in regelmäßigen Abständen unter Regie des Sportbundes zusammen, was sehr förderlich ist“, lobt Ernst Kugel. Gleiches tut Yorik Heiber angesichts der Treffen der Hauptamtlichen wie Andreas Lukosch vom WMTV oder Stefan Mittelsten Scheid vom STB: „Das Miteinander begeistert mich, schließlich ist es ja auch Konkurrenz.“Der TSV mit Heiber ist ein Beispiel dafür, dass sich ein Großverein nicht mehr ehrenamtlich leiten lässt – so stellen alleine die aktuellen Verkäufe von Gebäuden und Neubauten eine riesige Herausforderung dar.