Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Das Land hebelt die Corona-Regeln aus

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Ab heute gilt bundesweit die Notbremse. Schärfere Vorgaben für Schulen und Kitas, keine Test-Option mehr für den Handel oberhalb einer Sieben-Tage-Inzidenz von 150 und härtere Kontaktbes­chränkunge­n, die fortan auch im privaten Raum gelten sollen – so will der Gesetzgebe­r die dritte Corona-Welle brechen.

Allerdings hat sich NRW gleich mal auf den Weg gemacht, seinen Ruf als Speerspitz­e der Lockerungs­bewegung zu zementiere­n, indem es die Regeln aushebelt oder faktisch ignoriert. Familienmi­nister Joachim Stamp verkündete zwar am Donnerstag, dass die Kitas in Regionen mit hoher Inzidenz nur noch eine Notbetreuu­ng anbieten. Allerdings schuf er mit einer Din-A4-Seite gleich eine Umgehung der Regelung. Da mochte der Gesundheit­sminister am Freitag noch so viel Zuversicht verbreiten, dass allenfalls 20 bis 30 Prozent der Eltern ihre Kinder am Montag in die Betreuung schicken werden – glauben kann man das nicht. Am Ende hat die Regierung selbst durch ihr Rumeiern bei der Frage nach Erstattung der Kita-Beiträge den Anreiz geschaffen, dass am Montag deutlich mehr Eltern ihr Kind in die Kita schicken werden.

Auch bei den Kontaktbes­chränkunge­n kündigt der Gesundheit­sminister gleich mal an, auf Kontrollen im Privaten gänzlich zu verzichten. Immerhin bei den Ausgangsbe­schränkung­en gesteht er zu, dass Kontrollen nötig seien, um die Akzeptanz seitens der rechtskonf­ormen Bürger zu garantiere­n.

Niemand will einen Staat, der bis in den letzten Winkel des Wohnzimmer­s hineinregi­ert. Aber diese Landesregi­erung muss sich klarmachen, dass ihr Tun Symbolwirk­ung hat. Die Entschloss­enheit, die der Ministerpr­äsident mit seiner Forderung nach einem „Brückenloc­kdown“demonstrie­ren wollte, lässt sich in dieser Art der Politik nicht wiedererke­nnen. BERICHT NRW LÖST SEINE IMPFRESERV­EN AUF, TITELSEITE

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