Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Das Land hebelt die Corona-Regeln aus
Ab heute gilt bundesweit die Notbremse. Schärfere Vorgaben für Schulen und Kitas, keine Test-Option mehr für den Handel oberhalb einer Sieben-Tage-Inzidenz von 150 und härtere Kontaktbeschränkungen, die fortan auch im privaten Raum gelten sollen – so will der Gesetzgeber die dritte Corona-Welle brechen.
Allerdings hat sich NRW gleich mal auf den Weg gemacht, seinen Ruf als Speerspitze der Lockerungsbewegung zu zementieren, indem es die Regeln aushebelt oder faktisch ignoriert. Familienminister Joachim Stamp verkündete zwar am Donnerstag, dass die Kitas in Regionen mit hoher Inzidenz nur noch eine Notbetreuung anbieten. Allerdings schuf er mit einer Din-A4-Seite gleich eine Umgehung der Regelung. Da mochte der Gesundheitsminister am Freitag noch so viel Zuversicht verbreiten, dass allenfalls 20 bis 30 Prozent der Eltern ihre Kinder am Montag in die Betreuung schicken werden – glauben kann man das nicht. Am Ende hat die Regierung selbst durch ihr Rumeiern bei der Frage nach Erstattung der Kita-Beiträge den Anreiz geschaffen, dass am Montag deutlich mehr Eltern ihr Kind in die Kita schicken werden.
Auch bei den Kontaktbeschränkungen kündigt der Gesundheitsminister gleich mal an, auf Kontrollen im Privaten gänzlich zu verzichten. Immerhin bei den Ausgangsbeschränkungen gesteht er zu, dass Kontrollen nötig seien, um die Akzeptanz seitens der rechtskonformen Bürger zu garantieren.
Niemand will einen Staat, der bis in den letzten Winkel des Wohnzimmers hineinregiert. Aber diese Landesregierung muss sich klarmachen, dass ihr Tun Symbolwirkung hat. Die Entschlossenheit, die der Ministerpräsident mit seiner Forderung nach einem „Brückenlockdown“demonstrieren wollte, lässt sich in dieser Art der Politik nicht wiedererkennen. BERICHT NRW LÖST SEINE IMPFRESERVEN AUF, TITELSEITE