Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ausruhen ist verboten

Der Klimagipfe­l von US-Präsident Joe Biden ist der wichtigste Schritt zur Rettung der Erde seit dem Pariser Abkommen – nun müssen Taten folgen.

- VON MARTIN KESSLER

Das Gipfelform­at passte in die Corona-Pandemie. Mithilfe eines überdimens­ionierten Bildschirm­s hat US-Präsident Joe Biden vom Weißen Haus aus virtuell mit den 40 wichtigste­n Staaten der Welt um konkrete Verbesseru­ngen des Weltklimas verhandelt. Ohne Tamtam und Gipfel-Show. Die nüchterne Atmosphäre hat offenbar die Ergebnisse beeinfluss­t. Es handelt sich um den wichtigste­n Schritt zur Rettung einer lebenswert­en Erde seit dem Pariser Klima-Abkommen von 2015.

Der entscheide­nde Impuls kommt nun von den USA. Man kann es mit Recht als Wende in der Klimapolit­ik bezeichnen, dass die Amerikaner – der weltgrößte Ölproduzen­t und mit China für mehr als 40 Prozent des globalen Kohlendiox­id-Ausstoßes verantwort­lich – jetzt endlich ernst machen. Die Verringeru­ng der Treibhausg­ase bis 2030 um die Hälfte gegenüber dem Wert von 2005 ist ein echtes Angebot. Wenn die Versprechu­ngen Chinas, Russlands, Japans und der Europäisch­en Union hinzukomme­n, besteht tatsächlic­h Hoffnung, dass es absehbar nicht zu einer unkontroll­ierten Erhöhung der

Durchschni­ttstempera­turen auf der Erde kommt.

Die Menschheit scheint also gerade noch einmal die Kurve zu bekommen. Es gibt doch noch Fortschrit­te im globalen Umweltschu­tz. Die Experten hatten das Jahr 2021 zur entscheide­nden Wegmarke in der Klimapolit­ik ausgerufen. Ein vielverspr­echender Anfang ist gemacht.

Doch es bleibt viel zu tun. Denn die wichtigen Reduktions­ziele müssen jetzt mit konkreter Politik gefüllt werden, die bisweilen schmerzhaf­t ist und Einschränk­ungen für unsere Industrieg­esellschaf­ten mit sich bringt. Außerdem reichen sie noch immer nicht aus, die Erhöhung der

Durchschni­ttstempera­tur der Erde auf höchstens zwei, besser 1,5 Grad zu begrenzen. Die Ziele müssen also noch ehrgeizige­r werden.

Zum anderen sollten sie so umgesetzt werden, dass die Belastunge­n für Wirtschaft, Verbrauche­r und Arbeitsplä­tze so gering wie möglich ausfallen. Das schafft man am besten mit marktwirts­chaftliche­n Mitteln wie einem Emissionsh­andel oder einem wirksamen Preis für den Ausstoß von Kohlendiox­id. Da es ein politische­r Preis ist, erfordert es Festigkeit und Durchhalte­willen, auch wenn die Umstände wie etwa jetzt in der Corona-Krise oder in Rezessione­n schwierig sind.

Und es muss in großen Dimensione­n gedacht werden. Jedes Land sollte sich so entscheide­n, wie es kann. Auch innovative Abkommen mit den Ländern der südlichen Halbkugel über die Herstellun­g von Wasserstof­f oder synthetisc­hen Kraftstoff­en sollten bedacht werden. Man darf im Verkehr nicht die ganze Hoffnung auf das Elektroaut­o setzen. Viele technologi­sche Wege sind jetzt gefragt. Wenn der Umbau gelingt, entstehen die Jobs im nachhaltig­en Teil der Wirtschaft. Auch das ist die Botschaft, die Joe Biden verkündet hat. Wir sollten sie beherzigen.

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FOTO: DPA US-Präsident Joe Biden spricht beim virtuellen Klimagipfe­l.

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