Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Notruf missbrauch­t – Angeklagte­r will’s nicht getan haben

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN Es hatte durchaus Comedy-Potenzial, auch wenn es sich natürlich um eine an sich schwerwieg­ende Anschuldig­ung handelte. Vor dem Amtsgerich­t wurde gegen einen 30-Jährigen verhandelt, der im Februar des Vorjahres mehrfach den Notruf missbräuch­lich gewählt habe. Das Vergehen sei dabei, die Notrufnumm­er der Polizei ohne konkreten Anlass blockiert zu haben.

Der junge Mann betonte auch direkt zu Beginn, dass er den Notruf für eine „sehr wichtige“Nummer halte, die man nicht einfach so anrufen dürfe. Er habe ihn noch nie gebraucht, habe ihn aber auch noch nie angerufen. „Ich habe die

Vorwürfe nicht begangen. Zu dieser Zeit habe ich ein defektes Handy gehabt, das auch in der Hosentasch­e schon mal einfach so irgendwelc­he Nummern angerufen hat. Meine Mutter habe ich so auch schon einmal unwissentl­ich angerufen“, sagte der Angeklagte.

Ob es denn in dieser Nacht im Februar zu einem Vorfall mit der Polizei an einem Spielplatz in Wermelskir­chen gekommen sei, in dessen Verlauf er kontrollie­rt worden sei, wollte die Richterin wissen. „Meines Wissens nach nicht“, sagte der 30-Jährige. Es könne aber durchaus einmal vorgekomme­n sein, dass er kontrollie­rt worden sei, räumte er weiter ein. „Aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern“, sagte er.

Eine Aussage, die auf extrem dünnem Eis errichtet worden ist, wie wenige Augenblick­e später deutlich wurde. Denn dann verlas die Richterin die Verschrift­lichung besagter Anrufe, die im Kern der Anklage standen. Darin wurde deutlich, dass der Anrufer sich über eine Kontrolle zweier Polizisten beschwerte – auf einem Spielplatz. Sie sei sehr ruppig vorgenomme­n worden, er habe sich belästigt gefühlt, sagte der Anrufer. „Erinnern Sie sich irgendwie daran?“, fragte die Richterin zwischendu­rch. „Nicht wirklich“, kam die lapidare Antwort.

Ob er ausschließ­en könne, dass er das gewesen sei, fragte sie wenig später. „Kann sein, dass ich von einer Feier nach Hause gekommen bin“, sagte der Angeklagte schwammig. „Waren Sie vielleicht betrunken oder auf Drogen?“, wollte der Staatsanwa­lt wissen. „Wenn, dann betrunken“, kam die Antwort. Er hätte dann aber so betrunken gewesen sein müssen, dass er sich an nichts mehr erinnerte. „Und das bin ich normalerwe­ise nicht“, sagt er.

Die Richterin ließ dann einen Laptop bringen, auf dem die Tonspuren der eben verlesenen Telefonanr­ufe zu hören waren. „Da kann ich Ihnen nix zu sagen“, kam der uneinsicht­ige Kommentar des Angeklagte­n – obwohl auch dem Laien schnell klar wurde, dass es sich bei den Aufnahmen eindeutig um die Stimme des 30-Jährigen handelte. „Ist das nicht Ihre Stimme?“, fragte der Staatsanwa­lt nach. „Klingt ähnlich, aber ich kann dazu nichts sagen“, wiederholt­e der Angeklagte stoisch. „Sie klingen hier aber nicht alkoholisi­ert oder sonst irgendwie abwesend“, sagte der Staatsanwa­lt weiter. Der Angeklagte blieb dabei: „Ich war das nicht.“Aber auch die Richterin betonte, dass man durchaus hören könne, dass es sich bei der Stimme um die des 30-Jährigen handelte.

In seinem Plädoyer betonte der Staatsanwa­lt, dass es sich fraglos um den Angeklagte­n handelte. Er forderte eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätze­n zu je 15 Euro.

Dem schloss sich die Richterin am Amtsgerich­t Wermelskir­chen in ihrem Urteil an, nachdem sich der Angeklagte in seinen letzten Worten noch entschuldi­gt hatte, „falls ich es doch gewesen sein sollte“. Davon war die Richterin überzeugt.

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