Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Notruf missbraucht – Angeklagter will’s nicht getan haben
WERMELSKIRCHEN Es hatte durchaus Comedy-Potenzial, auch wenn es sich natürlich um eine an sich schwerwiegende Anschuldigung handelte. Vor dem Amtsgericht wurde gegen einen 30-Jährigen verhandelt, der im Februar des Vorjahres mehrfach den Notruf missbräuchlich gewählt habe. Das Vergehen sei dabei, die Notrufnummer der Polizei ohne konkreten Anlass blockiert zu haben.
Der junge Mann betonte auch direkt zu Beginn, dass er den Notruf für eine „sehr wichtige“Nummer halte, die man nicht einfach so anrufen dürfe. Er habe ihn noch nie gebraucht, habe ihn aber auch noch nie angerufen. „Ich habe die
Vorwürfe nicht begangen. Zu dieser Zeit habe ich ein defektes Handy gehabt, das auch in der Hosentasche schon mal einfach so irgendwelche Nummern angerufen hat. Meine Mutter habe ich so auch schon einmal unwissentlich angerufen“, sagte der Angeklagte.
Ob es denn in dieser Nacht im Februar zu einem Vorfall mit der Polizei an einem Spielplatz in Wermelskirchen gekommen sei, in dessen Verlauf er kontrolliert worden sei, wollte die Richterin wissen. „Meines Wissens nach nicht“, sagte der 30-Jährige. Es könne aber durchaus einmal vorgekommen sein, dass er kontrolliert worden sei, räumte er weiter ein. „Aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern“, sagte er.
Eine Aussage, die auf extrem dünnem Eis errichtet worden ist, wie wenige Augenblicke später deutlich wurde. Denn dann verlas die Richterin die Verschriftlichung besagter Anrufe, die im Kern der Anklage standen. Darin wurde deutlich, dass der Anrufer sich über eine Kontrolle zweier Polizisten beschwerte – auf einem Spielplatz. Sie sei sehr ruppig vorgenommen worden, er habe sich belästigt gefühlt, sagte der Anrufer. „Erinnern Sie sich irgendwie daran?“, fragte die Richterin zwischendurch. „Nicht wirklich“, kam die lapidare Antwort.
Ob er ausschließen könne, dass er das gewesen sei, fragte sie wenig später. „Kann sein, dass ich von einer Feier nach Hause gekommen bin“, sagte der Angeklagte schwammig. „Waren Sie vielleicht betrunken oder auf Drogen?“, wollte der Staatsanwalt wissen. „Wenn, dann betrunken“, kam die Antwort. Er hätte dann aber so betrunken gewesen sein müssen, dass er sich an nichts mehr erinnerte. „Und das bin ich normalerweise nicht“, sagt er.
Die Richterin ließ dann einen Laptop bringen, auf dem die Tonspuren der eben verlesenen Telefonanrufe zu hören waren. „Da kann ich Ihnen nix zu sagen“, kam der uneinsichtige Kommentar des Angeklagten – obwohl auch dem Laien schnell klar wurde, dass es sich bei den Aufnahmen eindeutig um die Stimme des 30-Jährigen handelte. „Ist das nicht Ihre Stimme?“, fragte der Staatsanwalt nach. „Klingt ähnlich, aber ich kann dazu nichts sagen“, wiederholte der Angeklagte stoisch. „Sie klingen hier aber nicht alkoholisiert oder sonst irgendwie abwesend“, sagte der Staatsanwalt weiter. Der Angeklagte blieb dabei: „Ich war das nicht.“Aber auch die Richterin betonte, dass man durchaus hören könne, dass es sich bei der Stimme um die des 30-Jährigen handelte.
In seinem Plädoyer betonte der Staatsanwalt, dass es sich fraglos um den Angeklagten handelte. Er forderte eine Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen zu je 15 Euro.
Dem schloss sich die Richterin am Amtsgericht Wermelskirchen in ihrem Urteil an, nachdem sich der Angeklagte in seinen letzten Worten noch entschuldigt hatte, „falls ich es doch gewesen sein sollte“. Davon war die Richterin überzeugt.