Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Keine Freiheit zulasten der Ungeschützten
Seit mehr als einem Jahr hat die Corona-Pandemie das Land fest im Griff. Seit mehr als einem Jahr gilt der richtige Grundsatz, Solidarität zum Schutz insbesondere von Vorerkrankten und Alten zu leben, Abstand zu halten, Maske zu tragen, Kontakte zu beschränken. Noch immer stirbt nach Angaben von Medizinern ungefähr jeder dritte Covid-Patient auf der Intensivstation, obwohl das Durchschnittsalter der Patienten mittlerweile niedriger ist. Doch selbst ohne lebensgefährlichen Krankheitsverlauf kann eine Corona-Infektion schwere gesundheitliche Folgen nach sich ziehen, auch bei jungen Erwachsenen sowie Kindern und Jugendlichen. Ihnen gegenüber scheint die Solidarität der Gesellschaft allerdings nicht so stark ausgeprägt zu sein, wenn jetzt bereits über Lockerungsschritte für Geimpfte diskutiert wird. Mitten in der dritten Welle. Zwar müssen Grundrechtsbeschränkungen sofort aufgehoben werden, wenn die Grundlage für die Einschränkung fehlt. Das ist ein eisernes Prinzip des freiheitlich-demokratischen Rechtsstaates, ein unumstößlicher Grundsatz. Noch ist die Grundlage für die Einschränkungen aber vorhanden. Wer jetzt bereits Lockerungen für Geimpfte und Genesene in Aussicht stellt, heizt daher eine falsche Erwartungshaltung an. Experten streiten ja noch darüber, ob Geimpfte und Genesene das Virus weitertragen können. Wir steuern auf eine Risikoabwägung zu. Die Kernfrage dabei lautet: Wie sicher müssen Politik und Wissenschaft sein, dass Geimpfte nicht zu Pandemietreibern werden können, bevor Nicht-Geimpfte wie Kinder, Jugendliche oder Schwangere dem möglicherweise höheren Risiko einer Infektion durch Lockerungen für Geimpfte ausgesetzt werden können? Solange die Bundesregierung diese Frage nicht bis ins Mark geprüft und mit einem schlüssigen Konzept beantwortet hat, kann es keine voreiligen Lockerungen geben. BERICHT BUND WILL LOCKERUNGEN FÜR GEIMPFTE, TITELSEITE