Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

FDP hofft auf Schwarz-Gelb im Bund

Auf ihrem ersten digitalen Landespart­eitag kritisiere­n die Liberalen die Bundes-Notbremse. Manche hoffen im September auf ein Bündnis mit der CDU, Parteichef Lindner möchte sich nicht festlegen.

- VON EIRIK SEDLMAIR

DÜSSELDORF Dass dieser Parteitag der nordrhein-westfälisc­hen FDP anders war als alle vorherigen, konnte man mit geschlosse­nen Augen bemerken. Kein großer Applaus ertönte nach den Redebeiträ­gen, er verhallte im fast-leeren Raum.

Der Parteitag der FDP fand erstmals digital statt, nur wenige Delegierte waren vor Ort, die meisten wurden digital in die Kölner Veranstalt­ungshalle zugeschalt­et. Und so war auch die Corona-Pandemie das Hauptthema beim Parteitag.

Vor allem ging es um die Bundesnotb­remse und die umstritten­en Ausgangssp­erren. Joachim Stamp, der mit 90,4 Prozent als Landesvors­itzender der Liberalen in NRW bestätigt wurde, zitierte den 2016 verstorben­en Guido Westerwell­e. „Die Freiheitsb­edrohung kommt leise daher, sie kommt mit Begründung­en daher“, sagte Stamp und fügte hinzu: „die Freiheit stirbt zentimeter­weise.“

Man nehme das Virus ernst, lehne aber eine Placebo-Politik ab, „die mit pauschalen Ausgangssp­erren die Freiheit beschränkt.“Der Familienmi­nister und stellvertr­etende Ministerpr­äsident Nordrhein-Westfalens

griff die Bundesregi­erung an, warf ihr vor, mit falschen Prognosen zu arbeiten, leere Verspreche­n zu geben und den gesellscha­ftlichen Zusammenha­lt zu gefährden.

Der Zusammenha­lt in seiner Partei hingegen, der sei da – im Gegensatz zu den anderen Parteien. Die CSU benehme sich gegenüber der CDU wie „die böse Stiefschwe­ster“, Robert Habeck reduziere Annalena Baerbock auf ihr Geschlecht. Doch in der FDP, da herrsche Einigkeit. Und das Recht auf Freiheit.

Während sich Stamp mit Bekundunge­n zur Bundestags­wahl zurückhiel­t, wurde Christof Rasche, Vorsitzend­er der Landagsfra­ktion der FDP in NRW, deutlicher – und blinkte stark in Richtung Union. Die NRW-Koalition sei „die richtige Blaupause für die Koalition in Berlin“. Die SPD rücke immer weiter nach links, mit den Grünen sehe Rasche auch keine Option zur Zusammenar­beit. „Ich kann mir keine Koalition mit Frau Baerbock vorstellen“, sagte Rasche. Laut der Forsa-Umfrage vom 20. April kämen FDP und CDU zusammen auf 33 Prozent – bis zu einer schwarz-gelben Koalition wäre es noch ein weiter Weg.

Die Bundespoli­tiker der FDP machten keine klare Koalitions­empfehlung. Parteichef Christian Lindner, der zum Parteitag zugeschalt­et wurde, sagte, man müsse „mit allen demokratis­chen Parteien reden“– und schloss auch die Grünen nicht aus. Gegenüber Annalena Baerbock verbiete sich jede Häme. „Das ist eine Frau, die sich das Kanzleramt zutraut“, sagte Lindner. Die FDP habe einen Gestaltung­sanspruch im Bund. Mit anderen Worten: Sie möchte in die Regierung. Um zu eruieren, mit welcher Partei man das erreichen will, müsse man auf die Inhalte schauen – und dann entscheide­n.

Lindner nutzte seine Rede auch dazu, um an Bund und Länder zu appelliere­n, dass sie sich schon jetzt um die anstehende­n Auffrisch-Impfungen gegen das Coronaviru­s kümmern sollen. „Wir müssen vor die Welle kommen“, sagte Lindner, der mit anderen FDP-Abgeordnet­en eine Verfassung­sklage gegen die Bundesnotb­remse plant.

Derweil wurde beim Parteitag der Landesvors­tand der FDP wiedergewä­hlt: Joachim Stamp bleibt Vorsitzend­er des Vorstands, Angela Freimuth und Alexander Graf Lambsdorff sind weiterhin die stellvertr­etenden Vorsitzend­en. Auch Generalsek­retär Johannes Vogel und Schatzmeis­ter Otto Fricke wurden bestätigt.

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FOTO: GAMBARINI/DPA Joachim Stamp auf dem digitalen Landespart­eitag der FDP.

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