Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

So süß kann Lärm klingen

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Rock Es ist so schön, dieses Power-Dröhnen wieder zu spüren: Die US-Band Dinosaur Jr. hat ein neues Album veröffentl­icht, es heißt „Sweep Into Space“, und es klingt wie immer. Die Stimme von J. Mascis schneidet durch dichten Lärmnebel, die Musiker verzieren ihre Wall of Sound mit Melodien, und die Atmosphäre ist ein klein bisschen luftiger als zuvor.

Es ist ganz eigenartig mit dieser Band, die 1987 und 1988 die majestätis­chen Alben „You’re Livin’ All Over Me“und „Bug“veröffentl­ichte und sich 1988 trennte. Seit ihrer Rückkehr 2005 haben sie mehr Platten veröffentl­icht als im alten Jahrtausen­d, sie haben nichts an ihrem Sound geändert, aber sie haben seither auch keine schlechte oder langweilig­e Produktion abgeliefer­t. Im Gegenteil: Alle waren gut bis sehr gut, und diese ist sogar super.

2019 haben J Mascis, Lou Barlow und Murph an dem Album zu arbeiten begonnen, Kurt Vile produziert­e, was man indes nicht hört, und im Lockdown 2020 haben sie die Aufnahmen fertiggest­ellt. Auf den Promobilde­rn trägt Mascis eine Jacke, die das Mode-Label Supreme für eine Sonderedit­ion mit einem Covermotiv der britischen Band My Bloody Valentine versehen hat. Man meint der neuen Platte den Flirt mit der Süße im Krach, um die es My Bloody Valentine ja immer ging, anzuhören. Man nehme nur den lieblichen Background-Gesang in „I Ain’t“oder die Sehnsucht in „To Be Waiting“. Oder das folkige „Garden“, das aus der Feder von Lou Barlow stammt, der die Ruhe-Etappen

zwischen den verschiede­nen Dinosaur Jr.-Inkarnatio­nen stilvoll bei der Band Sebadoh verbrachte. Seit dem Jahr 1984 gibt es Dinosaur Jr. nun schon, und sie haben es hinbekomme­n, dass neue Veröffentl­ichungen nicht wie Nachrichte­n aus einer vergangene­n Zeit klingen, sondern erhaben sind über vorübergeh­ende Moden und deshalb geradezu klassisch anmuten. Das fünfte Album nach der Wiedervere­inigung summt jedenfalls ganz wunderbar; das ist eine Klangkulis­se, in der man sich geborgen fühlt. Philipp Holstein

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