Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Abitur unter Corona-Bedingungen
Hannah Müssener und Ilyas Berg aus Hückeswagen machen in diesen Tagen ihren Abschluss am Wipperfürther St.-Angela-Gymnasium. Die Pandemie hat es den Abiturienten nicht leichter gemacht.
HÜCKESWAGEN/WIPPERFÜRTH Für die wohl meisten Schülerinnen und Schüler ist die Corona-Zeit eine Herausforderung. Der beständige Wechsel zwischen Präsenzund Distanzunterricht, die Testungen, der notwendige Abstand zu den Mitschülern – all das dürfte für die jungen Menschen nicht einfach zu verarbeiten sein. Wesentlich höhere Anforderungen müssen indes die Abschlussjahrgänge bewältigen. Schließlich zählen in den Abschlussprüfungen alle Noten insofern schwerwiegender, als dass sie die Grundlage für die Bewerbung um einen Studiums- oder Ausbildungsplatz bilden. Für die Abiturienten in NRW beginnen in diesen Tagen die schriftlichen Prüfungen, bis zum 7. Mai finden sie in den verschiedenen Fächern statt. Am 26. Mai ist die mündliche Prüfung.
Ilyas Berg und Hannah Müssener aus Hückeswagen besuchen beide die Q2 des St.-Angela-Gymnasiums in der Nachbarstadt. Der 18-jährige hat die Leistungskurse Deutsch und Kunst, seine 17-jährige Mitschülerin Deutsch und Mathe. Beide fühlen sich gut vorbereitet – trotz der schwierigen Corona-Bedingungen. Vor allem die beiden Wochen vor dem Beginn der Prüfungen seien sehr gut gewesen, versichert der 18-Jährige. „Der Endspurt hat, glaube ich, noch einmal viel gebracht. Denn wir haben uns da gemeinsam mit den Lehrern richtig in den Prüfungsfächern reingehängt.“Die 17-Jährige ergänzt: „Unsere Lehrer haben uns sehr motiviert – so nach dem Motto: Ihr schafft das schon! Ich fühle mich auch insgesamt gut vorbereitet.“
Als sie in die Abschlussklasse gekommen seien, habe sie noch nicht geglaubt, dass Corona die Welt so lange begleiten werde. „Da sind wir noch eher von einem halben Jahr oder so ausgegangen“, sagt Hannah Müssener. Man habe zwar mitbekommen, wie es dem Vorgänger-Jahrgang in den Prüfungen ergangen sei, und dass da durchaus nicht alles wirklich gut gelaufen sei, was die Vorbereitung angegangen sei. „Aber wir haben nicht geglaubt, dass wir das Abitur gegebenenfalls nicht schaffen würden“, sagt die Hückeswagenerin.
Mittlerweile sei Corona aber bei den Schülern auch beherrschendes Gesprächsthema, ergänzt ihr Mitschüler. „Wir sprechen da beinahe täglich drüber – auch ohne Bezug zum Abitur“, sagt Ilyas. Insgesamt sei die Stimmung zumindest bei ihm im Freundeskreis entsprechend
beeinträchtigt. „Man merkt schon, dass viele genervt sind. Es wird viel gemeckert.“Zwar sei das in ihrem Freundeskreis nicht so schlimm, versichert Hannah. „Ich glaube aber, dass das sehr unterschiedlich ist – und vielleicht auch typenabhängig.“
Dennoch sei es eine „irgendwie komische Zeit“, unterstreichen beiden. „Alle erzählen immer, wie toll die letzten Schulwochen so sind – uns fehlt das einfach komplett“, bedauert Hannah. Ilyas ergänzt: „Ich habe die Schulzeit, vor allem in der Oberstufe,
eigentlich sehr genossen. Jetzt fühlt man sich schon ein wenig um diese gemeinsame Zeit betrogen. Man geht einfach auseinander, ohne die Möglichkeit zu haben, sich vernünftig voneinander zu verabschieden.“Denn natürlich seien nicht nur die Abschlussfahrten dem Coronavirus zum Opfer gefallen, auch die Abiturfeier werde es in der üblichen Form nicht geben. „Wir haben gar nicht erst geplant, weil es ohnehin absehbar war, dass sie nicht wird stattfinden können“, sagt Ilyas.
Es werde zwar eine kleine Feier zur Zeugnisübergabe geben, allerdings nur im ganz kleinen Rahmen mit den Eltern. „Wir hatten in einem Kurs auch überlegt, ob wir uns mal zum Grillen treffen könnten, aber letztlich hat das niemand in die Hand genommen“, sagt Hannah. Eine Wiederholung der Feier sei ebenfalls zumindest zum jetzigen Zeitpunkt nicht geplant.
Da bleibt also nur der Blick nach vorne in Richtung Beruf. Für Ilyas ist der Weg klar: „Ich möchte gerne in Köln Lehramt auf Grundschule studieren.“Somit werde er sich auch direkt zum Wintersemester an der Universität der Domstadt einschreiben. Weniger klar ist die Richtung für Hannah. „Ich mache jetzt ein Freiwilliges Ökologisches Jahr an der Nordsee. Das hat aber nichts mit Corona zu tun, ich hatte das schon vor zwei oder drei Jahren geplant“, sagt sie. Was dann komme, wisse sie noch nicht genau. „Vielleicht Maschinenbau – irgendetwas Technisches könnte ich mir vorstellen.“
„Man fühlt sich schon ein wenig um die gemeinsame Zeit betrogen“
Ilyas Berg Abiturient