Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Ein Stückchen heile Welt
Auf dem Wochenmarkt herrscht reger Betrieb. Die Händler und Kunden sind positiv gestimmt und trotzen der düsteren Pandemie.
RADEVORMWALD Wenn man die Masken, die alle Menschen tragen, übersieht, könnte man meinen, alles ist wie immer. Auf dem Wochenmarkt in Radevormwald herrscht um 10 Uhr reger Betrieb. Den Samstagmorgen nutzen Bürger, um frische Lebensmittel einzukaufen, das schöne Wetter auszukosten und an geliebten Traditionen festzuhalten. Der Gang auf den Wochenmarkt ist eine Tradition, die von der Pandemie nahezu unberührt geblieben ist und genau deswegen ist der Bummel von Stand zu Stand im Moment so beliebt.
Dirk Schumacher kommt mit seinem Tapas-Stand „Little Fritter“seit einem halben Jahr auf den Wochenmarkt und ist positiv von der freundlichen Atmosphäre und der Kaufkraft in der Rader Stadtmitte überrascht. „Der regelmäßige Ausflug ins Bergische lohnt sich für mich. Die Kunden sind gelassen und eigentlich ist auf dem Markt immer viel los“, sagt der Markthändler, der viele selbstgemachte Brotaufstriche und frisch gebackenes Brot verkauft. „Wochenmärkte boomen, weil hier besser Abstand gehalten werden kann. Die Menschen fühlen sich an der frischen Luft sicherer und müssen sich weniger Gedanken über Kontaktflächen, wie zum Beispiel den Einkaufswagen machen.“
Den Tapas-Stand soll es bald auf dem Rader Feierabendmarkt geben, sobald der wieder eröffnet. Dirk Schumacher kommt in Radevormwald regelmäßig mit Kollegen ins Gespräch. Er und Heinz Schier sind sich einig, dass die Kunden großzügiger und den Produkten gegenüber wertschätzender geworden sind. „Ich habe noch nie so viel Trinkgeld bekommen, wie in der aktuellen Krise. Meine Kunden sind dankbar für den Service und die frischen Produkte. Auf dem Markt können sie Neues entdecken und in gelassener Atmosphäre einkaufen“, sagt der Düsseldorfer. Heinz Schier verkauft Pflanzen, Gemüse zum selber anbauen und Schnittblumen. Beliebt ist der Pflücksalat „Crispy“, für den sich auch Kunde Alois Schrand entscheidet.
Der Unternehmer Heinz Schier freut sich über das Kaufverhalten, das sich auf einem hohen Niveau eingependelt hat. „Nach Ostern gab es aufgrund der Kälte einen kurzen Einbruch, aber jetzt ist der Markt wieder sehr gut besucht. Früher haben die Kunden nach dem Preis entschieden, seit der Krise geht es mehr um Qualität und Nachhaltigkeit. Das Einkaufsverhalten ist bewusster geworden.“Dass die Bürger dankbar für den Wochenmarkt sind und ihn als einen essentiellen Teil der Grundversorgung wahrnehmen und nutzen, bestätigt auch Tomasz Szurek. Er beliefert den Markt mit frischem Obst und Gemüse und steht mit seinem Marktstand direkt gegenüber von Heinz Schier. „Eigentlich werden die Menschen nur ungeduldig, wenn sehr viel los ist. Dann müssen wir sie manchmal an den Mindestabstand erinnern. An die Maskenpflicht haben sich mittlerweile alle gewöhnt. Grundsätzlich ist die Stimmung aber gelassen“, sagt er.
Zu der Grundversorgung des Marktes gehört auch der Marktstand Kartoffel Sieg. „Am Anfang der Pandemie war hier überdurchschnittlich viel los, weil die Kunden verunsichert waren und Supermärkte meiden wollen. Der große Boom ist zurückgegangen, aber wir merken die erhöhte Nachfrage immer noch“, sagt Janine Johannes.
Trotz der Maskenpflicht und den Mindestabständen wird auf dem Wochenmarkt geplauscht und gelacht. Diese Sorglosigkeit mitten in einer Pandemie tut gut. Eva und Frank Mores wandern jeden Samstag
aus der Ortschaft Herbeck in die Stadtmitte, um auf dem Marktplatz einzukaufen. Diese Wanderung und der Gang über den Markt ist ein Ausgleich zu den vielen Einschränkungen, die es aufgrund der Pandemie gibt. „Diese Tradition hatten wir schon vor der Krise, aber jetzt genießen wir sie noch ein bisschen mehr“, sagt Frank Mores. Er und seine Frau kaufen meistens frisch ein. „Das Fleisch vom Markt hat eine bessere Qualität und darauf legen wir wert. Auf dem Markt ist eigentlich immer etwas los, aber der Rest der Innenstadt ist heute sehr leer“, sagt Eva Mores.