Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Weltenbummler Jens Jockel auf Jobsuche
Der ehemalige Conifa-Funktionär aus Lennep hat mit vier Mitstreitern eine Agentur für Fußballer gegründet.
REMSCHEID Im Sommer 2019 kehrte Jens Jockel als Präsidiumsmitglied der Conifa, dem Weltverband der nicht in der FIFA organisierten Staaten, von einer umjubelten EM zurück. In der Republik Arzach im Südkaukasus hatte der Lenneper erlebt, welche Kraft und Begeisterung internationaler Austausch unter Fußball-Zwergen auslösen kann. Als sich Jockel kurz danach mit uns im Rotationscafé traf, glaubte er an bessere Zeiten für die in der Milliarden-Maschinerie des Fußballs wenig beachtete Konföderation der unabhängigen Verbände.
Die Conifa (Confederation of Independent Football Associations) eint Staaten und Volksgruppen ohne internationale Anerkennung, Mikronationen, isolierte Regionen, ethnische und religiöse Minderheiten sowie indigene Völker. Die nächste WM der Conifa sollte 2020 erst in Somaliland stattfinden, wurde dann nach Skopje in Nordmazedonien verlegt. Die Pandemie durchkreuzte die Pläne. Deren spätere Umsetzung begleitet Jens Jockel nicht mehr aktiv mit.
Der 31-jährige Remscheider hat kennengelernt, dass Richtungskämpfe nicht nur die allmächtige FIFA prägen. Anfang 2020 sei es auf dem Annual Meeting der Conifa auf der Kanalinsel Jersey zum Eklat gekommen, schildert Jockel, der zu dem Zeitpunkt im Vorstand den asiatischen Kontinent betreute. Es ging um einen Kurswechsel im Verband, der finanziell potentere Kandidaten bevorzugen sollte.
Generalsekretär Sascha Düerkop, ein Rheinländer, verließ mit einem Teil seiner Unterstützer im April vergangenen Jahres die angeschlagene Conifa. Darunter auch Jens Jockel. Bereut hat er seinen Austritt nicht. „Es war die richtige Entscheidung. Die Conifa liegt in Trümmern. Viele Länder und Teams haben sich verabschiedet.“Knapp 20 haben sich einem neuen Verband angeschlossen, der sich Wufa (World Unity Football Alliance) nennt. Das hehre Anliegen, Menschen, Ländern und Völkern auf dem Fußballplatz abseits des Big Business vernünftige
Strukturen zu geben, beflügelt diese Spaltung nicht.
Jens Jockel schließt nicht aus, dass er später mit der im Aufbau begriffenen Wufa zusammenarbeitet, tendiert aber mit vier Mitstreitern in eine unabhängigere Richtung. Er ist Mitgründer der Midfield Generals, deren erstes Lebenszeichen sich momentan, Corona geschuldet, auf einen professionellen Internetauftritt beschränkt. „Wir haben Schnittmengen mit der Conifa, sehen uns aber als Fußball-Agentur und Berater. Bei uns gibt es keine Vereinsmeierei.“Die Mittelfeld-Regisseure bestehen neben Jens Jockel aus Sascha Düerkop, Oscar Mussons, Paul Watson und Noah Wheelock. Allesamt
Fußball-Verrückte mit einer romantischen Ader.
Wer nachlesen will, welcher Spirit sie antreibt, der muss zu Paul Watsons äußerst unterhaltsamem Buch „Up Pohnpei“greifen, in dem der Brite schildert, wie er als unbeleckter Jung-Trainer auf einer einsamen Pazifikinsel das Nationalteam von Pohnpei (Mikronesien) zu seinem ersten Länderspiel in Guam führte.
Die Midfield Generals wollen gerne 2022 den Austronesian Cup auf den Weg bringen, der dem hawaiianischen Fußball als Gastgeber eine internationale Bühne bescheren soll. „Wir haben viele Visionen, aber aktuell ist einfach alles, schwierig zu planen“, räumt Jockel ein.
Ein Beispiel wäre die jesidische Gemeinde in Deutschland. Viele Jesiden kamen erstmals in den 1960er Jahren im Rahmen der Anwerbung türkischer Arbeitskräfte nach Deutschland. „Sie wollen fußballerisch internationale Kontakte gründen und Freundschaftsspiele planen. Dabei können wir als Midfield Generals helfen.“
Jens Jockel, der einen Studienabschluss in Fußballmanagement besitzt, sich in Spielanalyse und Scouting weiterbildete und gerne einen Trainerschein machen möchte, muss schauen, dass er mit über 30 Jahren beruflich ankommt. Die Conifa öffnete ihm Türen, durch die Welt zu reisen, seinen Lebensunterhalt konnte er mit dem Verbandsposten nicht bestreiten. Um Kontakte und Portfolio zu erweitern, war Jens Jockel Anfang des Jahres zwei Monate in Tansania. Er lernte die dortigen Spitzenclubs Simba SC, Young Africans FC und Azam FC kennen, streckte seine Fühler aus.
„Den tansanischen Vereinsfußball kann man durchaus in der Top 10 Afrikas ansiedeln“, meint Jockel, der, wenn daheim, noch in der elterlichen Wohnung in Lennep lebt. In Tansania später als Spielanalyst, Scout oder Sportdirektor zu arbeiten, könnte er sich vorstellen, tendiert aber mehr dazu, in Europa in dieser Richtung Fuß zu fassen. Der Balkan würde ihn reizen. „Ich halte mir da alle Optionen offen. Ich werde in Ruhe Gespräche führen und dabei auf meine Intuition vertrauen.“