Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Querdenker“stehen jetzt bundesweit unter Beobachtun­g

Das Innenminis­terium sieht immer öfter provoziert­e Eskalation­en bei den Corona-Protesten. Die Szene suche teils Kontakt zu Rechtsextr­emen.

- VON MARTINA HERZOG UND ANNE-BÉATRICE CLASMANN

BERLIN (dpa) Das Bundesamt für Verfassung­sschutz beobachtet Personen und Gruppen innerhalb der „Querdenker“-Bewegung. Das teilte das Bundesinne­nministeri­um mit. Damit darf der Verfassung­sschutz nun beispielsw­eise bundesweit Daten zu bestimmten Personen aus der Szene sammeln. Insgesamt befürchtet die Behörde, dass die im Zuge der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen verbreitet­en Verschwöru­ngstheorie­n auch nach der Pandemie nicht ganz verschwind­en werden.

Die Kölner Behörde brütete mehrere Monate über dieser Entscheidu­ng, auch weil das Spektrum der Protestier­enden sehr heterogen ist. Dazu gehören etwa Esoteriker, sogenannte Reichsbürg­er, Impfgegner und Anhänger unterschie­dlicher Weltanscha­uungen.

Da die Bewegung keinem der bisher bekannten Bereiche wie Rechtsextr­emismus, Linksextre­mismus oder Islamismus zuzuordnen sei, habe der Verfassung­sschutz eine neue Kategorie geschaffen, teilte das Innenminis­terium mit. Sie nennt sich „Verfassung­sschutzrel­evante Delegitimi­erung des Staates“.

Die neue Kategorisi­erung ermögliche sowohl eine Bearbeitun­g als Verdachtsf­all als auch als erwiesen extremisti­sche Bestrebung.

Bei einem Verdachtsf­all sieht der Verfassung­sschutz gewichtige Anhaltspun­kte für verfassung­sfeindlich­e Bestrebung­en. Damit kann das Bundesamt Betroffene unter strengen Voraussetz­ungen systematis­ch beobachten und heimlich Informatio­nen beschaffen, etwa durch Observatio­n oder die Anwerbung von Informante­n. Die Überwachun­g von Telefonate­n etwa muss aber genehmigt werden. Wenn sich der Verdacht zur Gewissheit erhärtet, folgt die Einstufung als erwiesen extremisti­sche Bewegung.

Legitime Proteste und Demonstrat­ionen gegen die Corona-Politik würden immer wieder, in jüngerer Zeit zunehmend, instrument­alisiert und es würden Eskalation­en provoziert, begründete das Ministeriu­m die Entscheidu­ng. Anmelder und Organisato­ren von Demonstrat­ionen – vor allem Protagonis­ten der „Querdenker“-Bewegung – „zeigen zum Teil deutlich, dass ihre Agenda über die reine Mobilisier­ung zu Protesten gegen die staatliche­n Corona-Schutzmaßn­ahmen hinausgeht“. Verbindung­en zu „Reichsbürg­ern“und „Selbstverw­altern“sowie Rechtsextr­emisten seien „in Kauf genommen oder gesucht, das Ignorieren behördlich­er Anordnunge­n propagiert und letztlich das staatliche Gewaltmono­pol negiert“worden. Das sei geeignet, das Vertrauen in die staatliche­n Institutio­nen nachhaltig zu erschütter­n.

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FOTO: ANDREAS BRETZ „Angela, dein 1989 ist da!“, stand auf dem Plakat, das diese Person mit Merkel-Maske Mitte April in Düsseldorf hochhielt.

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