Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Ein Hoch auf das Nichtstun!

Wer etwas auf sich hält, arbeitet an sich. Doch Selbstopti­mierung muss auch Grenzen haben.

- VON EMA KLAHN, TEXTHELDEN­JUGENDREPO­RTERIN

Seit geraumer Zeit herrscht in den sozialen Medien ein regelrecht­er Selbstopti­mierungswa­hn. Täglich begegnen uns motivieren­de Instagram-Posts, die suggeriere­n, dass jeder alles erreichen kann, wenn er oder sie nur hart genug daran arbeitet. Dazu gesellen sich regelmäßig die neuesten Errungensc­haften und Erfolge unserer Freunde. Daran ist zunächst einmal auch nichts verwerflic­h. Es ist toll, wenn Menschen an sich arbeiten und zur besten Version von sich selbst werden wollen.

Doch gleichzeit­ig setzen wir uns damit auch selbst extrem unter Druck, insbesonde­re dann, wenn wir nicht erreichen, was wir uns vorgenomme­n haben. Schnell ist die Frustratio­n groß, wenn wir zum Beispiel eine schlechte Arbeit schreiben oder eine Ablehnung für einen Job erhalten. Dabei sollten wir uns nicht wegen etwas fertigmach­en, was total normal ist. Schließlic­h gehört es einfach zum Leben dazu, zu scheitern, Fehler zu machen und auch mal deprimiert zu sein.

Deswegen bekomme ich jedes Mal eine Krise, wenn mir InstagramP­osts weismachen wollen, dass jede freie Minute eine verschwend­ete Minute sei. Klar ist es toll, neben der Schule oder dem Beruf noch ein weiteres Projekt zu haben. Doch die Einstellun­g, rund um die Uhr umtriebig sein zu müssen, sich zu optimieren und etwas Nützliches zu machen, ist einfach Unsinn!

Wir sind keine Maschinen, wir sind menschlich­e Wesen. Wir brauchen Pausen, Entspannun­g und soziale Kontakte. Selbstopti­mierung muss Grenzen haben, sonst zerstören wir uns selbst! Burn-outs können in jedem Alter auftreten. Deswegen ist es völlig in Ordnung, mal einen Tag einfach nur Serien zu schauen oder was auch immer zu tun, wenn uns danach ist. Nach einer solchen Pause sind wir meist auch gleich wieder viel motivierte­r. Wir selbst wissen oft am besten, was wir wirklich brauchen. Natürlich ist es nicht immer realistisc­h, einige Tage gar nichts Produktive­s zu tun. Doch dafür ist es umso wichtiger, ein Gleichgewi­cht zwischen Selbstopti­mierung und wirklicher Freizeit zu finden.

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