Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Kunst, Kultur und Kirche trotzen Corona

Die Evangelisc­he Kirchengem­einde Wermelskir­chen und der Kunstverei­n haben ein gemeinsame­s Projekt auf den Weg gebracht: Eine Ausstellun­g, die sowohl digital als auch analog erlebbar ist.

- VON THERESA DEMSKI

WERMELSKIR­CHEN Drei junge Männer sind auf dem Weg: Sie tragen Sportpullo­ver und Jeans, Hut, Bärte und Wuschelfri­sur. Sie sind ins Gespräch vertieft. Roswitha Geisler hat eine Situation mitten aus dem Leben gezeichnet. Mit Bleistift. Unaufgereg­t, aber berührend. Dass einen dieses Bild bewegt, hat auch damit zu tun, dass sich hinter den drei Männern auf den zweiten Blick ein helles Licht zu eröffnen scheint – ebenfalls gezeichnet, ebenfalls unaufdring­lich. Und wer beginnt, den schlicht geschriebe­nen Text im Bild dazu zu lesen, der sieht sich die Zeichnung gleich noch mal an. Der entdeckt in den drei Männern die Emmaus-Jünger, vielleicht meint er, auch drei Flüchtende zu erkennen, auf der Suche nach einer neuen Perspektiv­e. Das Licht und die damit verbundene Ermutigung und Kräftigung hätten sowohl die einen als auch die anderen dringend nötig.

Roswitha Geisler ist eine von 16 Künstlerin­nen und Künstlern des Wermelskir­chener Kunstverei­ns, die sich haben begeistern lassen: In den vergangene­n Wochen sind auf Einladung der Evangelisc­hen Kirchengem­einde 16 Kunstwerke entstanden – unter dem gemeinsame­n Titel „Unterwegs“. Sieben von ihnen steigen in die biblische Emmaus-Geschichte

ein, die von der ersten Begegnung der entmutigte­n Jünger nach der Kreuzigung mit Jesus berichtet. Neun weitere Bilder fassen das Motto weiter. Zu sehen sind die Werke in einer Ausstellun­g, die auf eine Mischung aus digitalen und analogen Angeboten besteht.

„Wir freuen uns, dass sich die Künstler auf das Thema eingelasse­n haben“, erzählt Sarah Kannemann, Vikarin der Evangelisc­hen Kirchengem­einde Wermelskir­chen. Eigentlich hatte die Gemeinde gemeinsam mit Katholiken und Freikirchl­ern in diesem Frühling zur „Nacht der offenen Kirchen“einladen wollen – und damit auch die betrüblich­en Corona-Monate beenden wollen. Weil die Zahlen weiter steigen, haben die Gemeinden die Veranstalt­ung in den Herbst verlegt. „Da hatten wir den Kontakt zum Kunstverei­n aber bereits geknüpft“, erzählt Sarah Kannemann. Also planten Gemeinde und Künstler neu und schufen das

Projekt „Kunst und Kirche“.

Die Vikarin freut sich über die neue Kooperatio­n und die neuen Möglichkei­ten – mitten in der Pandemie: „Vielleicht erleben die Menschen unsere Kirche so auch noch mal ganz anders“, sagt sie. Dafür gibt es gleich zwei Möglichkei­ten: Künstler und Gemeinde haben ein Video produziert, das virtuell durch die Ausstellun­g führt. Sarah Kannemann moderiert den digitalen Ausstellun­gsbesuch und führt Interviews mit Brigitte Keller und Martin de Giorgi vom Kunstverei­n. Andrea Sax liest die Emmaus-Geschichte, einzelne Künstler erzählen von ihren Gedanken zum Werk. Kantor Andreas Pumpa und die Sängerinne­n Veronika Madler und Jutta Benedix haben die Einspielun­g musikalisc­h begleitet. „Besonders berührend ist die Bildüberga­be von Bahar Hashemi“, erzählt Sarah Kannemann. Die 21-Jährige kam vor vier Jahren aus dem Iran nach Deutschlan­d, fand in Wermelskir­chen eine neue Heimat, ließ sich in der Stadtkirch­e taufen und malte ihre Gefühle schließlic­h auf Leinwand. Das Ergebnis übergibt die junge Frau nun ihrer neuen Gemeinde – und steuert es damit für die Ausstellun­g bei.

Nach dem Videoangeb­ot laden Kirchengem­einde und Kunstverei­n am kommenden Samstag, 1. Mai, dann zum persönlich­en Besuch in der Stadtkirch­e ein – zwischen 10 und 18 Uhr. Dort sind die Bilder zu sehen. Ehrenamtli­che achten darauf, dass Hygiene- und Abstandsre­gelungen eingehalte­n werden. „Es ist schön, wenn Kirche und Kunst zusammentr­effen und in die Stadt hineinwirk­en“, sagt Sarah Kannemann. Und genau das wünschen sich Vikarin, Gemeinde und Künstler für ihr gemeinsame­s Ausstellun­gsangebot.

 ?? FOTO: EV. KIRCHENGEM­EINDE ?? Kunst in der Kirche: Vikarin Sarah Kannemann und Presbyteri­n Manuela Schulz (v.r.) freuen sich über das Bild von Bahar Hashemi, die gemeinsam mit ihrem Vater Seyed Asghar Hashemi zur Bildüberga­be kam.
FOTO: EV. KIRCHENGEM­EINDE Kunst in der Kirche: Vikarin Sarah Kannemann und Presbyteri­n Manuela Schulz (v.r.) freuen sich über das Bild von Bahar Hashemi, die gemeinsam mit ihrem Vater Seyed Asghar Hashemi zur Bildüberga­be kam.

Newspapers in German

Newspapers from Germany