Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Alternativ­es Programm statt Kinderdorf

Nach 2020 wird auch es auch in diesem Jahr kein Kinderdorf geben – Stadtjugen­dpflegerin Andrea Poranzke ist die Lage zu unsicher, um jetzt für den Zeitraum 26. Juli bis 6. August planen zu können. Ein Ferienange­bot gibt’s dennoch.

- VON STEPHAN BÜLLESBACH

HÜCKESWAGE­N Mitte März hatten sie noch gehofft, dass es für ein normales Kinderdorf in der vierten und fünften Woche der Sommerferi­en reicht. Sicherheit­shalber hatte das Team des Jugendzent­rums ( Juze) am Anmeldetag jedoch abgefragt, ob die Eltern ihre Kinder auch für ein alternativ­es Programm ins Jugendzent­rum schicken würden, sollte die Corona-Pandemie dann kein Kinderdorf zulassen. Bei 65 der 66 angemeldet­en Kindern hatten deren Eltern kein Problem damit, versichert Andrea Poranzke.

Der Optimismus der Stadtjugen­dpflegerin hat nun doch einen Dämpfer erhalten, denn sie hat das Kinderdorf abgesagt. Zum zweiten Mal hintereina­nder. „Es wird kein Kinderdorf in der üblichen Form geben“, berichtet Andrea Poranzke auf Anfrage unserer Redaktion. „Aus heutiger Sicht ist mir das zu unsicher.“Denn spätestens jetzt müssten sie und ihr Team unter anderem die Werkstätte­n und das gemeinsame Essen planen. Doch bei weiterhin hohen Corona-Fallzahlen war das einfach nicht drin. Was blieb, war die Absage, „denn ich möchte kein halbes Kinderdorf machen“, betont die Stadtjugen­dpflegerin.

Doch sie wäre nicht Andrea Poranzke, hätte sie nicht einen Plan B in der Tasche: Vom 26. Juli bis 6. August wird es anstelle des Kinderdorf­s ein alternativ­es Ferienprog­ramm geben: montags bis freitags jeweils von 10 bis 16 Uhr, Mittagesse­n inklusive. „Soweit ist es identisch mit dem Kinderdorf, der Inhalt ist jedoch ganz anders“, betont sie.

In diesen beiden Ferienwoch­en wird es Workshops geben – „Produziere deinen Song“, „Radio/Hörspiel“, „Speckstein“, „Nähen und Kunst“, „Beats und Bizeps“, „Glas“sowie „Zirkus“. Pro Workshop sind zehn Kinder zugelassen, so dass insgesamt 70 Jungen und Mädchen mitmachen können. Vier Kinder können somit noch angemeldet werden (s. Info-Kasten); der Preis für die beiden Wochen beträgt 110 Euro. Das Jugendzent­rum hat am Mittwoch Post an alle bereits angemeldet­en Kinder verschickt mit Informatio­nen und der Bitte, sich für zwei Workshop zu entscheide­n.

Jeder Workshop ist sozusagen eine eigene Blase: Die zehn Kinder und ihre Betreuer bleiben während der beiden Wochen zusammen, haben keinen Kontakt zu den anderen, haben ihren eigenen, abgetrennt­en Bereich mit Außengelän­de und Toilette, und es wird auch nur innerhalb der jeweiligen Werkstatt gegessen. Das Essen wird daher von außerhalb angeliefer­t. „Einen Tod mussten wir sterben“, gesteht Andrea Poranzke Denn das sei nicht gerade umweltfreu­ndlich, „weil wir doch viel Müll produziere­n“. Dennoch wolle man das Beste aus der Situation machen.

Sollte sich die Corona-Situation bis zu den Sommerferi­en entspannen und es Lockerunge­n geben, schließt Andrea Poranzke nicht aus, dass weitere Kinder nachgemeld­et werden können – das wäre dann „Plan C“. „Und es wäre schön, wenn die Kinder nicht die ganze Zeit mit Maske herumlaufe­n müssten.“

Auf Bedauern stößt die Entscheidu­ng auch beim Bürgermeis­ter. „Leider lässt uns die Corona-Pandemie

keine andere Wahl“, macht Dietmar Persian deutlich. Natürlich sei es überhaupt nicht schön, wenn das Kinderdorf zum zweiten Mal in Folge nicht in gewohnter Weise stattfinde­n könne. Sei es doch jedes

Mal ein ganz besonderes Highlight für die Kinder in Hückeswage­n, die tolle Möglichkei­ten hätten, neue Dinge zu entdecken und auszuprobi­eren und viel Spaß mit anderen Kindern zu haben.

„Aber wir wollen nicht traurig sein über das, was nicht geht, sondern das machen, was möglich ist“, stellt er klar. Darum freut er sich, dass das Juze-Team wieder ein Alternativ­programm anbietet. „Auch wenn längst nicht so viele teilnehmen können, wie beim Kinderdorf, ist es für eine Reihe von Kindern doch eine gute Alternativ­e“, versichert der Bürgermeis­ter. „Denn es ist gerade jetzt wichtig für die Kinder, sich mit anderen treffen zu können.“Und für die Familien bedeute es natürlich auch eine Entlastung, die nicht zu unterschät­zen sei. Die Corona-Regeln würden eingehalte­n, sagt er zu.

Derweil hat Andrea Poranzke ihren Optimismus wiedergefu­nden. Mit dem Rückblick auf das Rekordjahr 2019, als etwas mehr als 200 Jungen und Mädchen über das Gelände der Mehrzweckh­alle wuselten, sagt sie: „Nächstes Jahr werden wir richtig durchstart­en.“Wenn dem so wäre, wäre das ein gutes Zeichen. Würde es doch bedeuten, dass die Corona-Krise ein Ende gefunden hat.

 ?? FOTO: PORANZKE (ARCHIV) ?? Beim Genuss- und Kreativ-Workshop bereiteten die Kinder im vorigen Jahr während des alternativ­en Ferienprog­ramms Leckereien her.
FOTO: PORANZKE (ARCHIV) Beim Genuss- und Kreativ-Workshop bereiteten die Kinder im vorigen Jahr während des alternativ­en Ferienprog­ramms Leckereien her.

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