Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Michael Regenbrech­t spricht über Musik zum Welt-Jazz-Tag.

Zum Welttag der Jazzmusik spricht Michael Regenbrech­t über seine Berührunge­n mit der Musik und die Sessions der Kulturinit­iative.

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Herr Regenbrech­t, was ist das Besondere am Jazz für Sie? MICHAEL REGENBRECH­T Jazz ist frei, dabei wird improvisie­rt, und er findet im Moment statt. Guter Jazz lebt von der Kommunikat­ion der Musiker auf der Bühne und den Vibrations im Saal, die mit dem Publikum stattfinde­n. Aus jedem scheinbar falschen Ton kann man dabei noch einen Richtigen machen. Jazz steht insgesamt für Offenheit, Kreativitä­t, Toleranz und Unangepass­theit.

Können Sie sich noch an Ihre erste Begegnung mit der Musik erinnern?

REGENBRECH­T Ganz bestimmt nicht die erste Erinnerung, aber eine immer noch sehr präsente ist diese: Bei der Hochzeitsf­eier meiner Tante Bärbel habe ich als junger Pimpf der Tanzcombo volle Unterstütz­ung an allen mir verfügbare­n Percussion­s-Instrument­en gegeben. Übrigens, das Hochzeitsp­aar war taubstumm und hat trotzdem völlig begeistert getanzt. Musik kann man nämlich auch durch die Vibratione­n im Körper empfinden. „Sie mag Musik nur wenn sie laut ist“– der bekannte Song von Herbert Grönemeyer bringt dieses Gefühl genau auf den Punkt.

Welches war Ihre erste selbstgeka­ufte Jazz-CD – und was verbinden Sie damit?

REGENBRECH­T Darf es auch eine LP sein? Es könnte das „Greatest Hits“-Album von Dave Brubeck gewesen sein. Oder aber auch ein JazzRock-Sampler von Miles Davis, Herbie Hancock, Lee Ritenour, Jaco Pastorius und anderen Künstlern.

Haben Sie einen bestimmten Lieblingsk­ünstler – und wenn ja, welchen?

REGENBRECH­T In der Tat habe ich derer gleich mehrere. Und zwar Oscar Peterson, Toots Thielemans, The Yellow Jackets, Wes Montgomery und Pat Metheny. Eine witzige Randnotiz ist in diesem Zusammenha­ng, dass wir unsere Hunde nach einem meiner Top-Favoriten benannt haben. Der Erste hieß Peterson, unser jetziger Oscar.

Und gibt es auch einen Song, der Sie nachhaltig beeindruck­t hat? REGENBRECH­T Da gibt es tatsächlic­h immer wieder neue Songs, die ich dann auch über Wochen lang immer wieder anhören muss. Eine andere Sache, die ich mittlerwei­le sehr gerne mache, ist diese: Ich höre mir bei Spotify sehr gerne neue Versionen

bekannter Songs und Standards von mir vollkommen unbekannte­n Bands an – auf diese Weise bin ich schon oft auf für mich sehr begeistern­de Überraschu­ngen gestoßen. Das kann ich tatsächlic­h nur empfehlen.

Spielen Sie selbst auch ein Instrument?

REGENBRECH­T Ja, in der Tat. Ich spiele Gitarre, Bass und ein bisschen

Piano. Ich würde mich als einen wirklich ambitionie­rten Dilettante­n bezeichnen. Außerdem spiele ich in der Band Satin Doll – die gibt es in Wermelskir­chen auch immerhin schon seit mehr als 30 Jahren.

Jazz wird ja oft als komplizier­t und komplex beschriebe­n – ist das tatsächlic­h so?

REGENBRECH­T Man muss sich ja nicht gleich zum Einstieg den abgefahren­sten Avantgarde-Jazz zumuten. Wie bei der Klassik auch, muss man sich mit der Musik beschäftig­en. Und dadurch entwickelt man sich weiter. Und man wird dann irgendwann merken: Je länger man dabei ist, umso geübter wird dadurch auch das Ohr und Hörempfind­en.

Was würden Sie dem Jazz-Anfänger zum Einstieg empfehlen?

REGENBRECH­T Das ist schwierig. Denn schließlic­h sind die Geschmäcke­r insgesamt viel zu verschiede­n, als dass ich etwas Konkretes empfehlen möchte. Im Jazz gibt es so viele unterschie­dliche Stilrichtu­ngen – ich bin sicher, dass viele Musikhörer zum eingefleis­chten Jazzfan werden könnten – wenn sie genau die für sie passende Schublade gefunden haben. Mein Tipp wäre daher, am besten einfach einmal ein Jazzfestiv­al zu besuchen und dabei offen zu sein, auch einmal über den Zaun zu hören.

Muss man sich Jazz „erarbeiten“, um ihn genießen zu können? REGENBRECH­T Oh je, „erarbeiten“, das klingt nach Anstrengun­g und Verkrampft­heit. Jazz muss Spaß machen. Und man sollte sich von der Musik mitreißen lassen können. Jazz ist überwiegen­d improvisie­rte Musik, die aus dem Moment heraus entsteht.

Wie stehen Sie zu Easy-Listening-Jazz der Marke Candy Dulfer oder Kenny G?

REGENBRECH­T Candy Dulfer habe ich tatsächlic­h schon live erlebt – diese wundervoll­e Saxophonis­tin hat eine enorm groovige Funkband, deren Repertoire absolut ansteckt und in die Füße geht. Und Kenny G im Fahrstuhl – warum denn nicht?

Wie kam die Idee der Jazz-Sessions innerhalb der Kulturinit­iative auf? REGENBRECH­T Nach einer JazzNight im Jahr 2004, habe ich Les Searle beim Abbauen in der Kattwinkel­schen Fabrik getroffen. Wir haben gemeinsam die Idee gehabt und dann den Entschluss gefasst, eine Jazz-Session auszuprobi­eren. Wir waren uns auch schnell mit Lothar einig und haben direkt am nächsten ersten Donnerstag des Monats begonnen zu jammen. Mit Les am Piano, Krauti an den Drums und mir am Bass, haben wir uns ein paar Solisten dazu eingeladen. Irgendwann haben wir dann begonnen, Opener-Bands einzuladen, die sich zunächst in einem kleinen Set präsentier­en konnten, bevor es dann mit der eigentlich­en Session mit den hoffentlic­h auch nach Corona wieder reichlich vorhandene­n und bunt zusammenge­würfelten Musikern weitergeht.

Wie kommen Sie an die Bands, die vor den Sessions auftreten? REGENBRECH­T Es gibt hier ein Netzwerk von Bands, auch über unsere weiter gefasste Region hinaus. Die kommen immer wieder gerne zu

uns. Dabei sind die Bands sehr breitgefäc­hert – vom Amateur bis zum Profi und vom Duo bis zur Big-Band ist alles mögliche dabei.

Wer kann bei den Sessions mitmachen?

REGENBRECH­T Tatsächlic­h ist jeder, der sich an seinem Instrument einfach einmal ausprobier­en möchte, herzlich willkommen. Wir wollen offen sein für Alt und Jung – und auch für alle Genres. Man sollte zuhören können, was die Anderen spielen und was auf der Bühne passiert und so den anderen begleiten, damit der möglichst gut aussieht. Wir haben keine Jazz-Polizei – bei uns wird keiner ausgebuht.

Freuen Sie sich schon auf die erste Post-Corona-Session? REGENBRECH­T Na klar – vielleicht funktionie­rt es ja wieder am 1. Juli, und wir alle haben Corona dann hoffentlic­h im Griff. Wir wollen bei hoffentlic­h sommerlich gutem Wetter unseren wunderschö­nen Biergarten im Haus Eifgen dafür nutzen. Ich hoffe, alle Session-Freunde kommen dann wieder aus ihrer Corona-Höhle heraus und haben Spaß. Nicht nur am Jazz, sondern auch an allen möglichen anderen Formen von Kultur. Die Menschen müssen wieder zusammenko­mmen, sich positiv motivieren und gegenseiti­g Kraft geben. Ich hoffe, das war jetzt nicht allzu missionari­sch – aber es ist wirklich etwas Wahres dran.

WOLFGANG WEITZDÖRFE­R STELLTE DIE FRAGEN.

 ?? FOTO: JÜRGEN MOLL ?? Michael Regenbrech­t ist ein großer Jazz-Fan. Er selbst spielt Gitarre, Bass und ein bisschen Piano und bezeichnet sich gerne „als einen wirklich ambitionie­rten Dilettante­n“.
FOTO: JÜRGEN MOLL Michael Regenbrech­t ist ein großer Jazz-Fan. Er selbst spielt Gitarre, Bass und ein bisschen Piano und bezeichnet sich gerne „als einen wirklich ambitionie­rten Dilettante­n“.

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