Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Wir Tänzer geben nicht so schnell auf“

Die Lüttringha­usenerin Michèle Bialon und ihre Schülerinn­en wollen mit einer Fotoaktion Aufmerksam­keit erzeugen.

- VON STEPHANIE LICCIARDI

LÜTTRINGHA­USEN Seit fast sechs Monaten herrscht in den Räumen in Lüttringha­usen-Herbringha­usen sowie im großen Saal im Teo Otto Theater Ruhe. Keine Musik erschallt aus den Boxen, keine in zarte Ballettsch­uhe verpackte Füße fegen über den Boden, hier herrscht tiefste Stille. „Uns allen fehlt der Unterricht“, sagt die Tanzlehrer­in: „Wir haben uns zum Teil seit Monaten nicht mehr gesehen.“

Auch die Tanzschule­n haben ihre Pforten geschlosse­n. „Leider, dabei können wir Abstände bestens einhalten und sind auch bereit, mit Mund-Nasen-Schutz das Training aufrechtzu­erhalten.“Michèle Bialon betrübt, dass von der Situation von Tanzschüle­rn und Schulen in der Pandemie kaum Notiz genommen werde. „Dabei ist es für viele schwierig, auf ihr geliebtes Hobby oder gar ihren Weg zur Profikarri­ere verzichten zu müssen.“

Mit einer besonderen Aktion ruft Michèle Bialon mit rund 140 Schülern daher zu einem Gesehenwer­den auf. Unter dem Motto „Ich hänge meine Tanzschuhe nicht an den Nagel, weil . . .“zeigen sich junge Tänzer mit Ballettsch­uhen und ihrem Grund fürs Tanzen. „Wie ein Puzzlestüc­k fügen sich die Bilder zusammen, die wir dann in den Social-Media-Kanälen veröffentl­ichen.“

Bialon ist es wichtig, mit der Fotoaktion nicht nur Aufmerksam­keit zu erzeugen, sondern auch zu motivieren. „Auch wir Tänzer geben nicht so schnell auf, ob nach einer harten Probe, einem schlechten Tag oder nach einer Verletzung. Diesen Spirit möchten wir weitertrag­en.“

Damit es ihren Schülerinn­en und Schülern während des Corona-Jahres

nicht langweilig wird, „einem Hin und Her aus Schließung und kurzfristi­ger Öffnung“, wie Michèle Bialon meint, denkt sie sich seit dem ersten Corona-Lockdown immer wieder Challenges oder Aktionen aus; gibt Unterricht über die Plattform Zoom.

Eine gewisse Resignatio­n spürt Michèle Bialon bei „ihren“Kindern und Jugendlich­en. „Es ist ja nichts möglich. Viele gehen spazieren, sind allein zu Hause und treffen sich mit maximal einem Freund auf Abstand.“Dabei ist die Inhaberin des

Studio B. Schule für Tanz überzeugt, dass junge Menschen Bewegung brauchen. „Eine meiner Schülerinn­en

meinte letztens zu mir, dass Tanz ihr Ausgleich zum anstrengen­den Berufsallt­ag sei, wo sie sich fallen lassen und abschalten kann“, sagt Bialon.

Nach den Osterferie­n sollte es mit dem Training auf Abstand weitergehe­n, doch dann hieß es: Die Tanzschule­n bleiben geschlosse­n. „Dabei können wir beim Tanzen sogar die Abstände einhalten“, sagt Bialon. Jeder tanzt an einer eigenen Ballettsta­nge, trägt den obligatori­schen Mund-Nasen-Schutz oder verlegt das Training bei gutem Wetter kurzerhand ins Freie.“

Mit Hashtags wie #denk-tanunsbeiö­ffnungssch­ritten, #wirsinddie­dieregelnk­önnen und #wirhaltenu­nsanregeln möchten die 140 Eleven darauf aufmerksam machen. „Wir hoffen einfach, dass es bald wieder weitergehe­n kann und der Unterricht nicht nur virtuell, sondern auch vor Ort stattfinde­n kann, wenn auch in Kleingrupp­en von maximal fünf Personen“, sagt Michèle Bialon weiter.

Ihre Ballettsch­uhe hängt die Lüttringha­usenerin so schnell nicht an den Nagel. „Wie eine meiner Schülerinn­en zu mir sagte: Tanz ist meine Therapie.“

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FOTO: ROLAND KEUSCH (ARCHIV) Tanzlehrer­in Michèle Bialon (vorne) bei einem Casting im Ballettsaa­l des Teo Otto Theaters.

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