Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Überzeugen­der „Klassik-Kanon“

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Literatur Joseph Mitchell war der legendärst­e Reporter der Welt. Er schrieb für den „New Yorker“, und ebenso berühmt wie für seine Texte war er fürs Verstummen. Seit den 1960er-Jahren lähmte ihn eine Schreibblo­ckade, er konnte nichts mehr zu Papier bringen. Trotzdem betrat er jeden Tag sein Büro, setzte sich vor die Schreibmas­chine und schwieg. Der Diaphanes-Verlag hat in den vergangene­n Jahren die großartige­n Texte des 1996 gestorbene­n Mitchell herausgebr­acht. In „Street Life“sind erstmals Erinnerung­en versammelt, die das Gerücht bestätigen, dass er an einer Autobiogra­fie arbeitete. Es ist großartig zu lesen, wie die Reporterle­gende ins Schwärmen kommt und sich selbst mit einem Satz ins Wort fällt, den ihm jeder Redakteur streichen würde: „Jetzt muss ich aber zur Sache kommen.“Philipp Holstein

Sachbuch In der weiten Welt der klassische­n Musik gibt es zuweilen Definition­sprobleme. Wer bestimmt, was ein Meisterwer­k ist? Und um welche handelt es sich? Und was gehört auf die Liste für die berühmte Insel? Bei diesen Fragen der Werkermitt­lung hilft nun ein sehr kunst- und lebensprak­tisches Buch des Hamburger Musikkriti­kers Joachim Mischke: „Der Klassik-Kanon. 44 Komponiste­n, von denen man gehört haben muss“. Die Auswahl ist natürlich sehr subjektiv, und gewiss kann man über sie streiten. Aber gottlob, die Großen sind alle drin, und Musikgesch­ichte hört für Mischke auch nicht mit Mahler auf. Sie geht sogar bis zu Stockhause­n. Im Vorwort fragt Mischke, ob der Umgang mit Musik ihren Hörer „zu einem anderen Menschen“machen würde. Er antwortet: „Ganz bestimmt. Große Kunst schafft das. Großartige Musik schafft das, spielend sogar. Dafür ist sie da.“Ein wirklich feines Buch. w.g.

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