Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Zum Jubiläum wird Nachfolger gesucht

Seit 50 Jahren gibt es das Traditions­unternehme­n „Radio Brass“an der Eich 50. Jetzt sucht Inhaber Martin Lins einen Nachfolger, der die Geschäfte in seinem Sinne weiterführ­t. Ende 2021 hört Lins auf. Der Abschied fällt ihm schwer.

- VON KATHRIN KELLERMANN

Seit 50 Jahren gibt es „Radio Brass“an der Eich 50. Inhaber Martin Lins sucht einen Nachfolger, der die Geschäfte in seinem Sinne weiterführ­t.

WERMELSKIR­CHEN Der heutige Montag wird für Martin Lins ein Tag, an den er sich sicher mit einem lachenden und einem weinenden Auge zurückerin­nern wird: Montag feiert sein Geschäft und Lebenswerk „Radio Brass“an der Eich 50-Jähriges Bestehen. Eine große Feier wird es für das Traditions­unternehme­n durch die Corona-Krise nicht geben, aber die Handwerksk­ammer und Überraschu­ngsgäste haben sich zeitverset­zt in der Werkstatt im Hinterhof angekündig­t, um Gratulatio­nen zu überbringe­n. Und auch, um über die Zukunft von „Radio Brass“zu sprechen, denn der Radio- und Fernsehtec­hnikmeiste­r begibt sich mit dem Ehrentag seines Geschäfts auf die Suche nach einem Nachfolger. Leicht kommen Martin Lins die Worte nicht über die Lippen: „Zum 31. Dezember höre ich auf, und es wäre wirklich schön, wenn ich den Laden an jemanden übergeben könnte, der die Geschäfte mit Engagement und Leidenscha­ft in meinem Sinne weiterführ­t.“

Dass er einmal sagen wird: „Ich gehe in Rente“, hat sich der Wermelskir­chener, der am 11. Mai seinen 65. Geburtstag feiert, früher nicht träumen lassen. „Ich dachte immer, ich arbeite einfach immer weiter“, gesteht er lächelnd. „Ohne Arbeit kann ich nicht. Das ist zu langweilig“, sagt er. Doch nach einer plötzliche­n Erkrankung und zwei Krankenhau­saufenthal­ten sei ihm deutlich bewusst geworden, „dass jetzt Stopp sein muss.“

Der Abschied fällt ihm dennoch sehr schwer: „Radio Brass wurde im Mai 1971 von Max Brass gegründet, und im September 1971 habe ich hier erst als Lehrling angefangen, dann war ich Geselle, und 1992 habe ich den Laden übernommen“, erinnert er sich an die vergangene­n 50 Jahre, in denen er mit seinen Kunden älter geworden ist. Das Ladengesch­äft,

in dem früher noch Radios und TV-Geräte angeboten wurden und für den Ehefrau Annegret die Buchführun­g geregelt hat, hat Martins Lins bereits vor 20 Jahren aufgegeben. „Die Fläche war zu klein geworden für den Verkauf“, erinnert er sich. „Der Einzelhand­el lief schleppend. Also habe ich es mit der Werkstatt probiert.“Rückblicke­nd hätte er das früher machen sollen, sagt er. Trotzdem kaufen die Kunden bis heute ihre TV-Geräte bei ihm. Die könne man sich zwar nicht mehr im Laden anschauen, „aber ich kenne die Geräte von Messen und kann meine Kunden deshalb gut beraten.“Preislich könne er gut mit den großen Technikmär­kten mithalten. Vorteil bei ihm sei der Service: „Wir liefern das TV-Gerät an, richten alle Sender ein, und dann sollen die

Kunden erstmal warm werden mit dem neuen Fernseher. Später fahren wir nochmal hin, um alle weiteren Fragen zu klären.“

Viele seiner Kunden betreut Martins Lins seit Jahrzehnte­n. Wie eine ältere Dame, die ihn kürzlich ins

Seniorenhe­im hat kommen lassen, weil der Fernseher nicht funktionie­rte. „Ich habe die Batterien an der Fernbedien­ung ausgetausc­ht, und alles war gut“, sagt er. „Was bin ich froh, dass es Sie gibt“, habe ihm die Dame glücklich gesagt, erzählt Martin Lins gerührt. „Deshalb möchte ich unbedingt einen Nachfolger finden, der sich kümmert“, sagt er. „Wen rufen die älteren Leute denn sonst an, wenn keiner mehr hier ist?“Die Alternativ­e wäre, den Kundenstam­m von „Radio Brass“an ein externes Unternehme­n zu verkaufen „und da würde mir das Herz noch mehr bluten“, gibt er zu.

Lieber wäre es ihm, einen Elektriker-Gesellen zu finden, „der Mut und Lust hat, etwas zu bewegen“, sagt Lins, der seinen Nachfolger definitiv nicht ins kalte Wasser werfen will: „Ich werde demjenigen bestimmt noch im Hintergrun­d ein Jahr lang zur Seite stehen, mit ihm zu den Kunden fahren und auch bei den Reparature­n der Kaffeevoll­automaten helfen.“Diesen Nachfolger sucht er ab dieser Woche.

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FOTOS (2): KATHRIN KELLERMANN Nach 50 Jahren schließt Martin Lins sein Traditions­geschäft. Ende 2021 will der engagierte Geschäftsm­ann in Rente gehen und „Radio Brass“am liebsten in die Hände eines Nachfolger­s geben.
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Der erste Fernseher, den es 1952 in der Stadt gab, steht bei Radio Brass.

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