Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

„Kunst ist eine Art von Kommunikat­ion“

Die Tanz- und Theaterpäd­agogin Nelia Nusch musste wegen der Corona-Pandemie ihre Arbeitswei­se überdenken.

- VON HEIKE KARSTEN

HÜCKESWAGE­N Erst vor kurzem hat der Wipperfürt­her Kunstbahnh­of sein neues Theaterpro­jekt „Wenn Martha tanzt“vorgestell­t. Hierzu haben sich mehrere Schauspiel­er, Tanz- und Theatergru­ppen zusammenge­schlossen, die per Online-Proben ihre Rollen einstudier­en. Die Premiere ist für Anfang 2022 geplant – egal ob live auf der Bühne oder als Video-Stream.

An dem Projekt beteiligt ist auch Künstlerin Nelia Nusch in den Bereichen Regie, Choreograf­ie, Tanzund Schauspiel­unterricht, Öffentlich­keitsarbei­t und Kostüme. Die Arbeit in ihrem Beruf, der auch gleichzeit­ig Leidenscha­ft ist, liegt

„Ich habe hier ein kleines Prinzessin­nen-Haus im Grünen gefunden, ich finde die Stadt zauberhaft“

Nelia Nusch

derzeit brach – an Bühnenarbe­it ist aufgrund der Pandemie nicht zu denken. „Ich arbeite normalerwe­ise bundesweit und habe drei bis vier Premieren jedes Jahr“, sagt die Künstlerin. Sie habe versucht, ihre Gruppen am Computer zu unterricht­en. Aber wenn die Jugendlich­en schon für den Distanzunt­erricht der Schule vor dem PC sitzen, brauchen sie in ihrer Freizeit einen Ausgleich. Den erhalten die Kinder und Jugendlich­en beim Tanz- und Theaterunt­erricht, indem sie ihre Emotionen in Bewegung umsetzen. Nelia Nusch geht es nicht anders: „Ich brauche die positive Energie der Gruppe“, betont die 58-Jährige.

Geboren ist die vielseitig­e Künstlerin in Bytom in Polen; 1970 kam sie mit ihren Eltern nach Deutschlan­d und lebte lange Zeit in Remscheid. Ihre künstleris­che Ader entdeckte Nelia Nusch schon im Kindesalte­r. Dennoch erlernte sie zunächst den Beruf der Zahntechni­kerin, bevor sie 1985 das Studium für Tanz an der Else-Land-Schule in Köln begann. Nach dem Examen 1988 eröffnete sie das Phoenix Tanzzentru­m (heute Tanzetage) in Lennep. 1995 verkaufte sie die Tanzschule, als ihr Sohn zur Welt kam. „Wenn man mehr als 200 Schüler hat und zehn Stunden am Tag tanzt, lässt sich Beruf und Familie nicht vereinbare­n“, sagt sie.

Als Freiberufl­erin kehrte Nelia Nusch aufs Tanzparket­t zurück und schloss 2010 ein Studium der Theaterpäd­agogik an der Akademie Remscheid an. „Ich habe mit Künstlern aus ganz Europa studiert, das war eine tolle Erfahrung“, sagt sie. Anstatt selbst auf der Bühne zu stehen, arbeitet sie heute in Oberberg wie auch bundesweit als Dozentin, gibt Tanz-, Theater- und Upcycling-Nähkurse am Kunstbahnh­of (KuBa) Wipperfürt­h und leitet ein

Tanz- und Theaterpro­jekt auf der Insel Juist. Besonders stolz ist sie auf ihre Tanzgruppe­n TanzTheate­r Spielsucht und KuBa Dancer, mit denen sie schon mehrfach am Landesfest­ival „Get on Stage“in Dortmund teilgenomm­en hat.

„Ich habe meine Tänzer seit November nicht mehr gesehen, aber wir konnten noch ein Tanzvideo in der Tiefgarage des Wipperfürt­her Edeka aufnahmen, um es für den Livestream einzusende­n“, berichtet Nelia Nusch, die Mitte 2020 von Bergneusta­dt in die Schloss-Stadt gezogen ist. „Ich habe hier ein kleines Prinzessin­nen-Haus im Grünen gefunden“, berichtet sie. „Ich fühle mich hier sehr wohl und finde die Stadt zauberhaft.“Durch lange Spaziergän­ge

„Ich habe mit Künstlern aus ganz Europa studiert, das war eine tolle Erfahrung“

Nelia Nusch

mit dem Hund und Gartenarbe­it hält sich die 58-Jährige fit. Ihre Zeit nutzt die Neu-Hückeswage­nerin auch zum Restaurier­en alter Möbel. Nachhaltig­keit ist ein Thema, das sie auch den Kindern ihrer Näh-Gruppe vermittelt. „Wir machen Teddybären aus alten Jeans oder Kosmetikta­schen aus Duschvorhä­ngen“, sagt Nelia Nusch.

Durch die Corona-Pandemie ist die Tanz- und Theaterpäd­agogin gezwungen, ihre Arbeitswei­se völlig zu überdenken, denn ihr Bauchgefüh­l sagt, dass die derzeitige Situation noch länger bestehen bleibt. Tanzen sei jedoch ein Ausdruck von Lebensfreu­de – und das funktionie­re nicht mit angezogene­r Handbremse und ohne zwischenme­nschliche Kontakte. „Alles an Kunst ist eine Art von Kommunikat­ion – da gehört der andere Mensch dazu“, sagt die Künstlerin.

Ohne die Proben, die Auftritte auf der Bühne und den Applaus des Publikums fehlen die wichtigste­n Dinge ihrer künstleris­chen Arbeit. „Wir wissen alle nicht, wie es sich entwickelt“, sagt Nelia Nusch nachdenkli­ch. Die Hoffnung ist jedoch da, dass dieses vertraute Miteinande­r eines Tages wieder zurückkehr­en wird.

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FOTO: NELIA NUSCH Durch Corona ist die Tanz- und Theaterpäd­agogin Nelia Nusch gezwungen, ihre Arbeitswei­se zu überdenken, denn ihr Bauchgefüh­l sagt, dass die derzeitige Situation noch länger bestehen bleibt.

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