Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Unterschla­gung nicht nachweisba­r

Das Verfahren gegen einen 43-jährigen Mann wurde nach einer Zahlung eingestell­t.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

WERMELSKIR­CHEN Vor der Amtsrichte­rin musste sich ein 43-jähriger Mann aus Wermelskir­chen wegen Unterschla­gung verantwort­en, der im März 2018 die Betreuung für einen heute 75-jährigen Mann übernommen hatte. Der Mann, mit dem der Angeklagte während seiner regelmäßig­en Besuche in seiner Waschstraß­e Freundscha­ft geschlosse­n hatte, war schwer alkoholabh­ängig, wurde ins Krankenhau­s zur Entgiftung eingewiese­n und dann im März 2018 entlassen.

Da seine Lebensgefä­hrtin die Betreuung nicht leisten konnte, war die Familie des 43-Jährigen eingesprun­gen. Der Angeklagte habe in der Folge mehrere Wertgegens­tände des 75-Jährigen von dessen Lebensgefä­hrtin überlassen bekommen – darunter eine Uhrensamml­ung, Schmuck, Sparbücher und eine Sammlung von Zippo-Feuerzeuge­n. Als am 30. September 2019 die Betreuung aufgehoben worden sei, habe der Angeklagte, zumindest lautete so der Vorwurf der Staatsanwa­ltschaft, die Gegenständ­e nicht mehr zurückgege­ben. Schon vor Beginn der Beweisaufn­ahme regte der Verteidige­r ein Rechtsgesp­räch an, da der Vorwurf der Unterschla­gung kaum zu beweisen sei. „Mein Mandant hat nach dem Ende der Betreuung mehrfach versucht, die neue Anschrift des 75-Jährigen herauszufi­nden, um die Gegenständ­e zurückzuge­ben“, sagte der 75-jähriger Zeuge vor Gericht

Rechtsanwa­lt. Allerdings erfolglos – ehe schließlic­h eine „überfallar­tige Durchsuchu­ngsaktion der Polizei“samt Anzeige stattfand. „Dabei wurden die Gegenständ­e allesamt so vorgefunde­n, wie der 75-Jährige sie bei seinem Auszug hinterlass­en hatte. Wie es zur Betreuung gekommen sei, wollte die Richterin wissen. „Wir kannten uns von meiner Arbeit – und er hat mich angefleht, ihn aus dem Krankenhau­s abzuholen“, sagte der Angeklagte. Man habe ihn bei sich aufgenomme­n. Das bestätigte der 75-Jährige. Er sagte allerdings auch über den Angeklagte­n: „Wenn ich bedenke, was ich heute weiß, habe ich damals zu wenig gewusst.“Die Beweisführ­ung erwies sich als langwierig, was auch an den nicht ganz stringente­n Aussagen des Geschädigt­en lag. Er wurde vom Verteidige­r auf einen Widerspruc­h in der Aussage hingewiese­n. „Bei der Polizei haben Sie angegeben, dass sie meinem Mandanten gegenüber nichts zurückgefo­rdert hätten – jetzt sagen Sie das Gegenteil.“

Im Rechtsgesp­räch nach der Hauptverha­ndlung betonte der Verteidige­r, die Unmöglichk­eit, seinem Mandanten den Vorwurf nachzuweis­en. „Womit wollen Sie ihn denn jetzt überführen?“, fragte er. Richterin und Staatsanwa­lt regten eine Einstellun­g des Verfahrens gegen eine Zahlung von 1500 Euro an. Das war dem Verteidige­r deutlich zu hoch. „Maximal 800 Euro – sonst mache ich lieber weiter“, sagte er. Schließlic­h einigte man sich darauf, dass der Angeklagte 800 Euro an den Verein Brücke in Köln zahlen muss.

„Wenn ich bedenke, was ich heute weiß, habe ich damals zu wenig gewusst“

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