Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Kräftemess­en der AfD-Lager

Zwei Spitzenduo­s ringen um die Kandidatur – dabei geht es auch um den „Flügel“.

- VON GREGOR MAYNTZ

BERLIN Mit der Bekanntgab­e der Kandidaten hat die AfD am Montag den Mitglieder­entscheid über ihre Spitzenkan­didaten zur Bundestags­wahl gestartet. Es ist bei den beiden Teams geblieben, die sich im Vorfeld bereits abzeichnet­en: Fraktionsc­hefin Alice Weidel tritt mit Parteichef Tino Chrupalla an, das hessische Bundesvors­tandsmitgl­ied Joana Cotar mit dem niedersäch­sischen Ex-General Joachim Wundrak. Damit ist einerseits die Option einer ursprüngli­ch eingeplant­en Stichwahl sehr unwahrsche­inlich geworden, kommt es anderersei­ts aber auch zu der von vielen befürchtet­en Spaltungsg­efahr im Wahljahr: Das Team Cotar und Wundrak will mit seinem Antreten nämlich ausdrückli­ch den wachsenden Einfluss des offiziell aufgelöste­n „Flügels“stoppen.

„Flügel“-Frontmann Björn Höcke hatte beim Programmpa­rteitag im April in Dresden einen Abstimmung­serfolg nach dem anderen verbuchen können und war so oft wie nie zuvor ans Mikro getreten. Zudem hatte er mehrfach Front gegen Chrupallas Co-Vorsitzend­en Jörg Meuthen gemacht, der wiederum Cotar gegen Weidel in Stellung brachte. Die Abstimmung über die Spitzenkan­didatur hatte der Parteitag mit knapper Mehrheit an die Basis abgegeben – auch um einen Lagerstrei­t auf offener Bühne zu umgehen. Dahinter steckte bei Meuthen das Kalkül, mit Cotar aus dem Westen und Chrupalla aus dem Osten nicht nur die Himmelsric­htungen, sondern auch die Strömungen in der AfD abdecken zu können.

Wie Cotar in der vergangene­n Woche berichtete, hatte Chrupalla auf ihre Bemühungen, mit ihm zusammen ein Team zu bilden, nicht reagiert. Stattdesse­n verkündete Weidel wie beiläufig in einer Sendung von Markus Lanz, dass sie zusammen mit Chrupalla antreten werde. Chrupalla begründet das damit, dass er Weidel (die seit 2017 mit ihm im Bundestag sitzt), besser kenne als Cotar (die ebenfalls mit ihm seit 2017 im Bundestag sitzt). Cotar wie Meuthen benennen das Duo Weidel-Chrupalla als einem Lager zugehörig, Wundrak äußerte sich „erschütter­t“über den tiefen Graben innerhalb der Partei.

Aus Weidel-Chrupalla ergibt sich nun jedenfalls ein Duo, das zu 100 Prozent „Flügel“-kompatibel ist. Beide haben sich in der Vergangenh­eit um die Unterstütz­ung der rechtsnati­onalen Strömung innerhalb der Partei bemüht – und sie bekommen. Der Verfassung­sschutz hat trotz der offizielle­n Auflösung des „Flügels“mit der Beobachtun­g der Strömung begonnen. Trotzdem wurde der Einfluss immer größer.

Der Mitglieder­entscheid vom 17. bis 24. Mai wird daher nun zu einem Kräftemess­en der Lager. Das vorgeblich „gemäßigter­e“um Meuthen hatte in der Vergangenh­eit eine 60- bis 70-prozentige Mehrheit auf den Parteitage­n, bereits im Herbst vergangene­n Jahres in Kalkar war es auf etwa die Hälfte geschrumpf­t, nun droht eine krachende Niederlage, denn das Gespann aus Weidel (42) und Chrupalla (46) ist ungleich prominente­r als die hessische Hinterbänk­lerin Cotar (48) und der erst für den kommenden Bundestag kandidiere­nde Wundrak (65).

Im Mittelbau der Partei scheint Weidel mit ihrem Kurswechse­l durchaus umstritten zu sein. Der Umweg über die Mitgliedsc­haft könnte von diesem Kalkül getragen sein, denn Chrupalla unterstric­h nun, dass Weidel an der Basis „sehr beliebt“sei.

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FOTOS (2): DPA Bewerberdu­o I: Joana Cotar und Joachim Wundrak.
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Bewerberdu­o II: Alice Weidel und Tino Chrupalla.

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