Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Der Eisbär vom Niederrhein
Der gebürtige Tönisvorster Marcel Noebels aus dem Nachwuchs des Krefelder EV wird im Trikot der Berliner zum ersten Mal Deutscher Eishockey-Meister. Jetzt freut sich der „Spieler des Jahres“auf die WM in Lettland.
BERLIN In der Erfolgsgeschichte über Marcel Noebels steht seit Freitag ein neues Kapitel. Zum ersten Mal wurde er im Trikot der Eisbären Berlin Deutscher Eishockey-Meister und war maßgeblich am achten Titelgewinn des Hauptstadt-Klubs beteiligt. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Es war eine ganz aufregende Saison. Ich glaube, man muss allen danken, die das möglich gemacht haben. Wir sind mega stolz, was wir erreicht haben“, sagte der 29-jährige Außenstürmer am Montag im Gespräch mit unserer Redaktion.
In den Play-offs waren bei der kurzen Best-of-three-Serie die Außenseiter-Chancen sehr groß. Das bekamen die Top-Favoriten München und Mannheim zu spüren. Auch den Berlinern drohte als Hauptrundensieger der Nordgruppe in allen drei Play-off-Runden das Aus, weil sie gegen Iserlohn, Ingolstadt und Wolfsburg jeweils das erste Spiel auf eigenem Eis verloren hatten. „Wir haben es geschafft, auch wenn wir immer mit dem Rücken zur Wand standen. Es ist unglaublich, es ist Wahnsinn. Jetzt Deutscher Meister zu sein, ist ein absolutes Highlight“, sagte Noebels.
In der Hauptrunde führte er die Berliner als Kopf der wohl besten Sturmreihe der Liga zusammen mit Leon Pföderl und Lukas Reichel an die Tabellenspitze – mit 42 Scorerpunkten nach 36 Spielen. Niemand bereitete mehr Tore vor als Noebels (36), der kein Torjäger ist.
Vor den Play-offs wurde er zum zweiten Mal in Serie als „Stürmer des Jahres“und „Spieler des Jahres“in der DEL ausgezeichnet. „Das ist eine Riesenehre für mich und eine Auszeichnung, auf die ich vergangenes Jahr schon stolz war. Ich hatte mir fest vorgenommen, meine Leistung zu bestätigen, und ich glaube, das ist mir in dieser Saison gelungen.“ Seine Stärken heißen Übersicht, Technik und Passgenauigkeit. Von Ende Dezember bis Mitte Februar punktete er gar in 15 Spielen in Folge – Vereinsrekord bei den Eisbären. Sein Trainer Serge Aubin schwärmte nach dem Finalsieg in höchsten Tönen von ihm: „Noebi macht einfach viele Dinge richtig. Er spielt mit viel Reife und großer Ruhe.“Nicht umsonst setzte er seinen Schützling in Über- und Unterzahl ein.
Als gebürtiger Tönisvorster steht Noebels Eishockey-Wiege in Krefeld. Als 17-Jähriger sorgte er in der U18 des KEV in 30 Spielen mit 59 Scorerpunkten für Furore und feierte sein DEL-Debüt bei den Pinguinen (33 Spiele). Oft schwänzte er die Schule, damit er das Morgentraining
des DEL-Teams nicht verpasste. Denn für ihn stand damals fest: Ich werde Profi.
2011 wurde er beim Draft, der Talenteziehung der NHL, von den Philadelphia Flyers ausgewählt und versuchte es in der zweitklassigen AHL, aber für den Sprung nach oben reichte es nicht. 2014 kam er zurück nach Deutschland und schloss sich den Berlinern an. Als er vier Jahre später Olympia-Silber gewann und deutsche Spieler auch in Übersee immer gefragter wurden, luden ihn die Boston Bruins noch mal ins Trainingscamp ein, doch der NHL-Vertrag blieb ein Traum.
Nach der internen und ausgiebigen Meisterfeier mit den Eisbären genoss Marcel Noebels den Montag mit seiner Freundin Elena und Hund Rocky. Denn am Dienstag geht es für das Eisbären-Sturmtrio Noebels/ Pföderl/Reichel nach Nürnberg, wo sich die Nationalmannschaft vor dem Abflug zur WM in Lettland in Quarantäne begeben muss. An eine Absage dachte Noebels trotz der überaus strapaziösen, weil so kurzen DEL-Saison nicht: „Ich habe immer gesagt, dass es mich stolz macht, für Deutschland spielen zu dürfen. Wenn ich nicht verletzt bin, bleibe ich auch dabei. Nach gefühlt 500 Corona-Tests hat man sich ja schon an die Umstände durch die Pandemie gewöhnt. Ich freue mich auf die WM.“
Wie groß die Chance für die DEB-Auswahl ist, in der Gruppe B unter die besten vier der acht Teams zu kommen, kann Noebels schwer einschätzen: „Alle Mannschaften wissen durch Corona nicht, wen sie einsetzen können und wo sie stehen. Wir haben ja noch gute Erinnerungen an Riga, wo wir die Qualifikation für Olympia geschafft haben. Das ist vielleicht ein gutes Omen.“