Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Kahlschlag und Neupflanzung – Kontrast im Waldgebiet Espert.
Das Waldgebiet Espert ist aktuell ein Ort der Gegensätze. Direkt neben der jungen Pflanzfläche ist eine Freifläche entstanden.
RADEVORMWALD Das Waldgebiet Espert ist nach den vergangenen Wochen nicht mehr wiederzuerkennen. Wie in den meisten Wäldern der Stadt wurde auch hier massenhaft abgeholzt. Die toten Fichten, die der Trockenheit und dem Borkenkäferbefall nicht standhalten konnten, stehen nicht mehr. Das Holz stapelt sich am Waldrand meterhoch, der Blick ist frei. Der Wald, in dem Generationen gespielt und Zeit verbracht haben, steht nicht mehr. Angrenzend an dieses Waldgebiet entsteht neues Leben.
Die Fläche, die seit 2013 von der IG Wiebachtal und Kindern aus Radevormwald aufgeforstet wurde, ist grün. Tausende Buchen und mehrere hundert Wildäpfel sowie blühende Gehölze wurden dort gepflanzt. Die Fläche hat sich gut entwickelt, die Bäume sind stark geworden und bilden ein Kontrastprogramm zu dem traurigen Anblick, der sich in dem oberen Teil des Waldgebietes bietet.
Gepflanzt wurde das neue Leben innerhalb von sechs Pflanzaktionen, die heute an der verschiedenen Altersstruktur der Bäume zu erkennen sind. „2013 haben wir eine Kooperation mit Plant-for-the-Planet durchgeführt und eine Klima-Akademie organisiert. Dabei wurden 60 Kinder zu Klimabotschaftern ausgebildet. Das war der Anfang“, sagt Sabine Fuchs. Die Vorsitzende der IG Wiebachtal ist danach aktiv geblieben, hat immer wieder neue Aktionen organisiert, Sponsoren gefunden und die Zukunft der neuen Waldfläche gesichert. Für sie ist das Projekt auch ein gutes Beispiel dafür, um ein Verständnis für die Zeit zu bilden, die Wälder für ihre Entwicklung brauchen. „Bäume wachsen langsam. Bäume zu pflanzen und neue Wälder entstehen zu lassen ist deswegen eine Generationenaufgabe. Es braucht 50 Jahre, bis ein neuer starker Wald entstanden ist“, sagt sie.
Die Abholzungen im Espert und in anderen Waldgebieten der Stadt hat Sabine Fuchs in diesem Jahr besorgt beobachtet. „Mir kommt es vor wie ein Wahn. Überall wird abgeholzt, nichts bleibt stehen. Das ist unüberlegt“, sagt sie. Dass die meisten abgestorbenen Fichten gefällt werden müssen, ist der Umweltschützerin bewusst. Einige tote Bäume könnten aber dem restlichen Wald nutzen. „Besonders Bäume, die am Übergang zu anderen gesunden Mischwäldern stehen, sollten nicht gefällt werden. Sie könnten zum Beispiel unseren jungen Buchen Schatten spenden und sie auch vor Wind schützen“, sagt Sabine Fuchs. Alte Buchen seien teilweise umgestürzt, weil sie jetzt völlig ungeschützt in der Landschaft stünden. „Auf den abgeholzten Flächen gibt es keine Bäume mehr, die Feuchtigkeit halten. Die Flächen sind trocken und können kaum aufgeforstet werden.“
Sabine Fuchs kritisiert außerdem den Zeitpunkt der Abholzung. „Die Brut- und Nestzeit wird massiv gestört. Auch Füchse und Hasen fliehen aus dem Wald. Ihr Bau wird zerstört, obwohl sie kurz davor sind Junge zu bekommen. Auch die Rehe sind kurz vor der Niederkunft und stehen verloren auf den Wiesen, weil sie keinen ruhigen Ort finden. Das ist rücksichtslos der Natur gegenüber.“ Auch das Schwarzstorchnest im Wiebachtal, das bereits vorbereitet wurde, wird voraussichtlich nicht angenommen. „Der Schwarzstorch braucht Ruhe und ist massiv gestört“, sagt Sabine Fuchs. Dass die notwendigen Rodungen ohne Rücksicht auf die Wildtiere durchgeführt werden, macht die Vorsitzende der Interessengemeinschaft traurig. „Manchmal habe ich Tränen in den Augen, wenn ich das sehe. Ich werde aber nicht müde mich für das Wohlergehen des Waldes zu engagieren
und Aufklärungsarbeit zu leisten“, sagt sie.
Die Pflanzfläche im Espert ist fertig bepflanzt und Anlaufpunkt für viele Kinder und Erwachsene, die sich an dem entstehenden Leben erfreuen. Die IG Wiebachtal führt bereits Gespräche mit Waldbesitzern, die ebenfalls Interesse daran haben einen neuen Mischwald anzulegen. „Leider ist es schwierig Partner für solche Projekte zu finden. Die meisten Waldbesitzer wollen schnell wachsende Fichten pflanzen und den Wald wirtschaftlich nutzen. Ein Mischwald ist zeit- und pflegeintensiv“, sagt Sabine Fuchs. Sie ist trotzdem optimistisch schon bald eine neue Pflanzfläche anzulegen und die Zukunft des Waldes positiv zu gestalten.