Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Bitterböse­s Kabarett gab es beim Auftritt des kölschen Ensembles „Stunk Unplugged“.

- VON WOLFGANG WEITZDÖRFE­R

Die Kampfansag­e kam direkt am Anfang von „Stunk Unplugged“am Mittwochab­end in der sehr gut besuchten Katt: „Wenn wir uns Abende wie heute verkneifen würden, dann hätte Putin gewonnen.“Und das könne keiner wollen, am wenigsten das bestens gelaunte Publikum. Die acht Ensemble-Mitglieder der legendären Stunksitzu­ng aus Köln hatten ebenfalls jede Menge Spaß in den Humormuske­ln – und weil Stunk nun mal Stunk war, ging es auch böse bis bitterböse zu. Beim Anblick des aktuellen Zustands der Welt – nicht zuletzt auch wegen des russischen Kriegstrei­bers Putin – stellte Moderatori­n Biggi die Frage aller Fragen: „Wo sind eigentlich die Attentäter, wenn man sie mal braucht?“

Kölner Frohsinn außerhalb Kölns und noch dazu außerhalb des Karnevals? Das funktionie­rte tatsächlic­h bestens. Nicht einmal so sehr, weil das Ensemble mit typisch kölscher Wurstigkei­t die Gags und Kalauer gleich im Dutzend abfeuerte, sondern weil auch das Publikum so gut mitspielte. Wenn es etwa um eine WDR2-Live-Übertragun­g vom geplanten FC-Fan-Friedhof ging. „Tot! Tot! Der Fan ist tot! Und jetzt zurück ins Funkhaus am WallraffPl­atz!“Und dann der lapidare Kommentar: „Ja, eine schöne Idee - aber ist natürlich Quatsch.“Oder wenn ein Baulöwe sich darüber echauffier­te, dass das Anrecht auf eine eigene Wohnung scheinbar „embryonal angelegt“sei. Weiter wetterte er über die „Mietdeckel-Nazis“aus Berlin, die er austrickse­n wolle, indem er nur noch „möbliert vermietet“–- und sei es nur ein Desinfekti­onsspender. „Karl Lauterbach würde die Wohnung mit Kusshand nehmen.“Na, Prost!

Karneval, das waren eben nicht nur Albernheit­en und Kostümzwan­g.

Das waren auch ganz scharfsinn­ige und eben sehr böse Beobachtun­gen aus dem politische­n und gesellscha­ftlichen Alltag. Wenn etwa „Klaus & Klaus aus der Bruder-Klaus-Siedlung“zu den Melodien von Simon & Garfunkel über ihr „Veedel“sinnierten, dann funktionie­rte das nicht nur diesseits des Aschermitt­wochs. Das sah auch das Publikum so, das begeistert applaudier­te. Und das auch über Sätze wie diese: „Das Erzbistum Köln plant, eine Mauer um das Amtsgerich­t zu bauen. Damit keiner mehr austreten kann. Wobei, eigentlich kann man als gläubiger Mensch nur aus der Kirche austreten.“

Überhaupt Kirche: Die „echte“Maria kommentier­te bissig die Bewegung „Maria 2.0“, die viel zu zahm ihre Wünsche geäußert habe. Und damit auch nur eine erwartbar lasche Antwort des Papstes bekommen habe. „Das ist ein Propaganda­stück, das hätte auch der Goebbels nicht besser hinbekomme­n. Von Pontius bis Pilatus, von Paulus bis Franziskus, heißt es: Die Weiber sind unser Unglück!“Es war herzerfris­chend, endlich wieder einmal eine derart freche Art des Kabaretts zu hören. Eine, die völlig respektlos an Gott und die Welt heranging, Eine, der nichts heilig war, keine falsche Zurückhalt­ung zeigte. Wie einst die heilige Dreifaltig­keit des Politkabar­etts, der selige Dieter Hildebrand­t und die zurückgetr­etenen Volker Pispers und Georg Schramm.

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FOTO: JÜRGEN MOLL

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