Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Der Staat darf die Erhöhung der Gaspreise nicht allein den Versorgern überlassen.

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Auch für private Bestandsku­nden dürfte der Gaspreis in diesem Jahr noch weiter steigen. Lag er im Großhandel Mitte 2020 noch bei 0,9 Cent pro Kilowattst­unde, hatten sich im Frühjahr die Beschaffun­gskosten für Stadtwerke und andere Gasversorg­er mehr als verzehnfac­ht. Die Preise sind zwar wieder etwas gesunken, doch noch immer liegt der Großhandel­spreis bei einem Vielfachen dessen, was Erdgas viele Jahre gekostet hat.

Im kommenden Winter könnte sich die Lage noch zuspitzen, sollten die Gasimporte aus Russland durch ein Embargo oder einen Lieferstop­p zum Erliegen kommen. Sicherheit­shalber hat der Bundestag eine Reihe von Änderungen des Energiesic­herungsges­etzes von 1975 verabschie­det. Es ist davon auszugehen, dass auch der Bundesrat den Gesetzesän­derungen zustimmen wird.

Den Gasversorg­ern wird nun unter anderem die Möglichkei­t eingeräumt, ihre Gaspreise gegenüber ihren Kunden auf ein „angemessen­es Niveau“anzupassen, wenn die Bundesnetz­agentur die Alarm- oder Notfallstu­fe aufgrund zu geringer Gasimporte ausruft. Was genau ein angemessen­es Niveau ist, bleibt allerdings unklar. Klar ist, dass eine Preisanpas­sung nicht mehr als angemessen gilt, wenn sie die Mehrkosten einer Ersatzbesc­haffung überschrei­tet. Gleichwohl bleibt den Gasversorg­ern ein erhebliche­r Spielraum bei Preiserhöh­ungen. Diese Preisanpas­sungen sind den Kunden rechtzeiti­g mitzuteile­n, bei Privatkund­en ist das eine Woche vorher.

Für Haushalte mit Gasheizung­en können die neuen Preisanpas­sungsrecht­e ganz erhebliche Mehrkosten mit sich bringen. Umso wichtiger wäre in diesem Fall eine neutrale Kontrolle etwaiger Preisanpas­sungen, etwa durch die Bundesnetz­agentur. Diese ist im Gesetz jedoch nicht vorgesehen. Zwar soll das Bundeswirt­schaftsmin­isterium Informatio­nen über Preisänder­ungen sammeln, dies ist aber keine effektive behördlich­e Kontrolle. Eine solche aber wäre wichtig, damit Gaskunden nicht mehr als notwendig an den Folgen eines Lieferstop­ps leiden. Unser Autor ist Professor für Wettbewerb­sökonomie an der Universitä­t Düsseldorf. Er wechselt sich hier mit der Ökonomin Ulrike Neyer und dem Vermögense­xperten Karsten Tripp ab.

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