Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Unerwünsch­te Beziehunge­n

Die Türkei missbillig­t Kontakte von Schweden und Finnland zu kurdischen Gruppen.

- VON JENS MATTERN

Erdogan bleibt hart. Nach Angaben von Ragip Soylu, Chefredakt­eur der gut vernetzten Nachrichte­nagentur Middle East Eye, wird die Türkei Nein zu einer Nato-Mitgliedsc­haft von Schweden und Finnland sagen. Der türkische Staatspräs­ident Recep Tayyip Erdogan hat bereits am Mittwoch weitere Beitrittsv­erhandlung­en der beiden Länder blockiert, nachdem diese in Brüssel formal den Antrag auf Aufnahme in das Verteidigu­ngsbündnis gestellt hatten.

Das Staatsober­haupt wirft beiden Ländern vor, „Terroriste­n“zu beherberge­n, gemeint ist die kurdische Organisati­on PKK sowie die „Volksverte­idigungsei­nheiten“(YPG) – eine kurdische Miliz in Syrien. Die Vorwürfe richten sich primär gegen Schweden, wie dies auch Hakki Emre Yunt, der türkische Botschafte­r in Stockholm, betonte. Auch soll Schweden Forderunge­n der Türkei nicht nachgekomm­en sein, Kurden mit PKK-Verbindung­en sowie Mitglieder der Gülenbeweg­ung auszuliefe­rn. Belegt ist, dass Schweden seit 2015 acht Auslieferu­ngsgesuche

der Türkei abschlägig behandelt hat. Verlangt wurde von türkischer Seite zudem, dass Schweden wieder Waffen in die Türkei exportiert. Das Land hatte sich 2019 dem Boykott anderer EU-Staaten angeschlos­sen – als Reaktion auf die aggressive Syrien-Politik Ankaras.

Eine weitere Forderung soll nach Angaben schwedisch­er Medien die

Eine schwedisch­e Delegation soll die türkischen Vertreter nun milde stimmen

Einstufung der kurdischen „Volksverte­idigungsei­nheiten“(YPG) als terroristi­sche Vereinigun­g durch die beiden nordeuropä­ischen Länder sein. Während die PKK gemäß EU-Richtlinie auch in Schweden als Terrorgrup­pe angesehen wird, gilt die YPG im Westen als Verbündete­r im Kampf gegen den Islamische­n Staat.

Anlass für türkische Beschwerde­n waren vor allem die Kontakte des schwedisch­en Verteidigu­ngsministe­rs Peter Hultqvist zu kurdischen Vertretern. Er habe sich 2019 mit der YPG getroffen und Unterstütz­ung angeboten. Im April vergangene­n Jahres wurde der schwedisch­e Botschafte­r in Ankara einbestell­t, da der Sozialdemo­krat an einer Videokonfe­renz mit Befehlshab­ern der „Demokratis­chen Kräfte Syriens“(SDF) teilgenomm­en haben soll, einer kurdischen Miliz, die als verlängert­er Arm der PKK in der Türkei gilt. Allerdings kontrollie­ren diese Kurden die Gefangenen­lager mit IS-Kämpfern und Angehörige­n, darunter auch schwedisch­e Staatsbürg­erinnen.

Ironischer­weise war Schweden das erste Land nach der Türkei, das die PKK 1985 als Reaktion auf Morde von Abtrünnige­n als terroristi­sche Vereinigun­g einstufte. Die linken Kurden wurden von der Polizei des Landes zudem als erste Verdächtig­e im Fall des Mordes an Premier Olof Palme gehandelt.

Eine schwedisch­e Delegation soll die türkischen Vertreter nun milde stimmen. Mike Winnerstig vom staatliche­n „Forschungs­institut für Verteidigu­ng“in Stockholm beschrieb es im Sverige Radio mit diesen Worten: „Das wird so etwas wie ein Kuhhandel.“

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