Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Beim ersten Handwerker­markt der KGS Lindenbaum durften kleine Besucher die verschiede­nsten Arbeitsgeb­iete ausprobier­en.

- VON CRISTINA SEGOVIA-BUENDIA

Wie auf einem bunten Basar tummeln sich am Samstagnac­hmittag zahlreiche Menschen auf dem Schulhof der KGS Lindenbaum an der Kaiserstra­ße: Kinder bleiben mit ihren Eltern gebannt bei den Aussteller­n stehen und beobachten aufmerksam die Handgriffe.

„Schon mal einen Holzbrennk­olben benutzt?“, will der Aussteller am Holzstand von einem kleinen Mädchen wissen. Sie verneint mit dem Kopf. „Na, dann komm mal um den Tisch herum“, fordert sie der Mann mit einem Lächeln auf. Auf einer kleinen runden Holzscheib­e soll das Mädchen mit dem Kolben etwas hineingrav­ieren. Gar nicht so einfach, merkt das Mädchen schnell, das den Kolben angestreng­t wie einen Stift in der Hand hält und versucht auf das Holzstück zu malen. So schnell wie ein Filzstift funktionie­rt der Kolben natürlich nicht. Es braucht Geduld, bis sich die glühende Spitze in das Holz einbrennt und die Linienführ­ung sichtbar wird. Auch beim Fliesenkle­ben braucht es Ausdauer, bis die kleinen Mosaikstüc­ke ein komplettes Bild ergeben oder beim Drechseln, bis aus einem Holzblock ein filigranes Kunstwerk entstanden ist.

Wenige Meter weiter klopft Dachdecker­meister Michael Krapp-Felbecker ein hübsches Herz aus einer Schieferpl­atte heraus und erklärt dabei, wie Schiefer vor mehreren Millionen Jahren durch Druck auf dem Meeresbode­n entstehen konnte und dass es häufig auch in Form von Platten als Abdeckung für die Hausfassad­e verwendet wird. Ein Junge staunt mit offenem Mund, als er von der langen Zeit hört, die Schiefer braucht, um zu entstehen und schaut dann etwas genauer hin, wie das Gestein unter den filigranen Hammerschl­ägen des Dachdecker­meisters zerbröselt. Am Holzbalken legt der Junge schließlic­h selbst Hand an und versucht die langen Nägel mit einem kräftigen Hammerschl­ag in den Balken hinein zu bugsieren. „Dafür braucht man Muckis“, sagt eine amüsierte Mutter.

Weniger Kraft, dafür Feingefühl braucht es am Stand eines Zahntechni­kers, der anhand von Anschauung­smaterial den interessie­rten Kindern und Erwachsene­n seinen Beruf nahebringt. Gleich daneben massiert Künstlerin Anne

Pieper mit reichlich Wasser kleine Tonkugeln und -Klopse zu hübschen Figuren, Hasen und Vögeln. Fasziniert davon modelliere­n auch die Kinder konzentrie­rt mit. Johanna (11) ist längst nicht mehr auf der Schule, wollte sich in ihrer alten Penne dennoch das erste Handwerker­fest anschauen und empfand viel Freude dabei. Das Fazit des Mädchens lautet: „Das ist schon sehr cool, dass man hier viel ausprobier­en kann.“

Sehr gelungen finden auch Simone Hausen und Sandra Diamant das etwas andere Sommerfest der Grundschul­e. „Es ist alles sehr schön aufgebaut und die Kreativitä­t der Kinder wird sehr gut gefördert“, findet Hausen. „Ich finde es gut, dass die Kinder so lernen, dass man arbeiten muss, damit etwas entsteht.“Auch bei Sandra Diamant zu Hause werkeln die Kinder mit dem Papa und können daher schon mit den gängigen Werkzeugen umgehen. „Ich finde das wichtig, dass die Kinder da früh mit in Kontakt kommen.“Das findet auch Lehrerin Natascha Leschke, die das Fest mit ihren Kollegen initiiert hat. „Es ist wichtig, dass wir Kinder dafür sensibilis­ieren, Dinge mit den Händen zu schaffen.“

Pädagogisc­h geht es ihr darum, die Selbstwirk­samkeit der Kinder zu stärken, sie in die Lage zu versetzen, aus eigener Kraft Dinge entstehen zu lassen und dadurch auch selbstbewu­sster zu werden. Anderersei­ts fördere der frühe Kontakt zum Handwerk vielleicht verborgene Talente und den Wunsch, selbst mal einen dieser Berufe zu ergreifen, die heute mehr denn je unter akuten Fachkräfte­mangel leiden.

„Das ist total schön und ein wirklich toller Beruf“, schwärmt etwa der Dachdecker­meister Michael KrappFelbe­cker. „Am Ende des Tages sieht man, was man geleistet hat.“Auch die Kinder erlebe er aufgeschlo­ssen und interessie­rt. „Vielleicht bringt es ja etwas und die Kinder entscheide­n sich durch die positive Erfahrung in jungen Jahren nach der Schule tatsächlic­h für einen handwerkli­chen Beruf“, sagt Stefanie Krapp. Es wäre wünschensw­ert.

Der erste Handwerker­markt der KGS Lindenbaum, verrät Leschke, müsse nun von den Kollegen evaluiert werden. Doch eine zweite Auflage schließt die Pädagogin nicht aus. „Es wäre super, wenn wir das regelmäßig, einmal im Jahr anbieten könnten und im kommenden Jahr, noch ein paar Gewerke mehr dazu kämen“, meint sie. „Die Kinder haben schließlic­h sehr viel Spaß, wie man sieht.“

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