Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald
Vor gut einem Jahr wurde das Liniennetz im Kreis Viersen ausgebaut und durch geringere Fahrtzeiten nach Krefeld und Düsseldorf attraktiver. Jetzt sausen die ersten Elektrobusse durch Viersen, Nettetal, Brüggen und Schwalmtal.
Auch wer kein Elektrooder Hybrid-Auto hat, kann jetzt im Kreis Viersen elektrisch von Viersen nach Schwalmtal oder von Nettetal nach Brüggen kommen. Das Unternehmen Kraftverkehr Schwalmtal (KVS) setzt im Auftrag der Verkehrsgesellschaft Kreis Viersen (VKV) auf der Linie 074 erstmals E-Busse anstelle von Dieselbussen ein.
Die Linie 074 verläuft zwischen Viersen-Süchteln und Nettetal-Kaldenkirchen über Dülken, Waldniel, Brüggen und Bracht. Sie stellt mit insgesamt 36 Kilometern eine der längsten Linien im Kreis Viersen dar und verbindet die Städte Viersen und Nettetal miteinander. Auf dem Linienweg passiert sie auch die Gemeinden Schwalmtal und Brüggen.
Damit stellt die Linie aufgrund ihrer Länge eine besondere Herausforderung für den Einsatz eines
E-Busses dar. Die KVS hat vier EBusse des vor zehn Jahren gegründeten niederländischen Herstellers Ebusco angeschafft, um diese Aufgabe zu bewältigen. Sie haben eine Ladekapazität von je 520 Kilowattstunden.
Durch das geringe Gewicht der in China gefertigten und in den Niederlanden endmontierten Busse ist eine Fahrleistung von etwa 400 Kilometern mit einer Batterieladung möglich. Eine Zwischenladung auf dieser Strecke ist nicht erforderlich. Neben dem Elektroantrieb verfügen die Busse auch über eine LED-Beleuchtung sowie eine Klimaanlage. Fahrgäste sollen auch von geringeren Betriebsgeräuschen und einer damit einhergehenden gesteigerten Laufruhe der E-Busse profitieren.
„Ich freue mich darüber, dass der Kreis Viersen durch den Einsatz von E-Bussen einen wichtigen Beitrag zur Energiewende leistet. Gleichwohl sind die aktuell steigenden Stromkosten ein Wermutstropfen, den wir aus ökonomischer Perspektive im Blick behalten müssen “, sagt Landrat Andreas Coenen (CDU).
„In den nächsten 14 Tagen gehen die E-Busse zunächst in einen Testbetrieb“, berichtet KVS-Geschäftsführer Elmar von der Forst: „Zudem müssen die Busfahrerinnen und Busfahrer geschult werden, da die E-Busse ein anderes Fahrverhalten aufweisen als sie es gewohnt sind.“
Voraussichtlich am 15. September soll der Regelbetrieb der E-Busse starten. Ursprünglich sollten die Fahrzeuge bereits im Juli in Dienst gestellt werden. Wegen Lieferverzögerungen war der Termin nicht haltbar. Die NEW mobil und aktiv, die ebenfalls Buslinien im Kreis Viersen bedient, hat schon seit längerem EBusse in ihrem Fuhrpark; sie werden allerdings bislang nur in Mönchengladbach eingesetzt.
Die vier E-Busse sollen nur der Anfang sein. Bei der Verkehrsgesellschaft Kreis Viersen heißt es: „Wir beschäftigen uns fortlaufend mit weiteren Überlegungen und Projekten, um den Öffentlichen Personennahverkehr
zu verbessern. Dazu gehören auch weitere Ergänzungen an E-Bussen im Kreisgebiet.“Daneben gebe es auch Planungen in Richtung On-Demand-Verkehr — gerade im ländlichen Raum eine wichtige Ergänzung des Liniennetzes.
Das hat sich im Kreis Viersen vor gut einem Jahr deutlich gewandelt. Viele Linien verdichteten ihre Takte, fahren seither auch schon frühmorgens und abends länger. Verbessert wurde auch das Informationsangebot für die Fahrgäste. So können seit Juli 2021 an allen Haltestellen Informationen über Verspätungen und Änderungen dank QR-Code direkt auf dem Handy abgerufen werden.
Und: Durch die Anpassung des Liniennetzes wurde die Fahrt mit dem Bus zu einer echten Konkurrenz zum Auto. Brauchte man im Juni 2021 mit Bus und Bahn von Brüggen nach Krefeld eine Stunde und neun Minuten, sind es jetzt nur noch 39 Minuten. Auch von Brüggen nach Düsseldorf verringerte sich die Fahrtzeit um eine halbe Stunde.
Ebenfalls neu: die Taxi-Bus-Linie 088. Sie dient als Zu- und Abbringer-Linie zu den Schnellbussen SB 83 und SB 88 und der Linie 073 (ehemals Linie 011). Durch ergänzende Zusatzfahrten als Taxi-Bus wird eine stündliche Erreichbarkeit der Niederkrüchtener Ortsteile Laar, Gützenrath und Dam sowohl aus Mönchengladbach und Viersen als auch aus Brüggen sichergestellt. Fahrten müssen eine halbe Stunde vorher angemeldet werden.
„Wir setzen Anreize, das Auto stehen zu lassen. Damit bringen wir die nötige Mobilitätswende voran“, sagte Coenen damals bei der Vorstellung der neuen Linienverbindungen.
Seither ist die Nutzung der verschiedenen Buslinien im Kreis Viersen und darüber hinaus noch einfacher geworden, Digitalisierung sei dank. Denn mit der SmartphoneApp Eezy.NRW kann man sich nicht mehr im Tarifdschungel verirren. Bei der Fahrt checkt man ein, am Ziel checkt man aus. Berechnet wird die Fahrt nach Luftlinienkilometern, abgebucht wird vom Konto. Erfreuliches Ergebnis: Das ist häufig preiswerter als der klassische Fahrschein. Gegen das Neun-Euro-Ticket oder gegen das klassische Monatsticket kamen die Eezy-Tarife zwar nicht an, aber bei Eezy umwirbt man die Gelegenheitsfahrer, die durchs NeunEuro-Ticket auf den Geschmack am unkomplizierten Bus- und Bahnfahren gekommen sind.