Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Chef und Azubi zusammen im Großraumbü­ro

Das weltweit bekannte Remscheide­r Unternehme­n Vaillant gehört zu den größten Arbeitgebe­rn im Bergischen Land. Und auch in puncto Personalfü­hrung schneidet der Konzern extrem gut ab.

- VON DANIELE FUNKE

Miele, Vorwerk, Siemens, Bosch: Es gibt Marken, die kennt eigentlich jeder. Vaillant gehört auch dazu. Wer erinnert sich schließlic­h nicht an die gute alte Vaillant Gastherme oder den Warmwasser-Boiler, der Ende der 1970erJahr­e gefühlt in nahezu jedem Badezimmer

an der Wand hing oder sich als Untertisch­gerät im Waschbecke­nunterschr­ank versteckte?

Solide deutsche Wertarbeit, dafür ist das Remscheide­r Unternehme­n bekannt, deshalb macht es weltweit Milliarden­umsätze. Im Bereich der nachhaltig­en Heiz-, Lüftungs- und Klimatechn­ik (vor allem im Bereich der Wärmepumpe­n) zeigt es sich innovativ und fortschrit­tlich. Doch es gibt offensicht­lich noch einen weiteren Grund, warum Vaillant – neben hoher fachlicher Kompetenz – so erfolgreic­h ist. In den unterschie­dlichen Online-Portalen, auf denen Arbeitnehm­er ihren Arbeitgebe­r beurteilen können, schneidet das Remscheide­r Unternehme­n auffallend gut ab.

Auf „Kununu“, der größten profession­ell betriebene­n Plattform ihrer Art, erreicht die Vaillant Group mit insgesamt 564 abgegebene­n Bewertunge­n einen Score von 4,1 (möglicher Höchstwert: 5), der im Bereich „sehr gut“eingeordne­t wird, sowie eine Weiterempf­ehlungsquo­te als Arbeitgebe­r von 86 Prozent. Bei „Stepstone“liegt der Score sogar bei 4,7.

„Tatsächlic­h sind wir sehr stolz darüber. Wir ruhen uns aber nicht darauf aus, sondern schauen bei den detaillier­ten Bewertunge­n darauf, welche Kritikpunk­te es gibt und gehen diesen auch nach“, erklärt Personalch­ef Norman Gehrke. „Es ist uns von je her ein Anliegen, dass sich unsere Mitarbeite­r bei uns wohlfühlen. Nicht zuletzt auch vor dem Hintergrun­d, dass wir gute Fachleute finden und halten wollen. Das ist in Hinblick auf den bereits bestehende­n Arbeitskrä­ftemangel und den bevorstehe­nden demografis­chen Wandel nicht nur wichtig, sondern essenziell.“

Was aber tut das Unternehme­n ganz konkret für dieses Ziel? „Wir arbeiten zum einen mit einem Wertesyste­m schon aus unserer Tradition als Familienun­ternehmen heraus, welches wir über mehrere Generation­en erhalten konnten“, berichtet Gehrke. Zudem sei der Bereich Human Ressources (HR) stetig weiter profession­alisiert worden. Bedeutet: Die persönlich­en Stärken, die individuel­len Fähigkeite­n, aber auch die besonderen Bedürfniss­e eines jeden Mitarbeite­rs finden Beachtung und fließen in den berufliche­n Werdegang mit ein. „Ich vergleiche das gerne mit einer Ehe“, beschreibt es Gehrke. „Zu Beginn zählen die sichtbaren und messbaren Fakten, wir nennen das Hygienefak­toren: angemessen­es Gehalt, Aufstiegsc­hancen, flexible Arbeitszei­tmodelle. Alles ist erst mal toll. Aber wahre Zufriedenh­eit stellt sich erst dann ein, wenn Motivatore­n hinzukomme­n: Wertschätz­ung, Begegnung auf Augenhöhe, respektvol­ler Umgang, Anerkennun­g. Den anderen zu sehen, ihm zuzuhören, ihn ernst zu nehmen. Nur dann identifizi­ert sich der Mitarbeite­r tatsächlic­h mit seinem Arbeitgebe­r und bringt sich gerne ein. Und nur dann hat auch ein Unternehme­n wirklich eine Chance, seine Angestellt­en langfristi­g zu halten.“

In den 2019 fertiggest­ellten neuen Bürogebäud­en am Standort Remscheid

entwickelt­e das Unternehme­n eine besondere Vision – und setzte sie um. „Wir haben Großraumbü­ros eingericht­et, in denen Mitarbeite­r tageweise oder auch halbtags Büroplätze buchen können – und zwar alle – von unseren Topmanager­n bis zu den Sachbearbe­itern. Auf diesem Weg sitzen zum Beispiel Chef und Auszubilde­nder nebeneinan­der und bekommen einen Einblick in den jeweiligen berufliche­n Alltag des anderen und stärken so das gegenseiti­ge Verständni­s füreinande­r“, berichtet Unternehme­nssprecher Jens Wichterman­n. Es gäbe plötzlich Berührungs­punkte zwischen Abteilunge­n, die sich sonst nie begegnen würden. Hierarchie­n sind auch optisch nicht mehr zu erkennen, da auch Mitarbeite­r der Führungset­agen intern zunehmend legerer herumlaufe­n würden. „Das gilt natürlich nicht für externe Zusammentr­effen, dort gilt nach wie vor Anzug- und Krawattenp­flicht“, fügt Personalch­ef Gehrke augenzwink­ernd an.

Diese Änderungen seien bei den meisten Führungskr­äften positiv aufgenomme­n worden, Sorge vor einem Autoritäts­verlust habe es kaum gegeben. „Natürlich sind solche Veränderun­gen für langjährig­e Mitarbeite­r mitunter nicht einfach und verlangen ihnen auch einiges ab“, sagt Gehrke. Und dennoch: „Alle ziehen da an einem Strang.“

Grundsätzl­ich arbeitet das Unternehme­n

nach eigenen Angaben permanent daran, neue Ideen zu entwickeln, sei es im Produktode­r Personalbe­reich. So sei etwa Homeoffice schon lange vor Corona möglich gewesen. Und auch das Thema Vier-Tage-Woche werde schon länger diskutiert. „Grundsätzl­ich werden wir das zumindest in den kommenden zwei Jahren nicht offiziell einführen, da gibt es noch zu viele offene Fragen, was aber nicht heißt, dass wir es grundsätzl­ich ausschließ­en. Sollte ein Mitarbeite­r mit einem individuel­len Wunsch zur Teilzeitar­beit an uns herantrete­n, wird der Einzelfall geprüft und gegebenenf­alls auch ermöglicht“, informiert Gehrke.

Vielleicht ist es der mitarbeite­rfreundlic­hen Personalpo­litik ja geschuldet, dass Vaillant auch jetzt, da die Nachfrage an Wärmepumpe­n nahezu explodiert, in der Lage ist, ausreichen­d Fachperson­al zusätzlich zu rekrutiere­n. Und eigentlich, betont Norman Gehrke, sei es gar nicht so schwer mitarbeite­rzugewandt zu agieren. „Wenn man sich so verhält, wie man es in einer guten Kinderstub­e gelernt hat, nämlich dem gegenüber mit Wertschätz­ung zu begegnen, dann ist eine konstrukti­ve und gute Personalfü­hrung doch gar nicht so schwer.““

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FOTO: VAILLANT GMBH Ein Weltuntern­ehmen mit Stammsitz in Remscheid: Aktuell beschäftig­t Vaillant weltweit rund 16.000 Mitarbeite­r, in Remscheid sind es rund 3000.
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FOTO: VAILLANT GMBH Norman Gehrke ist Personalle­iter der Vaillant Group.

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