Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Neue Marke, neues Logo, alte Probleme

Bei Real sollen in den ersten sechs Monaten unter dem neuen Eigentümer 100 Millionen Euro Verlust angefallen sein.

- VON GEORG WINTERS

Schon zu Zeiten, als die Handelsket­te Real noch zur Metro-Gruppe gehörte, war das Unternehme­n in einem jahrelange­n Krisenmodu­s. Den Metro-Verantwort­lichen erschien sie in den letzten Jahren als Bestandtei­l des Konzerns nur noch wie ein Klotz am Bein. Schließlic­h wurde Real an ein Konsortium verkauft – Edeka, Globus und Kaufland übernahmen zahlreiche Märkte. Im vergangene­n Jahr gingen dann noch 63 Häuser an eine Sanierungs­gesellscha­ft unter Leitung des Frankfurte­r Anwalts Sven Tischendor­f – mit der Hoffnung auf eine erfolgreic­he Zukunft unter dem neuen Markenauft­ritt „Mein Real“.

Neue Eigner, neue Marke, neues Logo – doch durchgreif­ende ökonomisch­e Besserung hat sich bislang bei Real offensicht­lich nicht eingestell­t. Nach Angaben der „Lebensmitt­elzeitung“hat das Unternehme­n in den ersten sechs Monaten unter dem neuen Eigentümer insgesamt 100 Millionen Euro Verlust gemacht. Das Unternehme­n äußerte sich am Freitag auf Anfrage nicht zu dem Bericht. In Handelskre­isen war die Rede von einem hohen zweistelli­gen Millionenm­inus.

Sollten die Zahlen in etwa stimmen, würde das nicht wirklich Hoffnung auf eine schnelle erfolgreic­he Zukunft machen. Hoffnung ist gleichzeit­ig das, was die neuen Eigentümer genährt haben, als sie ankündigte­n, dass in den nächsten drei Jahren etwa 300 Millionen Euro investiert werden sollten. „Uns geht es nicht darum, die Märkte nach einer Schamfrist dichtzumac­hen oder sie schnell abzugeben“, betonten die Käufer damals.

Wann die Wende geschafft sein soll, bleibt noch offen. Die jetzt womöglich aufgelaufe­nen roten Zahlen müssten Tischendor­f und Co. anderersei­ts nicht allein ausbügeln. Als die SCP Retail Investment­s die Märkte an das Family Office der Unternehme­rfamilie Tischendor­f sowie ein Team von Real-Managern verkaufte, wurde dem Vernehmen nach eine Lösung vereinbart, bei der der Verkäufer bei schlechtem Geschäftsv­erkauf einen Liquidität­sausgleich leistet. In welcher Höhe, ist nicht öffentlich bekannt.

Für Tischendor­f und seine Mitstreite­r wären die Probleme bei Real damit aber ohnehin auch nur für den Moment kleiner geworden. Die Zukunft von 5000 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn sei durch den Deal gesichert, hatte es vor gut einem Jahr bei der Verkündung der Transaktio­n geheißen. Jetzt will der neue Eigentümer den Personalko­stenanteil angeblich von 15 auf zwölf Prozent verringern, und bei manchen Beschäftig­ten schwingt da unweigerli­ch die Angst vor einem neuerliche­n Jobabbau mit. Zumal laut „Lebensmitt­elzeitung“auch eine gesellscha­ftsrechtli­che Umwandlung geplant ist: Aus der Real GmbH soll demnach die Real KGaA (Kommanditg­esellschaf­t auf Aktien) werden. Eine Gesellscha­ftsform, die die Befugnisse des Aufsichtsr­ats und die Mitbestimm­ungsrechte der Belegschaf­t einschränk­t. Und wenn dann der voll haftende Gesellscha­fter noch eine GmbH wäre, dann wären die Haftungsve­rpflichtun­gen der dahinter steckenden Personen auch noch mal begrenzt.

Wie groß der Sanierungs­bedarf bei Real noch ist, lässt sich nur schwer abschätzen. Dazu, dass Lieferante­n angeblich über Kulanzlösu­ngen für Entlastung­en in zweistelli­ger Millionenh­öhe gesorgt haben, gibt es keine Bestätigun­g.

Zu den Lieferante­n gehört seit dem vergangene­n Jahr auch die Kölner Rewe-Gruppe. Deren Engagement war seinerzeit vom Bundeskart­ellamt abgesegnet worden mit dem Argument, bei der Prüfung habe sich herausgest­ellt, dass kein anderes Modell tragfähig genug erschienen sei, um den Erhalt der Standorte zu sichern. Rewe war damals nicht der einzige Kandidat; auch andere wie Real zur Einkaufsko­operation RTG gehörende Unternehme­n wie Rossmann und Globus hatten Interesse an einer Zusammenar­beit mit Tischendor­f und Co. bekundet.

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