Bergische Morgenpost Wermelskirchen/Hückeswagen/Radevormwald

Habeck umgarnt Batterieba­uer

Deutschlan­d konkurrier­t mit den USA um eine milliarden­schwere neue Fabrik von Northvolt. Noch gibt es Chancen für den Standort in Schleswig-Holstein.

- VON BIRGIT MARSCHALL

Vor Robert Habeck reihen sich die großen weißen surrenden Kästen auf, in denen die schwedisch­e Firma Northvolt hochmodern­e Batterieze­llen für die Automobili­ndustrie herstellt. Der Bundeswirt­schaftsmin­ister ist angetan von der Effizienz der Schweden, die das Unternehme­n erst 2016 gegründet haben und nun zum größten Batterieze­llenherste­ller der westlichen Welt werden wollen.

Eigentlich wollte Northvolt auch in Habecks Heimat Schleswig-Holsten eine riesige Fabrik für mehr als vier Milliarden Euro bauen, doch seit dem Herbst liegt das Projekt auf Eis. Schuld ist vor allem das fast 400 Milliarden schwere US-Subvention­sprogramm namens Inflation Reduction Act (IRA), mit dem die USA Investoren wie Northvolt nach Amerika locken wollen.

Habeck ist deshalb nach Västeras nahe Stockholm geeilt, wo Northvolt seine Forschungs­labore aufgebaut hat. Er will das Milliarden­projekt in Heide noch retten, und die Chancen dafür scheinen durchaus gegeben zu sein. „Wir sind in guten Gesprächen mit Northvolt, aber die finale Entscheidu­ng muss Northvolt treffen“, sagt der Minister vor den weißen Kästen. Seit dieser Woche würden sich ja mit dem Green Deal Industrial Plan der EU-Kommission neue „Möglichkei­ten auf europäisch­er Ebene“entwickeln.

Auch Northvolt-Chef Peter Carlsson macht den Deutschen durchaus noch Hoffnung. „Wir arbeiten weiter am Standort Heide“, sagt er neben Habeck. Es gehe vor allem um langfristi­ge Energiesic­herheit aus Windstrom

zu wettbewerb­sfähigen Preisen. „Das ist auch der Grund, warum wir Schleswig-Holstein ausgesucht haben.“Da es aber um eine massive Investitio­n gehe, schaue man sich die „Finanzieru­ngsbestand­teile“an. Es geht also nicht nur, aber auch um das Geld, mit dem die USA oder Deutschlan­d und Europa das Projekt fördern würden. „Wir sind eine europäisch­e Firma, wir wollen ein europäisch­er Champion werden“, betont Carlsson. Wegen des US-Subvention­sprogramms IRA sei aber eine „neue Dynamik“in die Pläne gekommen.

Erst Anfang 2022 war eine kleine Sensation bekannt geworden: Northvolt kündigte an, in einer der struktursc­hwächsten Regionen Deutschlan­ds die neue Batterieze­llenfabrik mit 3000 Arbeitsplä­tzen zu bauen. Auch für Habeck, der in Schleswig-Holstein Vize-Ministerpr­äsident gewesen ist, war das ein großer Erfolg.

Doch dann brach der Ukraine-Krieg aus, die Energiepre­ise in

Deutschlan­d sprangen in die Höhe. Zudem kündigte die US-Regierung ihren IRA an. Der schreibt vor, dass staatliche Subvention­en nur erhält, wer die Produkte und Vorprodukt­e in den USA herstellt. Seitdem war unklar, ob und wann die Fabrik in Heide noch gebaut wird – oder sich Northvolt eher auf die USA konzentrie­rt.

Habeck kämpft jedoch weiter. Erreicht hat die Bundesregi­erung bisher, dass Leasingfah­rzeuge mit Elektromot­oren, die für den US-Markt besonders wichtig sind, oder Teile dafür auch aus Europa kommen dürfen, wenn sie von den USA gefördert werden wollen. Denkbar ist, dass Northvolt erst in den USA und später auch in Schleswig-Holstein investiert. Staatliche Unterstütz­ung spielt eine enorme Rolle bei der Frage, wo Unternehme­n wie Northvolt investiere­n. Habeck hatte am Vortag auch die Möglichkei­t von Steuerverg­ünstigunge­n oder Superabsch­reibungen für Investitio­nen in der EU hervorgeho­ben.

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FOTO: DPA Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne, r.) spricht mit Northvolt-Chef Peter Carlsson bei seinem Firmenbesu­ch in Schweden.

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