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Die Geschichte hinter Omlins Wechsel
Borussias Entscheidung für den neuen Keeper war keine Ad-hoc-Aktion des Vereins, sondern ist ein Beispiel für nachhaltiges Gladbacher Scouting. Torwarttrainer Fabian Otte hat den Schweizer schon im Sommer genau begutachtet.
Jonas Omlin hat schon viel erlebt im neuen Job. Erst die 2:3-Heimniederlage gegen Bayer Leverkusen, dann das 0:1 beim FC Augsburg und schließlich das 4:1 bei der TSG Hoffenheim, seinen ersten Sieg als Torhüter von Borussia Mönchengladbach. Was ihm noch fehlt: Ein Heimsieg und ein zu Null. Bestenfalls gibt es beides am Samstag gegen den FC Schalke 04.
Bis dahin erlebt der Schweizer noch ein Novum: „In der ersten Woche haben wir viel mit Video-Analyse gearbeitet, jetzt haben wir zum ersten Mal Zeit, richtig im Training zu arbeiten“, sagt Fabian Otte, Borussias Towarttrainer.
Der Torwart-Job in Gladbach ist speziell, es geht nicht nur um das Kerngeschäft, Tore zu verhindern, sondern auch darum, aktiv am Spielaufbau teilzunehmen. Wie gegen Hoffenheim. Omlin leitete den Angriff vor dem 1:0 mit seinem Pass ein, zwölf Sekunden später lag der Ball im TSG-Tor.
Sein Vorgänger Yann Sommer, der nun für den FC Bayern München spielt, gehört, das ist die allgemeine Expertise in der Szene, zu den Besten am Ball in der TorwartGilde. Omlin kann, soll und will jedoch kein neuer Sommer sein, sondern Jonas Omlin. Als solcher ist er, was Borussia haben will.
„Er passt ins Profil und zur Borussia-DNA. Trotzdem hat Jonas natürlich einen eigenen Stil. Das war ja 2014 ebenfalls so, Yann ist ja auch ein anderer Typ als Marc-André ter Stegen“, sagt Otte. Omlin bringt im Vergleich allein physisch eine Veränderung im Strafraum ein mit seinen 190 Zentimetern. „Jonas ist technisch gut, hat durch seine Größe Höhenvorteile, er ist sehr explosiv, sprungkräftig und beweglich, hat die Fähigkeit zu big Saves und hat trotz seiner 29 Jahre noch Entwicklungspotenzial“, sagt Otte. So war es auch bei Yann Sommer, der in den vergangenen zwei, drei Jahren nochmal extrem nachgereift ist.
Dass Omlin bei Borussia gelandet ist, ist keine Ad-hoc-Aktion, sondern nachhaltiges Scouting. „Wir haben Jonas seit vier bis fünf Jahren auf dem Schirm, er war immer einer der Namen, die ein Thema waren für den Fall, dass Yann mal geht“, sagt Uwe Kamps, „Head of Goalkeeping“bei Borussia. Als es jetzt bei Sommer
konkret wurde mit den Bayern, „stand Jonas auf der Shortlist ganz oben“, sagt Otte, der eine entsprechende Empfehlung aussprach, als nun ein neuer Torwart gebraucht wurde.
Wie Sommer stammt Omlin aus der Schule des Schweizer TorwartMachers Patrick „Fox“Foletti, die neben Sommer frühere BundesligaTorhüter wie Roman Bürki und den aktuellen BVB-Keeper Gregor Kobel hervorgebracht hat. Mit Foletti stehen Gladbachs Torwart-Trainer seit die Sommer-Zeit begann regelmäßig im Austausch. „Fabi hat einen engen Draht, er hat Yann auch mal zur Nationalmannschaft begleitet“, sagt Manager Roland Virkus.
Ottes Reise zur „Nati“war im Juni 2022. Omlin war als Nummer drei der Schweiz hinter Sommer und
Gregor Kobel dabei in der eidgenössischen Torwartgruppe. Otte konnte somit über das ohnehin vorhandene Videomaterial von den OmlinSpielen
hinaus reichlich direkte Trainingseindrücke von ihm einsammeln.
„Seitdem ist er in unserem Fokus. Mir ist, mal abgesehen von seinen Torwart-Qualitäten, vor allem aufgefallen, dass Jonas ein extrem positiver Typ ist, der das auch in die Gruppe reinträgt. Er passt menschlich super zu Borussia“, berichtet er. „Wir sind seitdem lose im Kontakt, haben uns immer wieder über das Torwartspiel ausgetauscht“, sagt Otte. Omlin ist daher länger im Thema, was Borussias Torwartspiel angeht. Und Otte weiß genau, was Gladbach bekommt.
Omlin ist 29 Jahre alt und hat einen Vertrag bis 2027, theoretisch müssen die Nachwuchskräfte im Tor so lange geduldig sein. Die Personalie wischt aber nicht die Idee von der nächsten selbst entwickelten Nummer eins nach ter Stegen weg. „Vom Alter her passt es“, findet Kamps.
Es gilt indes, Jan Olschowsky einen Weg aufzuzeigen, sein Vertrag läuft nach der Saison aus. „Wir sind zweigleisig gefahren, hatten auch eine interne Lösung im Kopf, weil wir sehr gute junge Torhüter haben in Jan Olschowsky und den ausgeliehenen Moritz Nicolas und Jonas Kersken. Wir sind auf allen Ebenen gut aufgestellt und haben ein Torhüter-Team mit verschiedenen Charakteren. Ich finde es sehr wichtig, eine heterogene Torwartgruppe zu haben“, sagt Otte.
Durch Omlin kommt neuer Torwart-Input hinzu nach achteinhalb Jahren Sommer. Und eine Mischung, die stimmt. „Jonas ist die 1a-Lösung“, sagt Otte.